Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall der Verlustvorträge im Sinne von § 8c KStG bei Anteilsübertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge
Leitsatz (redaktionell)
1) Unter § 8c KStG fallen alle rechtsgeschäftlichen entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragungen, damit auch Anteilsübergänge im Wege der vorweggenommenen Erbfolge.
2) Tz. 4 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008 (BStBl. I 2008, 736) ist keine Grundlage für einen Anspruch auf Billigkeitserlass nach § 163 AO bei Übertragungen im Wege vorweggenommener Erbfolge, die nicht zu einer vom Zuwendenden angeordneten bzw. gesetzlich festgelegten Anrechnungspflicht auf die spätere Erbschaft (§ 2050 BGB) führen.
Normenkette
GewStG § 10a S. 10; AO § 163; BGB § 2050; KStG § 8c
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Verlustvorträge gemäß § 8c des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), § 10a Satz 10 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), jeweils in der im Streitjahr 2008 geltenden Fassung, nach Maßgabe der einfachgesetzlichen Regelung entfallen sind und – falls dies zu bejahen sein sollte – ob deshalb Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 der Abgabenordnung (AO) geboten sind.
Die Klägerin, eine im Jahr 1972 gegründete GmbH, betreibt einen Großhandel mit …. Das Stammkapital hielten seit dem Jahr 1996 B C (V) zu rd. 66,67 % (34.000 DM) und dessen Sohn D C (S1) zu rd. 33,33 % (17.000 DM). Ein weiterer Sohn (S2) des V war an der Klägerin nicht beteiligt.
Mit notarieller Urkunde vom 17.12.2008 beschlossen bzw. vereinbarten V und S1 eine Kapitalerhöhung sowie die Teilung und Abtretung eines Geschäftsanteils. Das Stammkapital wurde auf € umgestellt und auf 27.000 € erhöht. Beteiligt daran waren V mit 18.000 € und S1 mit 9.000 €. Nachfolgend wurde der Geschäftsanteil des V in zwei Geschäftsanteile zu 14.895 € und zu 3.105 € aufgeteilt und der Geschäftsanteil i.H.v. 14.895 € von V auf S1 übertragen. Dazu bestimmte § 3 auszugsweise Folgendes:
„§ 3 |
Übertragung eines Geschäftsanteils von 14.895,00 € |
1. Der Erschienene zu 1. verpflichtet sich, seinen Geschäftsanteil in Höhe von 14.895,00 € im Wege der vorweggenommenen Erbfolge mit Wirkung zum 31.12.2008 unentgeltlich zu übertragen. Der Erschienene zu 2. nimmt dieses Angebot an.
Diese Zuwendung ist im Rahmen einer Erbauseinandersetzung nicht gemäß §§ 2050, 2052 BGB zur Ausgleichung zu bringen.
Die Zuwendung hat sich der Empfänger zum heutigen Verkehrswert, ohne Berücksichtigung eines Geldwertverlustes, höchstens aber mit dem Wert des übertragenen Grundbesitzes im Zeitpunkt des Todes des Veräußerers auf seinen Pflichtteil am Nachlass des Zuwendenden anrechnen zu lassen.
2. Der Geschäftsanteil von 14.895,00 € wird hiermit mit Wirkung zum 31.12.2008 an den Erschienenen zu 2. abgetreten, der die Abtretung annimmt.
3. Der auf den Geschäftsanteil entfallende Gewinn aus dem laufenden Geschäftsjahr steht dem Erschienenen zu 1. zu.
4. Die Gesellschaft hat keinen Grundbesitz.”
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Urkunde vom 17.12.2008 Bezug genommen.
Die Klägerin reichte ihre Steuererklärungen für das Streitjahr 2008 im Juni 2009 ein. Der Beklagte setzte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zunächst erklärungsgemäß die Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag 2008 mit 0 € fest und stellte den verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2008 mit 54.831 € sowie den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.2008 mit 87.094 € fest.
Im Jahr 2012 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E bei der Klägerin eine Betriebsprüfung (Bp) für die Jahre 2008 bis 2010 durch. Ausweislich Tz. 2.3.1 und Tz. 2.3.3 und der Anlagen 4, 10 und 11 des Bp-Berichts vom 20.12.2012 wurden – teilweise auf Antrag der Klägerin – gewinnmindernde Teilwertabschreibungen auf Darlehen i.H.v. 477.470,56 € (2007) bzw. 266.767,84 € (2008) vorgenommen. Der Prüfer vertrat die Auffassung, die vortragsfähigen Verluste seien zum 31.12.2008 gemäß § 8c KStG untergegangen, weil mehr als 50 % der Anteile an der Klägerin von V auf S1 übertragen worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 20.12.2012 Bezug genommen.
Der Beklagte folgte der Auffassung des Prüfers. Mit geänderten Bescheiden vom 02.05.2013 und 14.05.2013 stellte er einen verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2007 i.H.v. 420.329 € und einen vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.2007 i.H.v. 381.763 € fest. Außerdem setzte er in dem geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 02.05.2013 die Körperschaftsteuer 2008 unter Berücksichtigung einer Summe der Einkünfte i.H.v. ./. 349.403 €, abziehbarer Zuwendungen i.H.v. 1.800 € und mit dem Hinweis „Nach § 8c KStG nicht zu berücksichtigender Verlust des laufenden Veranlagungszeitraums 351.203 €” ausgehend von einem zu versteuernden Einkommen von 0 € mit 0 € fest. Gestützt auf § 164 Abs. 2 AO erließ er außerdem am 02.05.2013 einen geänderten Bescheid über die gesonderte ...