Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuerliche Anzeigepflicht inländischer Kreditinstitute für ihre unselbstständigen ausländischen Zweigstellen. Maßgeblichkeit deutschen Strafrechts für die Nichtigkeit nach § 125 Abs. 2 Nr. 3 AO. Aufforderung zur Erfüllung der Anzeigepflicht nach § 33 ErbStG durch Steuerfahndung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die gegenüber einem inländischen Kreditinstitut ergangene Aufforderung, für ihre unselbstständige Geschäftsstelle in der Republik Österreich die Anzeigepflicht gem. § 33 Abs. 1 S. 1 ErbStG hinsichtlich der inländischen Kunden zu erfüllen, ist trotz der durch die Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses sowie der Beachtung der Strafdrohung nach österreichischem Recht eintretenden Interessenkollision rechtmäßig und verletzt weder das völkerrechtliche Territorialprinzip, das Verfassungsrecht, die EMRK noch die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit (vgl. BMF v. 13.6.2000, IV C 7 – S 3844 – 7/00, DB 2000, 2350 und v. 21.3.2001, IV C 7 – S 3844 – 6/01, DB 2001, 1282).
2. Die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts wegen des Verlangens einer rechtswidrigen Tat gem. § 125 Abs. 2 Nr. 3 AO liegt nur bei einem Verstoß gegen deutsches – nicht ausländisches – Strafrecht vor. Eine entsprechende Anwendung der Norm auf Strafvorschriften anderer Mitgliedstaaten der EU scheidet aus.
3. Auch wenn für den Empfang der die Erbschaftsteuer betreffenden Anzeigen die für die Verwaltung der Erbschaftsteuer sachlich und örtlich zuständigen FA zuständig sind, kann die Steuerfahndungsstelle des FA zur Abgabe einer Anzeige nach § 33 ErbStG auffordern.
Normenkette
ErbStG 1997 § 33 Abs. 1, § 35; AO § 125 Abs. 2 Nrn. 3-4, §§ 16, 208 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3; BGB § 138; EG Art. 49; EMRK Art. 6; Richtlinie 2006/48/EG; KWG § 53 Abs. 1, § 53b Abs. 1 S. 1; Bundesgesetzes über das Bankwesen der Republik Österreich §§ 9, 38
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin auch in Bezug auf ihre unselbständige Zweigniederlassung in Österreich der für geschäftsmäßige Vermögensverwahrer und Vermögensverwalter bestehenden erbschaftsteuerrechtlichen Anzeigepflicht unterliegt und vom Beklagten zu Recht aufgefordert worden ist, diese Pflicht gegenüber den für die Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzämtern zu erfüllen.
Die Klägerin … betreibt ein Kreditinstitut mit einer Vielzahl von Geschäftsstellen (…). Eine dieser Geschäftsstellen befindet sich … auf dem Hoheitsgebiet der Republik Österreich. Die unter dem Namen … auftretende Geschäftsstelle besteht als rechtlich unselbständige Zweigniederlassung der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerinnen bereits seit dem Jahre 1938, erhielt ihre Konzession als in der Republik Österreich zugelassenes Kreditinstitut bestätigt durch Bescheid des Bundesministeriums der Finanzen der Republik Österreich vom 15. Oktober 1981 und fällt heute als zugelassene Zweigniederlassung eines in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union (EU) ansässigen Kreditinstitutes unter den Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bankwesen der Republik Österreich – BWG-Österreich – (vgl. Kreditinstitutsverzeichnis der Österreichischen Nationalbank, www.oenb.at/idakilz/kiverzeichnis). … Die Klägerin ging seit Jahren davon aus, die für geschäftsmäßige Vermögensverwahrer und Vermögensverwalter bestehende Anzeigepflicht gemäß § 33 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in Bezug auf ihre von der Geschäftsstelle … betreuten Geschäftskunden nicht erfüllen zu müssen und unterließ bislang dementsprechende Anzeigen gegenüber den für die Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzämtern.
Die Steuerfahndungsstelle des Beklagten erfuhr von diesem Sachverhalt durch eine Mitteilung der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts X. Nach Durchführung weiterer Ermittlungen und nach Anhörung der Klägerin erließ der Beklagte unter dem Datum des 25. September 2008 gegen die Klägerin einen mit einer Begründung sowie einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid mit auszugsweise folgendem Regelungsgehalt:
„Ich fordere Sie … auf:
1.) ab dem 1.01.2001 alle von der Zweigstelle in … verwalteten Vermögensgegenstände und Forderungen, die bei dem Tod eines inländischen Erblassers zu dessen Vermögen gehörten oder über die dem Erblasser zur Zeit seines Todes die Verfügungsmacht zustand, in der nach § 1 der Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung (ErbStDV) vorgesehenen Form bis zum 30.01.2009 dem jeweils für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt (§ 33 Abs. 1 Satz 1, § 35 Abs. 1 ErbStG) anzuzeigen.
2.) Der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt … (Beklagter) ist jeweils eine Mehrausfertigung dieser Anzeige zu übersenden.
…”
Der von der Klägerin beim Beklagten mit Schreiben vom 2. Oktober 2008 in der Sache eingelegte Einspruch blieb erfo...