Entscheidungsstichwort (Thema)

Realisierungszeitpunkt, rückwirkende Regelung, Vergleich

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird ein Streit über den Austritt eines Gesellschafters aus einer Mitunternehmerschaft nachträglich durch einen Vergleich beigelegt, sind die Wirkungen des Ausscheidens auf den darin vereinbarten Ausscheidenszeitpunkt zurück zu beziehen.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger eine Zahlung wegen seines Ausscheidens aus der X. Y. GbR, der Beigeladenen, im Streitjahr 2008 oder erst im Folgejahr zuzurechnen ist.

Der Kläger war Gesellschafter der am 01.03.2005 gegründeten Beigeladenen mit einem Anteil am Gesellschaftsvermögen von 30 %. Neben ihm waren Herr D. K. mit einem Anteil von 40 % und Frau B. K. mit einem Anteil von 30 % am Gesellschaftsvermögen der Beigeladenen beteiligt.

Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten unter den Gesellschaftern erklärten die beiden letztgenannten Gesellschafter mit Schreiben vom 06.06.2008 dem Kläger gegenüber seinen Ausschluss aus der Beigeladenen. Zudem hielten diese beiden Gesellschafter am 04.07.2008 eine Gesellschafterversammlung der Beigeladenen ab – ohne Beteiligung des Klägers – und vereinbarten einen Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag. Dieser Nachtrag sah vor, dass der Kläger zum 31.05.2008 aus der Beigeladenen ausgeschieden war und sein Gesellschaftsanteil disquotal auf die verbliebenen Gesellschafter verteilt würde.

Daraufhin erhob der Kläger am 01.10.2008 eine zivilgerichtliche Klage vor dem Landgericht B1. gegen die beiden Gesellschafter D. K. und B. K. und beantragte festzustellen, dass der Ausschluss aus der Beigeladenen nichtig sei, hilfsweise, dass der Kläger nicht aus der Beigeladenen ausgeschieden sei. Das Landgericht B1. gab der Klage (dem Hauptantrag) mit Urteil vom 05.02.2009 statt (Az. …/08). Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

Daraufhin legten die anderen Gesellschafter der Beigeladenen Berufung zum Oberlandesgericht I. ein. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht am 24.11.2009 schlossen die Parteien einen Vergleich mit folgendem Inhalt:

1.

Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Kläger per 1. Juli 2008 aus der X. Y. GbR ausgeschieden ist.

2.

Die Beklagten zahlen an den Kläger als Gesamtschuldner ein Abfindungsguthaben in Höhe von 30.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins, beginnend ab 1. Dezember 2009. (…)

5.

Damit sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem gemeinsamen Betreiben der Firma X. Y. GbR abgefunden. Die GbR ist auseinandergesetzt. (…)

Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht I. verwiesen (Az. …/09).

Im Zuge der Auseinandersetzung der Beigeladenen lösten die Gesellschafter das Eigenkapital in der Weise auf, dass der Kläger das ihm zuzurechnende Eigenkapitalkonto mit einem Stand von ./. 9.306,26 EUR nicht ausgleichen musste.

Die Beigeladene hatte bereits am 08.04.2009 eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen des Jahres 2008 abgegeben. Der Beklagte erließ am 21.07.2009 einen erklärungsgemäßen Bescheid, mit dem er die gewerblichen Einkünfte der Beigeladenen mit 58.633,29 EUR und die hiervon auf den Kläger entfallenden Einkünfte mit 8.119,02 EUR feststellte. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der AbgabenordnungAO –.

Im Nachgang zu dem vor dem Oberlandesgericht I. geschlossenen Vergleich ging bei dem Beklagten eine Berechnung ein, wonach sich der Gewinn geändert hatte, weil der Kläger im Jahr 2008 aus der Beigeladenen ausgeschieden war. Die Berechnung wies für 2008 für den Kläger ein „Kapitalkonto vor Ausscheiden” in Höhe von 9.306,26 EUR und eine „Abfindung lt. Vergleich” in Höhe von 30.000,– EUR aus.

Der Beklagte erließ daraufhin am 23.07.2010 gem. § 164 Abs. 2 AO einen Änderungsbescheid, mit dem er die gewerblichen Einkünfte der Beigeladenen auf 97.393,55 EUR und die hiervon auf den Kläger entfallenden Einkünfte auf 47.425,28 EUR erhöhte. Die auf den Kläger entfallenden Einkünfte setzten sich aus laufenden Gewinnen in Höhe von 8.119,02 EUR (wie zuvor) und einem Veräußerungsgewinn in Höhe von 39.306,26 EUR zusammen. Der Beklagte gab den Bescheid an den Kläger einzeln bekannt.

Der Kläger legte gegen den Änderungsbescheid am 12.08.2010 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 18.08.2011 als unbegründet zurückwies.

Daraufhin hat der Kläger am 19.09.2011 fristgemäß Klage erhoben, mit der er sich weiterhin gegen die Zurechnung der Abfindung von 30.000,– EUR und des übrigen Veräußerungsgewinns von 9.306,26 EUR wendet. Gegen die Zusammensetzung des letztgenannten Betrags hat er hingegen keine Einwendungen erhoben.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, dass der Veräußerungsgewinn im Streitjahr unzutreffend erfasst worden sei. Der Kläger sei zwar nur bis zum 01.07.2008 Beteiligter der Beigeladenen gewesen. Er sei aber erst aufgrund der Vereinbarung, die vor d...

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