Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszimmer: Großraumbüro als regelmäßige Arbeitsstätte
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem Großraumbüro handelt es sich nicht um die regelmäßige Arbeitsstätte des Steuerpflichtigen, wenn ihm das Großraumbüro nur bei seiner Tätigkeit für diesen Auftraggeber zur Verfügung steht, er aber auch an anderen Orten für andere Auftraggeber tätig wird.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5, 5 Sätze 1, 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen der Einkommensteuer (ESt)- Veranlagung 1996 u.a., ob die Aufwendungen eines beim Technischen Überwachungsverein (TÜV) angestellten amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten (Wk) abzugsfähig sind.
Der Kläger (Kl.) ist als amtlich anerkannter Sachverständiger für den Kraftfahrzeugverkehr beim TÜV angestellt und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Einkommensteuergesetz (EStG). Er besitzt in seinem Haus (Wohnfläche 120 m²) ein 12 m² großes Arbeitszimmer, in dem er die von ihm für den TÜV zu erledigenden Prüfungen, Kfz-Abnahmen, Gutachten etc. vor- und nachbereitet sowie die bei seinen Arbeiten gespeicherten Daten aus seinem tragbaren EDV-System an seinen Arbeitgeber übermittelt. Für die Datenfernübertragung verfügt der Kl. über einen auf Veranlassung seines Arbeitgebers hin installierten zusätzlichen häuslichen Telefonanschluß (Bescheinigung des TÜV vom 17.04.1996 -ESt- Akte 1995-). Die ihm von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Stempel, Prüfbögen, sonstigen Unterlagen sowie das tragbare EDV-System bewahrt der Kl. in seinem Arbeitszimmer auf. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheinigung der TÜV … GMBH vom 02.12.1998 (Blatt 10 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Im Rahmen der ESt-Veranlagung 1996 beantragte der Kl. einen begrenzten Wk-Abzug für das Arbeitszimmer in Höhe von 2.400 DM (Gesamtkosten nach Angaben des Kl.: 3.130,34 DM). Ferner begehrte er die pauschale Berücksichtigung von Wk in Höhe von monatlich 40 DM für die Anschaffung bzw. Reinigung seiner Berufsbekleidung; der Kl. erhält in dieser Höhe von seinem Arbeitgeber ein versteuertes sog. Kleidergeld.
Der Beklagte lehnte sowohl die Berücksichtigung der Arbeitszimmerkosten als auch der Aufwendungen für die Berufsbekleidung ab. Zur Begründung verwies der Bekl. darauf, daß der Kl. nicht nachgewiesen habe, daß die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten beruflichen Tätigkeit betrage oder ihm für diese Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, was nach der gesetzlichen Neuregelung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG Voraussetzung der begrenzten Abzugsfähigkeit dieser Kosten sei. Hinsichtlich der Kosten für die Berufsbekleidung komme ein pauschaler Abzug nicht in Betracht, vielmehr müsse der Kl. seinen Aufwand konkret nachweisen.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kl. sein Begehren weiterverfolgt. Er vertritt die Ansicht, daß ihm für seine berufliche Tätigkeit, die zum erheblichen Teil nicht in der TÜV-Niederlassung, sondern in Kfz-Werkstätten, Autohäusern etc. durchgeführt werde, neben seinem häuslichen Arbeitszimmer kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. An der TÜV-Station in … befinde sich für alle Prüfer gemeinsam lediglich ein Großraumbüro, das aber nicht über individuell zugeordnete bzw. mit den benötigten Arbeitsmitteln ausgestattete Arbeitsplätze verfüge. Dieses Großraumbüro könne er auch nur dann benutzen, wenn er gerade Arbeiten in der TÜV-Station zu erledigen habe. Der von ihm geltendgemachte Aufwand für seine Berufsbekleidung sei mit 480 DM jährlich nicht zu hoch angesetzt.
Der Kl. beantragt,
bei der ESt 1996 weitere Wk von 2.880 DM zu berücksichtigen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner bereits im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest, wonach es sich bei dem Großraumbüro an der TÜV-Station in … um einen anderen Arbeitsplatz i.S.v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG handele, der die steuerliche Berücksichtigung der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer des Kl. ausschließe. Die Aufwendungen für die Anschaffung und Reinigung der Berufsbekleidung müßten vom Kl. konkret nachgewiesen werden.
Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 29.04.1999 (Blatt 21 der Gerichtsakte) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Bekl. hat die vom Kl. geltendgemachten Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer und für die Reinigung und Ersatzbeschaffung der Arbeitskleidung zu Unrecht nicht als Wk anerkannt.
I. Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer
Gemäß §§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b, 9 Abs. 5 EStG sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Wk zu berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten beruflichen Tätigke...