Entscheidungsstichwort (Thema)
Verspätungszuschlag. Ermessensausübung. repressiver und präventiver Charakter des Verspätungszuschlags. Nichteinhaltung der gesetzlichen bzw. behördlichen Frist zur Einreichung der Einkommensteuererklärung. zur Bindung des Finanzamts an eine Ermessensrichtlinie. Verspätungszuschlag zur Einkommenssteuer 1997
Leitsatz (redaktionell)
Die Festsetzung eines relativ hohen (1.000 DM) Verspätungszuschlags ist dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn das Finanzamt alle Ermessenskriterien des § 152 Abs. 2 AO (hier insbes.: die Dauer der Fristüberschreitung und die häufig verspätete Abgabe der Einkommensteuererklärungen in den Vorjahren in seine Entscheidung mit einbezogen hat.
Normenkette
AO § 152; FGO § 102; AO § 149 Abs. 2, § 109
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Kläger wurden für das Streitjahr 1997 zur Einkommenssteuer (ESt) zusammen veranlagt.
Die Kläger gaben ihre Steuererklärung für 1997 trotz Ablehnung einer begehrten weiteren Fristverlängerung nicht innerhalb der bis zum 23.11.1998 verlängerten Frist ab. Der Beklagte (das Finanzamt Starnberg) setzte daraufhin mit Bescheid vom 09.08.1999 aufgrund einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen die Einkommensteuer 1997 auf DM 38.572,–, Zinsen zur Einkommensteuer i.H.v. DM 324,–, den Solidaritätszuschlag i.H.v. DM 2.694,90 und einen Verspätungszuschlag i. H. v. DM 1.000,– fest. Die Kläger mussten danach DM 16.202,– Einkommensteuer nachzahlen.
Aufgrund der erst im Rechtsbehelfsverfahren am 04.11.1999 abgegebenen Steuererklärung setzte das Finanzamt die ESt für 1997 auf DM 22.126,– fest, wobei sich durch Verrechnung mit bereits gezahlten Beträgen ein Erstattungsbetrag von DM 120,75 ergab. Den bisher festgesetzten Verspätungszuschlag iHv DM 1.000,– ließ der Beklagte nach Überprüfung unverändert bestehen.
Mit ihrem Einspruch vom 13.09.1999 wenden sich die Kläger unter anderem auch gegen den Verspätungszuschlag.
Der Beklagte führte in der Einspruchsentscheidung vom 30.03.2001 eingehend aus, dass der Verspätungszuschlag nach § 152 AO dem Grunde und der Höhe nach zu Recht festgesetzt worden sei.
Mit ihrer Klage gehen die Kläger gegen die Höhe des festgesetzten Verspätungszuschlags vor. Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30.03.2001 den mit Bescheid vom 09.08.1999 festgesetzten und mit Bescheid vom 28.03.2000 aufrechterhaltenen Verspätungszuschlag i.H.v. DM 1.000,– auf DM 300,– herabzusetzen. Die Kläger sind der Auffassung, dass nach Vorgabe der OFD bei einer Steuererstattung ein Verspätungszuschlag maximal DM 300,– betragen dürfe.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es tritt in dem Schriftsatz mit Eingang beim Finanzgericht am 11.07.2001 und in dem Schriftsatz vom 09.08.2001 der Argumentation der Klägerin entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Der Verwaltungsakt über die Festsetzung des Verspätungszuschlags in der Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags (§ 152 Abs. 1 AO) liegen vor.
Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags gegen die Kläger in Höhe von DM 1.000,– ist weder unzulässig, noch ist sie ermessensfehlerhaft, § 102 FGO. Etwaige anfängliche Formmängel sind geheilt worden.
Nach § 152 Abs. 1 AO kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden, es sei denn, die Versäumnis erscheint entschuldbar.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nach den tatsächlichen Feststellungen gegeben, insbesondere wurde die den Klägern bis zum 23.11.1998 eingeräumte Frist zur Abgabe der Steuererklärung 1997 nicht eingehalten. Eine erneute Fristverlängerung auf den Antrag der Kläger vom 20.10.1998 wurde mitschreiben vom 21.10.1998 abgelehnt, da zu diesem Zeitpunkt auch noch die Steuererklärungen 1994–1996 ausstanden. Eine unverschuldete Versäumnis wurde nicht geltend gemacht, Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich.
Durch die Verwendung des Wortes „kann” in § 152 Abs. 1 AO kommt zum Ausdruck, dass es im Ermessen des FA steht, ob (Entschließungsermessen) und in welcher Höhe (Auswahlermessen) ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden soll (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH– vom 18. November 1986 VIII R 183/84, BFH/NV 1987, 416). Dabei sind die in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO genannten Kriterien sowie die absoluten Obergrenzen des § 152 Abs. 2 Satz 1 AO zu berücksichtigen. Die gerichtliche Überprüfung dieser Ermessensentscheidungen beschränkt sich nach § 102 FGO darauf, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
Der gesetzliche Zweck des eingeräumten Ermessens zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen besteht darin, den rechtzeitigen Eingang der Steuererklärungen und damit auch die rechtzeitige Festsetzung...