Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausweis von Umsatzsteuer in Rechnungen über nicht ausgeführte Leistungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Werden als Rechnungen bezeichnete Formulare unter offenem Ausweis von Umsatzsteuer an diverse Firmen und Unternehmen versandt, die für einen Eintrag in ein noch zu erstellendes Telefaxverzeichnis gelten sollen, obwohl dessen Erstellung nie beabsichtigt gewesen ist und bei den jeweiligen Empfängern lediglich der Eindruck einer bereits erfolgen Auftragserteilung erweckt werden soll, schuldet die Rechnungs-Versenderin die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG 1993.
2. Die Rechnungsversenderin kann sich nicht damit entlasten, dass sie nur als Strohmann für ihren Sohn gehandelt habe. Tritt sie nach außen als leistender Unternehmer auf schuldet sie die Umsatzsteuer. Eine im Geschäftsverkehr auftretende Unternehmerin hat sich um die Belange ihrer Firma zu kümmern und ist verpflichtet, die Verwendung von Briefpapier ihres Unternehmens zu überwachen.
Normenkette
UStG 1993 § 14 Abs. 3 S. 2
Nachgehend
Tenor
1 Die Klage wird abgewiesen.
2 Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Festsetzung der Umsatzsteuer 1994.
Die am 21. Juni 1918 geborene Klägerin meldete zum 1. Januar 1994 bei der Stadt D eine gewerbliche Tätigkeit (X-Verlag) an.
Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, dass der X-Verlag ab Mai 1994 an diverse Firmen bzw. Unternehmen im gesamten Bundesgebiet unaufgefordert circa
464.000 als Rechnungen bezeichnete Formulare verschickt hatte, die für einen Eintrag in ein noch zu erstellendes Telefaxverzeichnis gelten sollten. Der Gesamtbetrag der „Rechnung” lautete auf 998 DM, die darin enthaltene Umsatzsteuer von 130,17 DM war offen ausgewiesen. Aus der Rechnung war ersichtlich, dass es sich bei dem Inhaber des X-Verlags um die Klägerin handelte. Nach Ansicht der Steuerfahndung sei durch die Übersendung der Rechnungen bei den jeweiligen Empfängern der Eindruck erweckt worden, bereits einen Auftrag für ein entsprechendes Inserat oder eine Veröffentlichung in dem Telefaxverzeichnis erteilt zu haben. Tatsächlich sei die Erstellung eines Telefaxverzeichnisses nie beabsichtigt gewesen. Überwiegend seien die Rechnungen nicht bezahlt worden.
Nachforschungen beim Postamt D hätten ergeben, dass vom X-Verlag im Zeitraum 3. Mai 1994 bis 13. Juni 1994 so genannte Wertvorgaben für Freistempel im Wert von 190.500 DM gekauft worden seien. Die ausgehenden kuvertierten Rechnungen seien jeweils mit einem Freistempel im Wert von 0,41 DM versandt worden.
Die Steuerfahndung und ihr folgend das Finanzamt (FA) kamen zu dem Ergebnis, dass die Umsatzsteuer in den Rechnungen zu Unrecht ausgewiesen worden seien. Mit Bescheid vom 21. September 1998 setzte das FA auf Grundlage der gekauften Freistempel die Umsatzsteuer 1994 vorläufig auf 32.610.728 DM (Bl. 99 ff Umsatzsteuerakte) und mit Bescheid vom 25. November 2005 endgültig auf 2.356.374,53 EUR (4.608.668 DM) fest (Bl. 205 ff Umsatzsteuerakten). Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 24.Oktober 2006).
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass sie weder Aufgaben der Geschäftsführung noch sonst in irgendeiner Form Tätigkeiten für den X-Verlag übernommen habe, sondern sich lediglich auf Drängen ihres Sohnes bereit erklärt hatte, das Gewerbe auf ihren Namen anzumelden. Sie habe die Rechnungen nicht gekannt und an deren Herstellung nicht mitgewirkt. Weder zu deren Erstellung noch zur Versendung habe sie ihr Einverständnis erteilt.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Bescheids vom 25. November 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2006 die Umsatzsteuer 1994 auf 226.619,13 EUR festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verweist im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung. Insbesondere habe die Antragstellerin am 8. Juli 1994 gegenüber dem FA und der Steuerfahndung ausgesagt, dass nur sie Inhaberin und Leiterin des Verlags sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage hat keinen Erfolg. Das FA hat die Umsatzsteuer 1994 zutreffend festgesetzt, da die Klägerin die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG) schuldet.
Wenn jemand in einer Rechnung oder anderen Urkunde, mit der er wie ein leistender Unternehmer abrechnet, einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt, schuldet er nach der vorbezeichneten Vorschrift den ausgewiesenen Betrag (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 5. Februar 1998 V R 65/97, BStBl II 1998, 415). Diese Regelung enthält einen Gefährdungstatbestand besonderer Art und soll die unberec...