Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage des wirtschaftlichen Eigentums an Anteilen bei zivilrechtlich unwirksamer Anteilsübertragung
Leitsatz (redaktionell)
1) Übernimmt ein Steuerpflichtiger die durch einen Kapitalerhöhungsbeschluß entstandenen neuen Geschäftsanteile an einer GmbH und wird er in der Folgezeit von den Mitgesellschaftern und auch dem Finanzamt entsprechend als mit 1/3-Anteil am Stammkapital beteiligter Gesellschafter behandelt, ist ihm steuerrechtlich diese Beteiligung zuzurechnen, selbst wenn er zivilrechtlich mangels Eintragung der Stammkapitalerhöhung ins Handelsregister nicht Gesellschafter der GmbH geworden ist.
2) Verständigt sich der Steuerpflichtige zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs mit den übrigen Gesellschaftern gegen Zahlung eines Betrages darüber, daß er zukünftig keine Gesellschafterstellung bei der GmbH für sich in Anspruch nehmen darf, stellt dieser Vorgang eine Veräußerung i.S. des § 17 Abs. 1 S. 1 EStG dar.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 1 S. 1, § 34; AO § 41; GmbHG § 54 Abs. 3
Tatbestand
Streitig ist bei der Festsetzung der Einkommensteuer 1995, ob die Zahlung aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs mit dem Verzicht, Gesellschafter einer GmbH zu werden, als Veräußerungsgewinn nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) zu versteuern ist.
Der Kläger (Kl.) ist Steuerberater und erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Im Kalenderjahr 1991 beabsichtigten der Kl., sowie Herr … (B.) und die Eheleute … (A.) ein Autohaus in … als Gesellschafter der … … (im folgenden: K-GmbH) weiterzuführen. Mit notariellem Vertrag vom 21.09.1991 (Ur-Nr. 399/1991 des Notars … in …) hatte die Gesellschafterversammlung der K-GmbH, die Gesellschafter B.A. und S.A. Eheleut A eine Kapitalerhöhung von nominal 20.000 DM auf 60.000 DM beschlossen. Die neuen Anteile der GmbH sollten zu jeweils 20.000 DM vom Kl. und von B. übernommen werden, so daß die GmbH-Gesellschafter (einschließlich der Eheleute A.) mit je 1/3 beteiligt sein sollten. Die Eheleute A. hatten zuvor von den früheren Mitgesellschaftern, die Gesellschafter der vormals bestehenden PGH … GmbH waren, die Geschäftsanteile notariell übernommen. Die Beteiligten übernahmen unter Zustimmung des alleinigen Geschäftsführers B… A. die Geschäftsanteile laut Gesellschaftsvertrag vom 21.09.1991. Durch diese Veränderung bei den Gesellschaftern der GmbH beabsichtigten die Gesellschafter die Weiterentwicklung und Erweiterung der Firma. Die neuen Gesellschafter wurden sowohl von den Eheleuten A. als auch steuerlich beim Finanzamt (FA) als jeweils mit 1/3-Anteil am Stammkapital beteiligte Gesellschafter behandelt. Die in der Folgezeit erstellten Jahresabschlüsse durch den Kl. dokumentieren ebenfalls das entsprechende Stammkapital in der Bilanz. Weiterhin wurde eine Gewinnausschüttung an die Gesellschafter nach der Beteiligungsquote für das Kalenderjahr 1991 durchgeführt.
Der Geschäftsführer B…A. unterließ es in der Folgezeit eine ordnungsgemäße Anmeldung der Stammkapitalerhöhung zum Handelsregister vorzunehmen. Auf entsprechende Beanstandungen des Handelsregisters reagierte A. trotz entsprechender Aufforderungen des Kl. und des Urkundsnotars nicht, so daß wegen des formalen Mangels in der Anmeldung, aber auch wegen weiterer vom Handelsregister festgestellter Mängel der Beurkundung der Eintragungsantrag am 03.05.1994 zurückgewiesen wurde.
Mit notariellem Vertrag vom 28.07.1994 erhöhten die Gesellschafter, die Eheleute A., das Stammkapital der K. GmbH von 20.000 DM auf 100.000 DM ohne Beteiligung des Kl. und B., Den neuen Anteil von 80.000 DM übernahm der Gesellschafter-Geschäftsführer Bernd A., Gleichzeitig wurde die Firma in Autohaus A-GmbH (A-GmbH) umbenannt. Diese Kapitalerhöhung ist in das Handelsregister eingetragen worden.
Mit Klage vom 04.11.1994 vor dem Landgericht … klagten der Kl. und B. gegen die Eheleute A. und gegen die K-GmbH darauf, daß festgestellt werde, daß die Beschlüsse der Eheleute A. vom 01.07. und 28.07.1994 unwirksam seien und die Beklagten verurteilt würden, die Stammkapitalerhöhung vom 21.09.1991 und die Übernahme der erhöhten Stammkapitalanteile durch die Kl. entsprechend dem Beschluß vom 21.09.1991 durchzuführen und alle dafür erforderlichen Erklärungen abzugeben.
In dem am 13.06.1995 geschlossenen gerichtlichen Vergleich einigten sich die Prozeßparteien wie folgt:
- „Die Beklagten zahlen an die Kl. einen Betrag von 675.000 DM.
- Damit sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche zwischen den Parteien aus dem streitgegenständlichen Rechtsverhältnis abgegolten und erledigt.”
Die Zahlung der 337.500 DM an den Kl. erfolgte am 20.07.1995 in Höhe von 187.500 DM sowie am 24.06.1996 in Höhe von 150.000 DM. Außerdem erhielt der Kl. am 05.09.1995 Zinsen in Höhe von 7.500 DM für den zu diesem Zeitpunkt noch ausstehenden Teilbetrag der Abfindung.
Das FA erließ am 12.08.1997 einen Einkommensteuerbescheid und berücksichtigte darin aufgrund einer Mitteilung der Großbetriebsprüfungsstelle … die Zahlungen der Eheleute A. aus dem gerichtlic...