Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall des Betriebsvermögensfreibetrags für ererbte Kommanditanteile bei Betriebsaufgabe innerhalb der Behaltensfrist
Leitsatz (redaktionell)
1) Die in der Nachversteuerungsvorschrift des § 13 Abs. 2a Satz 3 ErbStG a.F. enthaltenen Tatbestandsmerkmale der "Veräußerung" und "Aufgabe" sind im Sinne des ertragsteuerrechtlichen Begriffsverständnisses (§ 16 Abs. 1, 3 EStG) auszulegen.
2) Die Tatbestandserfüllung nach § 13 Abs. 2a Satz 3 ErbStG a.F., § 16 Abs. 1, 3 EStG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Betriebsveräußerung oder -aufgabe zwangsweise erfolgt (vgl. auch FG Münster, EFG 2001, 1511).
3) Eine Betriebsaufgabe i.S. der § 13 Abs. 2a Satz 3 ErbStG a.F., § 16 Abs. 3 EStG setzt nicht voraus, dass die Gesellschaft handelsrechtlich beendet wird.
4) Bei erzwungener Betriebsaufgabe, insbesondere infolge Insolvenz, können unter den Voraussetzungen der §§ 163, 227 AO im Einzelfall Billigkeitsmaßnahmen gewährt werden.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1, 1 Nr. 2, § 16; ErbStG i.d.F. des Standortsicherungsgesetzes vom 13.09.1993 § 13 Abs. 2a
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Betriebsvermögensfreibetrag nach § 13 Abs. 2 a ErbStG für ererbtes Betriebsvermögen wegfällt, wenn die Kommanditgesellschaft, deren Anteile vererbt wurden, innerhalb von 5 Jahren nach dem Erbfall ihren Betrieb aufgibt.
Frau F******* T********* starb am 20.09.1994. Nach dem Erbschein des Amtsgerichts C********** vom 22.12.1994 sind Erben ihr Neffe, I********** W******, und ihre Nichte, S********* K************. Zum Nachlassvermögen gehörten u. a. Anteile an der L********************************************************** GmbH & Co KG (KG). Bei der Erbschaftsteuerfestsetzung gewährte das Finanzamt (FA) den Betriebsvermögensfreibetrag gem. § 13 Abs. 2 a ErbStG (500.000 DM). Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Erbschaftsteuerbescheid vom 13.08.1998, mit dem die Erbschaftsteuer auf 302.775 DM festgesetzt worden ist; Bl. 106 ff. der Erbschaftsteuerakte.
Im Sommer 1998 stellte die KG ihre Produktion ein und entließ alle Mitarbeiter. Im Laufe des Jahres 1998 wurde das Vermögen der Gesellschaft und das Betriebsgrundstück veräußert (Verträge vom 23. Juli/21. Dezember 1998). Dementsprechend ist für 1998 die Betriebsaufgabe erklärt worden und auch gem. § 16 EStG ertragsteuerlich behandelt worden.
Zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe waren der Kl. mit 30,2 % und Frau S********* K************ mit 18,8 % beteiligt, zusammen also mit 49 %. Gem. § 4 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags war eine Auflösung der Gesellschaft mit einer Stimmenmehrheit von ¾ möglich.
Mit Schreiben vom 03.01.2000 wies das FA den Kl. darauf hin, dass es sich bei der Betriebsaufgabe um eine freibetragsschädliche Verfügung innerhalb des Fünfjahreszeitraums handele und deswegen der gewährte Betriebsvermögensfreibetrag nachträglich weggefallen sei. Der Kl. teilte daraufhin mit, er folge dieser Auffassung nicht. Die KG bestehe nach wie vor und er sei immer noch Inhaber des Kommanditanteils. Der Anteil sei gerade nicht veräußert worden. Er habe im Übrigen einen Gewerbebetrieb nicht aufgeben können, da er einen solchen nicht geerbt habe. Das Gleiche gelte bzgl. der Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben des Kl.-Vertr. vom 30.01.2000 Bezug genommen, Bl. 178 der Erbschaftsteuerakte.
Das FA änderte den Erbschaftsteuerbescheid und gewährte den Freibetrag für das Betriebsvermögen nicht mehr. Es setzte die Erbschaftsteuer mit Erbschaftsteuerbescheid vom 09.06.2000 auf 460.275 DM fest. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid, Bl. 197 ff. der Erbschaftsteuerakte, Bezug genommen.
Der Kl. legte Einspruch ein. Eine freibetragsschädliche Verfügung liege im Streitfall nicht vor, da das Gesetz die Erhaltung des Freibetrags vom Verhalten desjenigen abhängig mache, der das Betriebsvermögen bzw. die Anteile daran halte. Wie eine GmbH stelle auch eine GmbH & Co KG eine eigenständige Rechtspersönlichkeit dar. So habe die KG als selbständige Rechtsperson die Produktion eingestellt, Mitarbeiter entlassen etc. Diese Handlungen seien dem Kl. nicht zuzurechnen. Selbst wenn er eine Sperrminorität zusammen mit seiner Schwester gehabt haben sollte, bleibe es dabei, dass Gesellschaft und Gesellschafter zwei getrennte Rechtspersonen seien. Auch bei Kapitalgesellschaften sei nach § 13 a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG nur der Tatbestand schädlich, dass diese wesentliche Betriebsgrundlagen veräußere und das Vermögen an die Gesellschafter verteile. Im Streitfall sei aber keinerlei Vermögen an die Gesellschafter verteilt worden, so dass auch bei einer analogen Anwendung von § 13 a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG ein freibetragsschädlicher Verwendungstatbestand nicht gegeben sei.
Das FA folgte der Argumentation des Kl. nicht und wies den Einspruch als unbegründet zurück; wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 18.01.2001 Bezug genommen; Bl. 223 ff. der Erbs...