Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungen einer Schweizer AG an ihren im Inland ansässigen Direktor nach § 7 AStG. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 38/22)
Leitsatz (redaktionell)
1) Für Wirtschaftsjahre bis einschließlich 2010 besteht im Verhältnis zu Schweiz kein unionsrechtlich begründeter Anspruch, im Rahmen eines sog. Motivtests nach § 8 Abs. 2 AStG den Gegenbeweis anzutreten, dass keine künstliche Gestaltung vorliegt.
2) Im Verhältnis zu § 1 AStG ist § 7 AStG vorrangig anzuwenden.
Normenkette
AStG § 7; AEUV Art. 56; AO § 90; AStG §§ 18, 1
Tatbestand
Streitig ist, ob und wenn, in welcher Höhe, die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz (AStG) vorlagen.
Der Kläger war und ist Alleingesellschafter der X. GmbH, der X. … Sp. z o.o. (im Folgenden X. Sp. z. o.o.), einer Kapitalgesellschaft polnischen Rechts, und der S. s.r.l. E. (im Folgenden S.), einer Kapitalgesellschaft italienischen Rechts. Er war und ist zugleich Geschäftsführer der X. GmbH und der S. s.r.l. Er war außerdem vom xx.xx.2005 bis zum xx.xx.2011 Direktor der X. Schweiz AG, einer Schweizer Kapitalgesellschaft.
Im Jahr 1999 tätigte die Y. … AG (im Folgenden Y. AG) mit Sitz in der Schweiz eine Überweisung auf ein Konto des Klägers bei der Bank I. (Bank in der Schweiz) in Höhe von 500.000 DM (Bl. 250 der Strafakte). Der Verwendungszweck ist (wie er vorträgt, auch dem Kläger selbst) nicht bekannt.
Seit … 2005 ist der Kläger Direktor derY. AG, die zeitgleich mit der Übernahme des Direktorenamts in X. Schweiz AG umfirmiert wurde. Der Zweck der Gesellschaft wurde im Zusammenhang mit der Übernahme des Direktorenamts in „…” geändert (Bl. 261 f. der Strafakte). … ist auch Unternehmenszweck der X. GmbH. … ist Unternehmenszweck der X. Sp. z. o.o..
Die X. Schweiz AG hat ihren Sitz laut Handelsregister unter der Adresse C.-Straße 01 in xxxx D. (Schweiz). Ab dem xx.xx.2011 wird dort als Adresse der Zusatz „c/o Wirtschaftsprüfung Z. AG” genannt (Bl. 1110 der Strafakte).
Einziger und mit Einzelunterschrift zeichnungsberechtigter Verwaltungsrat war zunächst Herr F. und ab 2011 Herr Wirtschaftsprüfer G., der zugleich Delegierter des Verwaltungsrats der Wirtschaftsprüfung Z. AG war.
Die X. Schweiz AG gewährte der X. Sp. z. o.o. auf Grundlage eines (dem Gericht trotz Nachfrage beim Kläger nicht bekannten) Vertrags vom xx.xx.2006 ein Darlehen (jedenfalls) in Höhe der nachfolgend aufgeführten Beträge (negative Beträge sind Tilgungen):
Die X. Schweiz AG wurde mit Beschluss der Generalversammlung vom xx.xx.2013 aufgelöst und danach beendet.
Anfang 2010 erwarb das Land Nordrhein-Westfalen eine CD mit Daten über deutsche Inhaber von Konten bei der Schweizer Bank III. Daraus ging hervor, dass der Kläger seit Juni 2005 Konten bei der Bank III. hatte. Weil er daraus keine Kapitalerträge erklärt hatte, leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung … (Steufa) am xx.xx.2010 ein Ermittlungsverfahren ein. Im Zuge dieser Ermittlungen wurden am xx.xx.2010 die privaten Räumlichkeiten des Klägers durchsucht. Im Zuge dieser Ermittlungen erhielt der Beklagte erstmals Kenntnis von der X. Schweiz AG. Die X. Schweiz AG hatte laut beschlagnahmten Kontoauszügen im Zeitraum vom 30.08.2006 bis zum 05.06.2008 Überweisungen von Schweizer Konten des Klägers in Höhe von 740.000 EUR sowie 190.000 CHF erhalten.
Die Steufa beschlagnahmte zudem einen DIN A4-Zettel mit handschriftlichen Notizen (Rückseite von Bl. 397 der Strafakte). Darauf heißt es unter anderem
- „Kauf/Gründung GmbH Umbenennung in X. AG GmbH D./Schweiz” (Durchstreichungen im Original)
- „Gründung incl. Anwalt 3.000 CHF”
- „jährliche Domizilgebühr 1.500 CHF”
- „xxxx D. C.-Straße 01”
Das Bundeszentralamt für Steuern (Schreiben der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen des Bundeszentralamts für Steuern vom xx.xx.2011 und xx.xx.2014, Bl. 812 ff., 1110 f. der Strafakte) teilte der Steufa mit, es gebe Anhaltspunkte für eine Einstufung der X. Schweiz AG als Domizilgesellschaft. Nach den Feststellungen der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen des Bundeszentralamts für Steuern war Herr G. zu Beginn des Jahres 2011 bei weiteren … Gesellschaften einziges Mitglied und bei … Gesellschaften Präsident oder Mitglied eines aus mehreren Personen bestehenden Verwaltungsrates. Von diesen Gesellschaften haben mindestens … ihren Sitz unter der Adresse der X. Schweiz AG.
Die Beziehungen des Klägers zu dieser Gesellschaft war ausweislich der Strafakten Gegenstand mehrerer Besprechungen (am xx.xx.2011, Bl. 165 der Strafakte, am xx.xx.2011, Bl. 175 f. der Strafakte). Im Anschluss an die Besprechung am xx.xx.2011 teilte der Kläger mit, er sei nicht Gesellschafter der X. Schweiz AG. Die Zahlen würden aber veröffentlicht und er werde daher sicherlich an diese Zahlen kommen. Er werde auch eine Erklärung vorlegen, dass er nicht „ein Gehalt oder einen Gewinn” aus der X. Schweiz AG erhalten habe (Bl. 189 der Strafakte).
Mit Schreiben vom 29.08.2011 bekräftigte der Kläger, dass er ...