Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechenbarkeit von Quellensteuer auf Zinsen aus sog. Argentinienanleihen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ausländische Steuern können bei unbeschränkt Steuerpflichtigen nur bis zur Höhe der auf die im jeweiligen Veranlagungszeitraum bezogenen Kapitalerträge entfallenden deutschen Steuer angerechnet werden.
2. § 32d Abs. 5 gibt vor, dass die Anrechnung der ausländischen Quellensteuer für den jeweiligen ausländischen Kapitalertrag auf die Höhe der Einkommensteuer begrenzt ist, welche auf diesen Kapitalertrag entfällt (sog. per-item-limitation) und dass der Anrechnungsbetrag an ausländischer Steuer je Kapitalertrag 25% der Einnahme des jeweiligen Kapitalertrags nicht übersteigen darf.
3. Durch die Anrechnung der ausländischen Steuerbeträge kann die Einkommensteuer maximal auf 0 € gemindert werden, so dass ein Anrechnungsüberhang weder erstattet noch vorgetragen wird.
4. Die gesetzlich zwingend vorgesehene Verrechnung nach § 20 Abs. 6 EStG für die unterjährige Verlustverrechnung kann zur Folge haben, dass die nichtanrechenbare ausländische Quellensteuer verfällt.
Normenkette
DBA ARG Art. 23; EStG § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 7, § 32d Abs. 5; DBA ARG Art. 13
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit von der Republik Argentinien begebenen Staatsanleihen über die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Zahlungen im Rahmen des sogenannten Fast Track Settlements.
Die Kläger sind Ehegatten und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger hielt unter seiner Kundennummer xxx bei der Privatbank Y seit Juli 2016 (vgl. Bericht der Oberfinanzdirektion und Nordrhein-Westfalen vom 09.05.2018, S. 2) Anteile an 13 Anleihen, die von der Republik Argentinien begeben worden waren (sog. Argentinien-Anleihen).
Seit ihrer Staatspleite im Jahre 2001 konnte die Republik Argentinien keine Zinszahlungen auf die Argentinien-Anleihen mehr leisten. Aufgrund diverser Zahlungsklagen, unter anderem beispielsweise in den USA und in Deutschland, wurde der Druck auf die Republik Argentinien zunehmend größer, sodass sie im sogenannten Settlement Proposal vom 17.02.2016 anbot, die Ansprüche der Anleihegläubiger auf vollständige Kapitalrückzahlung und eines Teilbetrags der Zinsen im Rahmen des sogenannten Fast Track Settlements zu erfüllen. Dieser Vereinbarung stimmte der Kläger zu mit der Folge, dass er 50% des Nominalwerts als Zinsertrag erhielt (vgl. Stockakte, Trennblatt 2016, Schreiben der Bank Y vom 02.12.2016, zum jeweiligen Barausgleich). Nach der Vereinbarung wurden zudem 100% des Nominalwerts als Verkaufspreis für die Anleihe gewährt. Da die historischen Anschaffungskosten des Klägers durchweg oberhalb dieses Verkaufspreises lagen, erzielte er insoweit jeweils einen Veräußerungsverlust. Der Verlust aus der Veräußerung der jeweiligen Anleihe lag jeweils unterhalb des insoweit erzielten Zinsertrags.
Im Einzelnen erzielte der Kläger ausweislich der von ihm eingereichten Abrechnungen der Bank Y (im Folgenden: Kreditinstitut) im Streitjahr die nachstehend aufgelisteten Zinserträge beziehungsweise Veräußerungsverluste:
Die Kläger beantragten im Rahmen ihrer gemeinsam eingereichten Einkommensteuererklärung für die Kapitaleinkünfte des Klägers eine Überprüfung des Kapitalertragsteuereinbehalts.
In der Folge setzte der Beklagte die Einkommensteuer zunächst mit Bescheid vom 16.03.2018 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Dabei rechnete er von den auf die Argentinien-Anleihen entfallenden ausländischen Einkünften und auf weitere Kapitalerträge unstreitig entfallenden ausländische Quellensteuern in Höhe von 43.075 € an. Eine vollständige Anrechnung habe aufgrund der vorhandenen Verluste nicht erfolgen können (vgl. Erläuterungstext im Bescheid vom 16.03.2018 sowie Schreiben des Finanzamts vom 20.03.2018 zur Erläuterung der zunächst erfolgten Einkommensteuerfestsetzung).
Sodann änderte der Beklagte nach Abstimmung mit der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen und dem Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen (Finanzministerium) mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 15.04.2019 die bisherige Einkommensteuerfestsetzung dahingehend ab, dass er die bisher in Höhe von 43.074,17 € angerechnete Quellensteuer um 581,50 € kürzte.
Hiergegen legten die Kläger mit beim Beklagten am 16.05.2019 eingegangenem Schreiben vom 12.05.2019 Einspruch ein. Die Berücksichtigung anrechenbarer Quellensteuer habe sich seit der Einführung der Abgeltungssteuer im Jahre 2009 dergestalt geändert, dass die Quellensteuer direkt mit der Kapitalertragsteuerschuld verrechnet werde und nicht mehr eine nach Ländern getrennte Erstattung im Rahmen der Veranlagung erfolge. Nur nach den überholten Regelungen sei es damals auf „Anrechnungshöchstbeträge” angekommen. Eigens für Fälle wie demjenigen der Kläger, in denen bei einem Wertpapier mehr anrechenbare Quellensteuer vorhanden sei, als überhaupt an Kapitalertragsteuern beim Verkauf des Wertpapiere einbehalten werde, sei der Verlustverrechnungstopf „anrechenbare ausl...