Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von negativen Kürzungsbeträgen bei der Tarifbegrenzung von gewerblichen Einkünften
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte im Sinne des § 32c Abs. 2 EStG 1995-1997 sind negative Kürzungsbeträge nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG 1995-1997 § 32c Abs. 2 S. 2 Nr. 1, Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte nach § 32 c Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ein negativer Kürzungsbetrag gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 Gewerbesteuergesetz (GewStG) zu berücksichtigen ist, mit der Folge, dass die gewerblichen Einkünfte, die der Tarifbegrenzung nach § 32 c EStG unterliegen, höher festzustellen sind.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin (Klin.) ist der Erwerb, die Verwaltung, die langfristige Vermietung und die Betreuung von Immobilien. Für die Streitjahre erließ der Beklagte (Bekl.) – jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung – Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, denen er die Feststellungserklärungen der Klin. zugrunde legte. Im Jahr 1999 führte das Finanzamt für Konzernbetriebsprüfung E eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 1995 bis 1997 durch. In dem Betriebsprüfungsbericht vom 16.06.2000 heißt es unter Tz. 19, die Klin. habe sich vorbehalten, evtl. im Rahmen eines Einspruchsverfahrens gegen die Gewerbesteuermessbescheide 1995 bis 1997 einen Antrag auf erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG zu stellen. Zudem habe die Klin. sich die Einlegung von Einsprüchen gegen die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1995 bis 1997 hinsichtlich der Höhe der begünstigten Einkünfte aus § 32 c EStG vorbehalten.
Der Bekl. folgte den Ergebnissen der Betriebsprüfung im wesentlichen. Er ließ entsprechende Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, Gewerbesteuermessbescheide und Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob der Bekl. jeweils auf.
Die Klin. legte gegen alle Bescheide Einspruch ein.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen die Gewerbesteuermessbescheide und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes beantragte die Klin., für die Streitjahre anstelle der pauschalen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG eine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG von ./. 8.898.670,– DM für 1995, von ./. 1.744.781,– DM für 1996 und von ./. 5.410.545,– DM für 1997 vorzunehmen. Der Bekl. gelangte zu dem Schluss, dass eine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG auch bei einem negativen Gewerbeertrag möglich sei, mit der Folge, dass der negative Gewerbeertrag sich vermindere. Er erließ entsprechende Änderungsbescheide. Bei der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags ergaben sich – gegenüber den nach der Betriebsprüfung ergangenen Bescheiden – keine Änderungen: Für 1995 und 1996 beruhte die Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags (wie bisher) auf dem Messbetrag nach dem Gewerbekapital (einheitlicher Gewerbesteuermessbetrag 1995: 1.288,– DM; 1996: 1.086,– DM); für 1997 blieb es bei einem einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag von 0,– DM. Allerdings verminderte sich der zum Ende des jeweiligen Jahres festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust erheblich: für 1995 von 10.714.236,– DM auf 1.807.243,– DM, für 1996 von 12.470.559,– DM auf 1.807.353,– DM und für 1997 von 17.892.646,– DM auf 1.807.443,– DM.
Den Einspruch gegen die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen begründete die Klin. wie folgt: Sie habe im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen die Gewerbesteuermessbescheide und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes den Antrag gestellt, die Gewerbeerträge gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG zu kürzen. Aus diesem Grunde beantrage sie, die Gewinnfeststellungsbescheide gemäß § 32 c Abs. 2 Satz 2 EStG entsprechend zu ändern. Dies ergebe sich aus einer konsequenten Anwendung der spiegelbildlich konzipierten Privilegierungstatbestände der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG einerseits und der Tarifbegünstigung nach § 32 c EStG andererseits. Eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG sei auch dann vorzunehmen, wenn der Gewerbeertrag aus der Verwaltung der Grundstücke negativ sei. Im Ergebnis werde der gewerbesteuerlich relevante Ertrag erhöht, effektiv komme es zu einer höheren Steuerbelastung. Denn die negative Kürzung führe zu einer Hinzurechnung. Gewinne und Verluste seien im Rahmen der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG gleich zu behandeln. Dies folge aus dem Zweck der Vorschrift. Auch das Antragserfordernis ändere hieran nichts. Durch das Antragserfordernis werde dem Steuerpflichtigen eine Gestaltungsmöglichkeit eingeräumt, durch die er die Höhe des Gewerbeertrag...