Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel - Gestaltungsmißbrauch bei Übertragung des vierten Objekts an die Ehefrau kurze Zeit vor der Veräußerung
Leitsatz (redaktionell)
1) Die kurzfristig vor der Veräußerung erfolgte unentgeltliche Übertragung eines Grundstücks auf eine nahestehende Person (hier: Ehefrau) stellt jedenfalls dann einen Gestaltungsmißbrauch dar, wenn der Stpfl. Zuvor bereits 3 Objekte zeitnah veräußert hat und gleichzeitig mit der Übertragung Verhandlungen mit potentiellen Erwerbern sowie der Bank hinsichtlich der Vorfälligkeitsentschädigung geführt hat.
2) Stellt das FA aus Anlass der Auswertung eines Grundlagenbescheides, in dem gleichzeitig auf weitere materiell-rechtlich zu prüfende Gesichtspunkte hingewiesen worden ist, keine weiteren Überlegungen zu möglichen anderen Änderungsmöglichkeiten an (hier: § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO), so ist der allein wegen der Berücksichtigung des Grundlagenbescheides ergangene Änderungsbescheid für die Frage des nachträglichen Bekanntwerdens i.S. des § 173 Abs. 1 AO nicht maßgeblich.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Sätze 1, 1 Nr. 1, Abs. 2; AO §§ 42, 173 Abs. 1, 1 Sätze 1, 1 Nr. 1; EStG § 15 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger (Kl.) Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel erzielt hat.
Der Kl. war in den Streitjahren – und darüber hinaus noch bis zum 30.9.1997 – als Prokurist der im Baudienstleistungsbereich tätigen Fa. A. GmbH nichtselbständig tätig. Die Klägerin (Klin.) erzielte als Arbeiterin ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und erklärte ferner Verluste aus dem Handel mit Kosmetikartikeln.
Der Kl. erwarb am 14.5.1992 ein unbebautes Grundstück in H., H., für 53.000 DM. In den Jahren 1992 und 1993 ließ er Bauzeichnungen für die Errichtung eines Einfamilienhauses (EFH) erstellen. Am 28.3.1995 wurde den Kl. eine Baugenehmigung erteilt. Am 23.5.1995 veräußerte der Kl. das Grundstück für 60.000 DM.
Am 9.12.1992 gründete der Kl. gemeinsam mit C. K. – dem Geschäftsführer und Alleingesellschafter der A. -GmbH – und E. R. durch privatschriftlichen Vertrag eine GbR. Diese GbR erwarb am selben Tage ein weiteres unbebautes Grundstück in H., M., für 140.000 DM. Die Gelegenheit zum Erwerb dieses Grundstücks war von Herrn E. R. eingebracht worden. Die GbR errichtete auf diesem Grundstück in der Folgezeit auf Grund einer am 23.8.1993 erteilten Baugenehmigung (Bauantrag: 31.3.1993) mit Herstellungskosten von 820.550 DM ein Gebäude mit fünf etwa gleich großen Wohnungen (je ca. 95 m²). Dabei erbrachten die drei handwerklich sehr befähigten Gesellschafter der GbR in großem Umfang Eigenleistungen. Bereits am 16.8.1993 – noch vor Erteilung der Baugenehmigung – wurde ein Maklervertrag für die Vermittlung des Verkaufs der noch zu errichtenden Wohnungen abgeschlossen. Am 3.2.1994 erfolgte die Umwandlung in Eigentumswohnungen (ETW). Zwei der noch nicht fertiggestellten Wohnungen wurden am 20.4.1994 bzw. 18.5.1994 für 291.547 DM bzw. 297.462 DM an Dritte veräußert.
Am 15.12.1994 setzten sich die Gesellschafter der GbR im Wege der Realteilung in der Weise auseinander, dass jeder Gesellschafter eine Wohnung zugewiesen erhielt. Diese Wohnungen wurden im Jahr 1995 bezugsfertig. Die beiden anderen Gesellschafter vermieteten die ihnen jeweils zugewiesene Wohnung ab dem 1.7.1995 bzw. 1.3.1996. Auch der Kl. schloss über die ihm zugewiesene Wohneinheit (WE) 1 am 1.7.1995 mit einer Frau G. M. einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit. Die Mieterin zog allerdings unmittelbar nach ihrem Einzug wieder aus; Mietzahlungen leistete sie nicht. Der Kl. kündigte ihr am 4.10.1995 fristlos.
Am 8.3.1996 bat der für die Besteuerung der GbR zuständige Sachbearbeiter des Bekl. den Kl. um Angaben dazu, ob von der GbR oder von ihm selbst ein gewerblicher Grundstückshandel betrieben worden war.
Mit notariellem Vertrag vom 22.4.1996 übertrug der Kl. das Eigentum an der WE 1 unentgeltlich (gegen Übernahme der mit knapp 200.000 DM valutierenden Grundpfandrechte) auf die Klin. Diese veräußerte die Wohnung am 10.6.1996 für 270.000 DM an die Eheleute R., die den Kl. zuvor nicht bekannt gewesen waren. Die bereits im April 1996 auf Grund von Zeitungsinseraten begonnenen Verkaufsverhandlungen mit den Käufern waren allein vom Kl. geführt worden; auch bei der Wohnungsbesichtigung war nur der Kl. anwesend. Die Klin. trat gegenüber den Käufern erstmals beim Abschluss des notariellen Vertrags in Erscheinung. Der genaue Zeitpunkt der Aufgabe der Zeitungsinserate ist ungeklärt geblieben, weil die Kl. dazu trotz Aufforderung nichts vorgelegt haben. Bereits am 19.4.1996 hatte die … bank eG dem Kl. auf Grund dessen vorangegangener Anfrage ein Angebot hinsichtlich der vorzeitigen Ablösung der Grundpfandrechte für den Fall der Veräußerung des Grundstücks unterbreitet.
In ihren Einkommensteuer-(ESt-)erklärungen, die die Kl. von einem nicht genannten „Bekannten” haben erstellen lassen, gaben sie diese Sachverhalte nicht an. Die ursprünglichen ESt-Bescheide für die Streitjahre 1995 und 1996 e...