Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerklasse bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft
Leitsatz (redaktionell)
Nichteheliche Lebenspartner sind hinsichtlich der Steuerklasse im ErbStG nicht Eheleuten gleichgestellt. Auch ein Billigkeitserlass ist insoweit ausgeschlossen.
Normenkette
ErbStG § 15; GG Art. 3; AO § 163
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Steuerklasse I nach § 15 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) anfällt.
I.
Laut Testament wurde der am 24. März 2001 in München verstorbene Erblasser … von der Klägerin allein beerbt.
Die Besteuerungsgrundlagen wurden entsprechend den Angaben in der eingereichten Erbschaftsteuererklärung angesetzt. Mit Erbschaftsteuerbescheid vom 24. Juni 2002 wurde die Erbschaftsteuer mit 110.494,27 EUR (216.108 DM) festgesetzt, wobei die Steuerklasse III angesetzt wurde.
Im Einspruchsverfahren brachte die Klägerin vor, dass der Erblasser mit ihr verlobt gewesen und deshalb die Erbschaftsteuer nach der Steuerklasse I zu berechnen sei bzw. entsprechend der Rechtsprechung des Finanzgerichts Baden-Württemberg (EFG 1985, 249) aus sachlichen Billigkeitsgründen nach der Steuerklasse II. Auf Anfrage des Beklagten, dem Finanzamt, teilte die Klägerin mit, dass ihr Vorbringen keinen Antrag auf abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 Abgabenordnung (AO) darstelle (Bl. 45 FA-Akte).
Wegen eines Pflichtteilsanspruchs in Höhe von 783.611 DM setzte das Finanzamt mit Änderungsbescheid vom 20. Februar 2003 die Erbschaftsteuer auf 216.108 DM fest (110.331,16 EUR). Der Bescheid wurde nach § 365 Abs. 3 AO zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens.
Mit Schreiben vom 11. März 2003 beantragte die Klägerin nunmehr, aus sachlichen Billigkeitsgründen die Steuer unter Anwendung der Steuerklasse II festzusetzen, da die beiden Beteiligten jahrelang in einer gemeinsamen Wohnung gewohnt und die Aufwendungen für den Lebensunterhalt gemeinsam getragen hätten. Nur wegen des Verlusts einer Rente im Fall einer Verheiratung hätten der Erblasser und die Klägerin nicht geheiratet. Diesen Antrag auf abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO lehnte das Finanzamt mit Schreiben vom 26. März 2003 ab, wogegen die Klägerin ebenfalls Einspruch einlegte. Mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2003 wurden die Einsprüche unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 23. März 1998 II R 41/96, BStBl II 1998, 396 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Klage trägt die Klägerin vor, dass sie mit dem Erblasser wie ein Ehepaar mehr als 20 Jahre zusammengelebt habe, zumal durch ihre Verlobung sie sich ein Heiratsversprechen gegeben hätten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Änderung des Erbschaftsteuer-Änderungsbescheids vom 20. Februar 2003 die Erbschaftsteuer auf 57.067,84 EUR herabzusetzen, hilfsweise im Billigkeitsweg die Steuerklasse II anzusetzen.
Das Finanzamt beantragt
Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung richtet.
Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist insoweit auf § 105 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung (FGO) und auf die Begründung der Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2003, die keinen Rechtsfehler erkennen lässt und der er sich anschließt. Ergänzend führt der Senat aus:
Ergänzend führt der Senat aus:
1. Entgegen der Auffassung der Beteiligten liegt hier kein Verlöbnis vor, weil ein solches ein ernsthaftes Eheversprechen voraussetzt. Ein eheähnliches Verhältnis ohne ein solches Versprechen ist kein Verlöbnis (s. BayObLG MDR 84, 145). Die Klägerin und der Erblasser wollten jedoch nicht heiraten, weil ansonsten die Klägerin ihren Anspruch auf eine Betriebsrente verloren hätte.
2. Auch die lange nichteheliche Lebensgemeinschaft rechtfertigt keine Einstufung in die Steuerklasse I oder II (s. BFH-Beschluss vom 27. Oktober 1982 II B 77/81, BStBl II 1983, 114; BVerfG-Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. November 1989 – 1 BvR 171/89, BStBl II 1990, 103, Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24. August 2005 3 K 55/04, EFG 2005, 1949). Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz gebietet dies nicht. Es liegt innerhalb der Grenzen der dem Gesetzgeber obliegenden Gestaltungsbefugnis, wenn er an die eigenverantwortliche Entscheidung der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, keine Ehe miteinander eingehen zu wollen, andere Folgerungen knüpft als an eine formwirksam geschlossene Ehe mit ihren vielfältigen – bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft fehlenden – Rechten und Pflichten der Ehepartner.
3. Eine Herabsetzung der Steuer im Billigkeitsweg gemäß § 163 AO kommt auch nicht in Betracht. Ein Ermessensfehlgebrauch des Finanzamts ist nicht ersichtlich. Ein Billigkeitserlass wegen sachlicher Härte kommt aus o.g. Gründen nicht in Betracht (s. BFH-Urteil vom 23. März 1998 II R 41/96, a.a.O., S. 398 r. Spalte).
Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 135 Abs. 1 FGO.
Das Gericht entscheidet mit Ein...