Entscheidungsstichwort (Thema)
Einreihung von Terrassendielen in den Zolltarif
Leitsatz (redaktionell)
Terrassendielen, die aus ca. 60 – 65 % Holzfasern (Hartholz) und aus ca. 35 – 40 % Polypropylen bestehen, UV-stabilisierende Farbstoffe und andere Zuschlagstoffe enthalten und zu deren Herstellung die Bestandteile zusammen erhitzt, in eine bestimmte Form gegossen und durch Abkühlung ausgehärtet werden (sog. Wood Plastic Composites, WPC's), sind nicht in die Codenummer 3918 9000 90 0 KN „Bodenbeläge aus Kunststoffen, in Form von Fliesen oder Platten, aus Polymeren des Propylens, andere”, sondern in die Codenummer 4409 1018 00 0 KN als „Holz und Holzwaren” (zollfrei) zu tarifieren, da der Holzanteil den PWC's ihren wesentlichen Charakter verleiht.
Normenkette
KN Pos. 4409 UPos. 1018; KN Pos. 3918 UPos. 9000
Nachgehend
Tenor
1. Der Einfuhrabgabenbescheid vom 4. März 2009 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 18. Mai 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2009 wird in Höhe von … EUR aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt das Hauptzollamt.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin Schuldnerin von Zoll geworden ist.
Die Klägerin führte am 5. Mai 2006 aus den USA über das Hauptzollamt A – Zollamt B Terrassendielen „X” nach Deutschland ein und beantragte die Abfertigung zum zollrechtlich freien Verkehr unter der Codenummer 4409 1018 00 0 als „Holz und Holzwaren” (Zollsatz frei) der Kombinierten Nomenklatur (KN). Das Zollamt B nahm die Abfertigung antragsgemäß vor und setzte mit Einfuhrabgabenbescheid vom selben Tag Einfuhrumsatzsteuer i. H. v. … EUR fest. Gleichermaßen wurde mit zwei weiteren Einfuhren am 17. August und am 11. September 2007 verfahren und jeweils mit Einfuhrabgabenbescheid vom selben Tag Einfuhrumsatzsteuer i. H. v. … EUR bzw. … EUR festgesetzt.
Die von der Klägerin eingeführten Terrassendielen bestehen aus ca. 60 – 65 % Holzfasern (Hartholz) und aus ca. 35 – 40 % Polypropylen. Außerdem sind UV-stabilisierende Farbstoffe und andere Zuschlagstoffe enthalten. Zur Herstellung werden die Bestandteile zusammen erhitzt, in eine Form gegossen und durch Abkühlung ausgehärtet.
Nach einer Beschreibung des Herstellers hält das Material Schrammen und Beschädigungen stand, die bei gewöhnlichen Verbundbelägen häufig seien, und splittere nicht so wie Holz. Es müsse nie abgeschliffen, gebeizt oder gestrichen werden, bleibe unter den Füßen kühler, sei rutschfester als Holz und darüber hinaus wasser- und feuchtigkeitsbeständig. Die Terrassendielen würden weiterhin an beiden Seiten über Rillen verfügen, in denen das Befestigungssystem versteckt werden könne.
Das Hauptzollamt C (HZA) kam im Rahmen einer Zollprüfung (Prüfungszeitraum … bis …) zu dem Ergebnis, dass die Terrassendielen in die Codenummer 3918 9000 90 0 KN „Bodenbeläge aus Kunststoffen, in Form von Fliesen oder Platten, aus Polymeren des Propylens, andere” (Zollsatz 6,5 %) einzureihen sind (vgl. Prüfungsbericht vom …, Tz. 26.3.3; Einreihungsgutachten der Bundesfinanzdirektion D – Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt E vom …).
Aufgrund dessen setzte das HZA mit Einfuhrabgabenbescheid vom 4. März 2009 (14 Positionen) nachträglich Zoll i. H. v. insgesamt … EUR fest. Davon entfielen auf die geänderte Einreihung der Terrassendielen … EUR.
Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 25. März 2009 Einspruch ein.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens änderte das HZA den Einfuhrabgabenbescheid vom 4. März 2009 betreffend andere, in den Positionen 2 – 9, 11 und 13 genannte Waren dahingehend, dass der dafür festgesetzte Zoll mit Einfuhrabgabenbescheid vom 18. Mai 2009 i. H. v. … EUR erstattet wurde. Die Positionen 1, 10 und 12 des Einfuhrabgabenbescheids vom 4. März 2009 betreffend die hier zu beurteilenden Terrassendielen (und die unstreitige Position 14) blieben unverändert.
Hinsichtlich der von der Klägerin eingeführten Terrassendielen bestätigte das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung, Dienstsitz E, (BWZ) die Einreihung in die Codenummer 3918 9000 90 0 KN. Dabei stellte das BWZ maßgeblich darauf ab, dass die Terrassendielen ihre endgültige Form durch einen für die Holzverarbeitung nicht üblichen Gussvorgang erhalten würden. Durch den Kunststoffanteil erhalte das Material nicht nur die für diesen Prozess notwendige thermoplastische Verformbarkeit, sondern nach der Aushärtung überwiegend Festigkeit und Stabilität. Die Holzfasern würden lediglich als Füllstoff verwendet, weshalb sich die Waren deutlich von vergleichbaren Waren aus Holz oder anderen Holzwerkstoffen ...