Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung i.s.d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Eine Veräußerung i.S.d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG setzt voraus, dass das wirtschaftliche Eigentum an den Dividendenschein aufgrund eines entgeltlichen Verpflichtungsgeschäfts auf eine andere Person übergeht. Dieses ist nicht der Fall, wenn das Risiko der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Forderungen nicht vollständig auf den Erwerber übergeht, insoweit also keine Möglichkeit des Regresses besteht.
Normenkette
EStG § 43a Abs. 1 Nr. 1, § 44a Abs. 8 S. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 a, § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob für eine Gewinnausschüttung Kapitalertragsteuer abzuführen ist.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der der X-kreis (im Folgenden: X-K) zu 100 % beteiligt ist.
Von ihrem Gewinn des Jahres 2003 wollte die Klägerin EUR XXXXXX,YY ausschütten. Der diesen Betrag übersteigende Teil des Gewinns sollte in die Gewinnrücklage eingestellt werden, die mit einem Teil der Kapitalrücklage zum Ablauf des Jahres 2008 aufgelöst werden sollte. In Höhe von EUR XXXXXX,YY soll der Bilanzgewinn im Jahre 2009 ausgeschüttet werden.
Mit der B-Bank Aktiengesellschaft, Filiale C-Stadt (im Folgenden: B-Bank), schloss die Klägerin am 19.11.2004 einen „Forfaitierungsvertrag” (im Folgenden: Vertrag), durch den die B-Bank die beiden Forderungen kaufte (§ 1 Abs. 1 des Vertrages). Der X-K trat die Forderungen in dem Vertrag ab, die B-Bank nahm die Abtretung an (§ 1 Abs. 2 des Vertrages).
Vorbehaltlich der §§ 3 bis 5 des Vertrages erfolgte der Kauf unter Ausschluss des Rückgriffs auf den X-K (§ 2 des Vertrages). Der X-K versicherte und garantierte der B-Bank verschuldensunabhängig, dass die angekauften Forderungen in voller Höhe bestehen bzw. zum angegebenen Fälligkeitszeitpunkt entstehen, fällig werden und bis zu ihrer vollständigen Erfüllung fortbestehen (§ 4 Satz 1 des Vertrages). Für die Zahlungsfähigkeit der Klägerin übernahm der X-K keine Haftung (§ 4 Satz 4 des Vertrages). Auf erste Anforderung der B-Bank musste der X-K den Kaufpreis nebst 4,000 % p.a. Zinsen für die Zeit von der Zahlung des Kaufpreises bis zu dessen Rückzahlung zahlen, wenn die Klägerin bei Fälligkeit die Zahlung unter Berufung auf Gründe verweigerte, die der X-K in § 4 des Vertrages zugesichert hatte (§ 5 Abs. 1 des Vertrages). Vor Eintritt der Fälligkeit sollte eine Rückabwicklung auf erste schriftliche Anforderung möglich sein, wenn die Unrichtigkeit der Zusicherung nachgewiesen wird (§ 5 Abs. 2 des Vertrages).
Für den Fall einer verspäteten Zahlung durch die Klägerin verpflichtete sich der X-K zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 3,2267 % p.a. auf Basis 365/360 (§ 6 des Vertrages). Der X-K verpflichtete sich ferner, Gebühren, Steuern und Abgaben, welche die B-Bank im Zusammenhang mit dem Erwerb der Forderungen und/oder der Geltendmachung sowie Vereinnahmung der Forderungen zu zahlen haben würde, unverzüglich zu erstatten. Dasselbe sollte gelten, wenn bei der Klägerin Gebühren, Steuern und Abgaben einbehalten werden würden (§ 8 des Vertrages).
Die B-Bank zinste die Forderungen auf den Tag der jeweiligen Fälligkeit ab und zahlte den sich ergebenden Betrag am 22.11.2004 an den X-K.
Die Gesellschafterversammlung beschloss die Ausschüttung in Höhe von EUR XXXXXX,YY im Februar 2005; die Klägerin überwies den Betrag daraufhin an die B-Bank.
In der Kapitalertragsteuer-Anmeldung gab die Klägerin die für die Gewinnausschüttung abzuführende Kapitalertragsteuer mit EUR 0,-an. Der Beklagte vertrat hingegen die Auffassung, es bestehe eine Kapitalertragsteuerpflicht und setzte für den Anmeldungszeitraum Februar 2005 Kapitalertragsteuer in Höhe von 10 % des Ausschüttungsbetrages (= EUR XXXXXX,YY) fest.
Nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren verfolgt die Klägerin das Ziel der Aufhebung des Bescheides im Klagewege weiter. Sie meint, die Regelungen des Vertrages entsprächen den Regelungen eines Forderungskaufvertrages, sodass keine Kapitalertragsteuer abzuführen sei. Der X-K gewährleiste zwar den Bestand der Forderung, nicht aber deren wirtschaftliche Verwertbarkeit. Die Regelungen in §§ 3 und 4 des Vertrages beträfen allein das Eintreten für das Bestehen der Forderung. Aus § 4 Satz 4 des Vertrages folge ausdrücklich, dass der X-K keine Haftung für die Zahlungsfähigkeit des X-K übernehme.
Die Klägerin beantragt,
- den Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer für den Anmeldungszeitraum Februar 2005 vom 18.01.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.06.2006 aufzuheben,
- die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, die Gewinnausschüttung sei kapitalertragsteuerpflichtig, denn es liege kein Forderungskaufvertrag, sondern nur ein Darlehensvertrag vor. Der X-K habe ein erhebliches Bonitätsrisiko übernommen.
H...