Entscheidungsstichwort (Thema)
Disquotale Erbauseinandersetzung, Anlaufhemmung, Festsetzungsverjährung
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine wissentlich und willentlich disquotal erfolgende Erbauseinandersetzung führt zur Annahme einer freigebigen Zuwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
2) Hat der Steuerpflichtige eine Anzeige nach § 30 Abs. 1 und Abs. 2 zu erstatten, beginnt die Festsetzungsfrist bei unterbliebener Anzeige gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO erst mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist.
3) Die Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer beginnt gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO zudem nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung positive Kenntnis erlangt hat.
4) Die Übertragung lediglich von Sonderbetriebsvermögen ohne den Mitunternehmeranteil, zu dem es gehört, stellt keinen Übergang von Betriebsvermögen im Wege vorweggenommener Erbfolge i.S.v. §§ 13a, 13b ErbStG dar.
Normenkette
ErbStG § § 13a, 13b, § 30 Abs. 1, Abs. 2; AO § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 5 Nr. 2; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob im Rahmen einer Erbauseinandersetzung getroffene Regelungen zu einer Schenkung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes i. d. F. vom 27.02.1997 (ErbStG) geführt haben.
Herr R 3 (Erblasser) verstarb am 00.00.1996 und wurde in gesetzlicher Erbfolge von seiner Ehefrau R 2 (fortan: Schenkerin) zu ½ und den beiden Söhnen R 4 und dem Kläger zu je ¼ Anteil beerbt. Auf den Erbschein des Amtsgerichts U vom 17.01.1997 wird Bezug genommen.
Zum Nachlass gehörten insbesondere Geschäftsanteile an der R 3 GmbH (fortan: GmbH), einem Baustoffhandel, und Gesellschaftsanteile an der R Vermögensverwaltungs-GbR (fortan: GbR). An der GmbH waren zum Todestag der Erblasser zu 75 % und der Kläger zu 25 % beteiligt. Die GbR war mit notarieller Urkunde UR-Nr. vom 00.00.1994 des Notars A in H gegründet worden. Der Erblasser war mit 51 %, der Kläger mit 49 % beteiligt. In § 16 des Gesellschaftsvertrages war geregelt, dass, wenn einer der beiden Gesellschafter vorversterbe, der jeweils andere Rechtsnachfolger in die Beteiligung sei. Ggfls. hätten die Erben des Verstorben das nicht übergegangene Vermögen zu übertragen. Im gleichen Vertrag wurde das an die GmbH verpachtete bebaute Grundstück U, A-Straße 1 in die GbR eingebracht. An dem Grundstück behielt sich der Erblasser auf Lebensdauer das unentgeltliche Nießbrauchsrecht vor. Nach seinem Ableben sollte das Nießbrauchsrecht mit demselben Inhalt der Schenkerin zustehen. Zwischen der GmbH und der GbR bestand eine Betriebsaufspaltung. Die GmbH-Anteile sowie weitere Grundstücke des Erblassers (E, B-Straße 2 ≪Vermietung an die GmbH≫, U, C-Straße 3 ≪Vermietung an fremde Dritte≫ und die unbebaute Parzelle U, Flur 1 Flurstücke 1, 2 und 3 ≪Vorratsgelände für die GmbH, fortan: Parzelle Flur 1≫) waren sein – teilweise gewillkürtes – Sonderbetriebsvermögen in der GbR.
Mit UR-Nr. /1997 vom 00.00.1997 errichtete der Kläger die R Verwaltungs-GmbH. Deren Gegenstand war die Übernahme der Stellung als Komplementärin in der R 3 GmbH & Co. KG. Deren Errichtung durch Beschluss der Miterben über die Umwandlung der GmbH in eine GmbH & Co KG durch Formenwechsel (fortan: KG) beurkundete der Notar L in U am 00.00.1997 (UR-Nr. /1997). Die Erbengemeinschaft sollte die Rechtsnachfolge in den Kommanditanteil des Erblassers in Höhe von 120.000 DM antreten. Aufgrund der Bedenken des Handelsregisters wurden mit Urkunde vom 0.00.1997 an Stelle der Erbengemeinschaft die Beteiligten der Erbengemeinschaft jeweils einzeln als Rechtsnachfolger angemeldet. Am 00.00.1997 wurde die KG unter der Nummer HRA in das Handelsregister beim Amtsgericht U eingetragen.
Mit notariellen Urkunden des Notars L vom 00.00.1997 trafen die Erben folgende Vereinbarungen:
UR-Nr. /1997
Die von den übrigen Beteiligten geerbten Eigentumsanteile des Erblassers am Grundstück A-Straße 1 wurden auf den Kläger übertragen. Zugleich verzichtete die Schenkerin auf ihr Nießbrauchsrecht an dem Grundstück.
UR-Nr. /1997
Die Miterben übertrugen ihre Eigentumsanteile an dem Grundstück B-Straße 2 sowie u. a. an der Parzelle Flur 1 auf den Kläger. Weitere Parzellen wurden auf Herrn R 4 zu Eigentum übertragen.
UR-Nr. /1997
Der Kläger verzichtete auf alle etwaigen gesetzlichen Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche am künftigen Nachlass der Schenkerin.
UR-Nr. /1997
Der 1/3-Anteil des Erblasser an der R-O-T Liegenschaftsgesellschaft GbR, S, ging auf Herrn R 4 über.
UR-Nr. /1997
In § 1 dieser Urkunde stellten die Beteiligten fest, sie hätten sich über den Nachlass im Wesentlichen auseinandergesetzt. Dabei habe insbesondere die Schenkerin ihre Miterbenanteile an den beschriebenen Vermögenswerten auf ihre Söhne übertragen. Ein Ausgleich habe in einer gesonderten Urkunde erfolgen sollen. Um diese Abrede zu erfüllen, erhalte die Schenkerin aus dem Nachlass die vorhandenen Barmittel und Wertpapiere. Weiter räumte Herr R 4 ihr an dem Grundstück...