Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzungsverjährung bei widerstreitender Steuerfestsetzung nach § 174 Abs. 3 AO
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Nachholung einer Steuerfestsetzung wegen widerstreitender Steuerfestsetzung gemäß § 174 Abs. 3 AO, in der der fragliche Sachverhalt hätte berücksichtigt werden müssen, ist auch nach Eintritt der Festsetzungsverjährung bezüglich des der Festsetzung zugrunde liegenden Steueranspruchs noch zulässig.
2) Die in § 174 Abs. 3 Satz 2 AO enthaltene Regelung ist die einzige in Bezug auf den Aspekt der Festsetzungsverjährung zu beachtende Tatbestandsvoraussetzung, die als spezialgesetzliche Regelung der allgemeinen Vorschrift des § 169 AO vorgeht.
Normenkette
AO § 174 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin in Folge der Kapitalerhöhung der RR GmbH T A zum 05.02.1998 Begünstigte einer steuerpflichtigen Schenkung ist, sowie die Rechtmäßigkeit des gegen die Klägerin ergangenen Schenkungsteuerbescheides vom 09.11.2009.
Die Klägerin (R GmbH) ist eine in Deutschland ansässige Kapitalgesellschaft, die am 05.02.1998 gegründet wurde und am 18.05.1998 ins Handelsregister eingetragen wurde. Alleingesellschafterin der Klägerin ist seit ihrer Gründung die R1L, Luxemburg (R1L). Die gesamten Anteile an der R1L wurden in 1998 von der H-Stiftung, einer rechtsfähigen liechtensteinischen Stiftung, gehalten. Begünstigte der H-Stiftung sind Mitglieder der Familie N, die allesamt nicht der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland unterliegen.
An der ebenfalls in Deutschland ansässigen RR GmbH, T A (RR GmbH) waren zunächst je zur Hälfte zwei in Liechtenstein ansässige Unternehmen beteiligt, die U, D, Liechtenstein (U) und die Aktiengesellschaft für O AG, Liechtenstein (O AG). Die U und die O AG hielten jeweils Stammeinlagen in Höhe von X DM an der RR GmbH. Die Stammeinlagen beider Gesellschaften waren in voller Höhe eingezahlt.
In einer „Kapitalerhöhungs- und Optionsvereinbarung in Verbindung mit dem Erwerb von Gesellschaftsanteilen an der RR GmbH” vom 03.02.1998 zwischen der U, der O AG und der R1L wurde vereinbart, dass im Zuge weitreichender Investitionen das Stammkapital der RR GmbH um X DM auf X DM erhöht wird. Des Weiteren wurde vereinbart, dass die R1L die R GmbH (die Klägerin) errichtet und Alleingesellschafterin dieser Gesellschaft werden würde. Die R GmbH (die Klägerin) sollte sodann die neue Stammeinlage an der RR GmbH in Höhe von X DM zu einem Gesamtpreis (inklusive eines Agios in Höhe von X DM) in Höhe von X DM übernehmen und damit 60 % des Stammkapitals der RR GmbH erhalten. Nach der Stammkapitalerhöhung und der Übernahme derselben durch die noch zu gründende R GmbH (die Klägerin) sollten am Stammkapital der RR GmbH die R GmbH 60 %, die U 20 % und die O AG 20 % der Anteile halten. Des Weiteren gewährten die U und die O AG jeweils der R1L ein Optionsrecht zum Erwerb weiterer Anteile an der RR GmbH zu festgelegten Bedingungen, das diese auf die von ihr zu errichtende R GmbH übertragen konnte. Die Option konnte längstens bis zum 31.12.2003 ausgeübt werden. Zu den Einzelheiten wird auf die vertragliche Vereinbarung vom 03.02.1998 verwiesen (vgl. Blatt 150 ff. der Gerichtsakte).
Hinsichtlich der Beteiligungsstruktur vor und nach der Kapitalerhöhung vom 05.02.1998 wird auf die schematischen Darstellungen auf Blatt 3, 161 und 162 der Schenkungsteuerakte Bezug genommen.
Mit notarieller Urkunde vom 05.02.1998 beschloss die Gesellschafterversammlung der RR GmbH entsprechend der zuvor am 03.02.1998 abgeschlossenen Kapitalerhöhungsund Optionsvereinbarung, das Stammkapital der Gesellschaft um X DM zu erhöhen. Die unter Ausschluss der bisherigen Gesellschafter zur Übernahme der neuen Stammeinlage zugelassene R GmbH i. G. erbrachte die Stammeinlage von X DM und das Aufgeld in Höhe von X DM in bar. Die Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister erfolgte durch notarielle Urkunde vom 05.02.1998. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde der Gesellschafterversammlung vom 05.02.1998 verwiesen (vgl. Blatt 132 ff. der Gerichtsakte).
Nach der Kapitalerhöhung waren die bisherigen Gesellschafter U und O AG noch mit jeweils X DM am erhöhten Stammkapital von X DM der RR GmbH beteiligt. Dies entspricht einer relativen Beteiligung von jeweils 20 %. Die verbleibenden 60 % des Stammkapitals entfielen nach der Kapitalerhöhung auf die R GmbH (die Klägerin).
Die Gesellschafter der U bzw. der O AG zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung der RR GmbH sind nicht bekannt. Es ist aber davon auszugehen, dass diese Gesellschaften im Einflussbereich der Familie N stehen.
Ausweislich der vorliegenden Schenkungsteuerakte wurde dieser Sachverhalt dem Beklagten durch einen Hinweis der Groß- und Konzernbetriebsprüfung M sowie durch Übersendung diverser Schriftsätze und Urkunden im Juli 2002 bekannt. Auf Blatt 1 bis 22 der Schenkungsteuerakte wird insofern Bezug genommen.
Der vom Beklagten nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelte gemeine Wert der Antei...