Entscheidungsstichwort (Thema)
Inkongruente Gewinnausschüttung kein Gestaltungsmissbrauch
Leitsatz (redaktionell)
Es existiert kein Rechtssatz, wonach inkongruente Gewinnausschüttungen grundsätzlich einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstellen.
Normenkette
AO § 42
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zurechnung von Einkünften aufgrund einer disquotalen Ausschüttung im Streitjahr 2013.
Die Klägerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts M-Stadt unter HRA … eingetragene Kommanditgesellschaft. Ihre Komplementärin ist die im Handelsregister des Amtsgerichts M-Stadt unter HRB … eingetragene G-GmbH, C-Stadt (im Folgenden: „G-GmbH”), die am Festkapital der Klägerin zu 25 % beteiligt war. Kommanditistinnen waren in den Streitjahren Frau Dr. N. H. und Frau D. C. mit einer Beteiligung von je 11,31 % (Kommanditeinlagen: je 116.600 €) sowie die im Handelsregister des Amtsgerichts M-Stadt unter HRB … eingetragene I-GmbH, E-Stadt (im Folgenden: „I-GmbH”) mit einer Beteiligung von 52,38 % (Kommanditeinlage: 540.000 €). Frau Dr. H. und Frau C. sind Schwestern. Diese waren wiederum zu je 50 % mittelbar und unmittelbar an der G-GmbH und an der I-GmbH beteiligt. Alleinige Geschäftsführerin der G-GmbH und der I-GmbH war Frau Dr. H..
Die Klägerin hielt im Streitzeitraum 91 % der Anteile an der im Handelsregister des Amtsgerichts N-Stadt unter HRB … eingetragenen N-GmbH (im Folgenden: „N-GmbH”). Die übrigen Anteile an der N-GmbH wurden von der G-GmbH zu 2,33 %, der I-GmbH zu 3,33 % sowie von Frau Dr. H. und Frau C. zu je 1,67 % gehalten. Die von den drei letztgenannten Gesellschafterinnen gehaltenen Anteile an der N-GmbH stellten Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin dar. Der von der G-GmbH gehaltene Anteil an der N-GmbH war hingegen, was inzwischen unter den Beteiligten unstreitig ist, nicht dem Sonderbetriebsvermögen der Klägerin zugeordnet. Gegenstand des Unternehmens der N-GmbH war.
Die G-GmbH hielt mittelbar sämtliche Anteile an der im Handelsregister des Amtsgerichts M-Stadt unter HRA … eingetragenen U-GmbH & Co. Investitions KG, C-Stadt (im Folgenden: „U-KG”). Alleinige unmittelbare Kommanditistin der U-KG war die im Handelsregister des Amtsgerichts M-Stadt unter HRB … eingetragene C-GmbH, C-Stadt. Diese Gesellschaft war eine Organgesellschaft der G-GmbH.
Die Klägerin und ihre Tochtergesellschaften waren in einen Konzernabschluss einbezogen. Die G-GmbH sowie deren Tochtergesellschaften, auch die U-KG, nahmen an der Konzernrechnungslegung der Klägerin nicht teil.
In einer Gesellschafterversammlung der N-GmbH vom 27.12.2013 fasste diese u.a. die folgenden Beschlüsse:
„Aus dem Bilanzgewinn der N-GmbH soll ein Betrag in Höhe von Euro 9.741.115,13 an die G-GmbH ausgeschüttet werden. Als Tag der Auszahlung wird der 24.12.2014 bestimmt.
Dieser Beschluss ist aufschiebend bedingt auf die Eintragung der Änderung des § 16 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der N-GmbH dahingehend, dass in der Satzung geregelt wird, dass die Gesellschafter alljährlich auch über die Verteilung des Gewinns abweichend von der gesetzlichen Regelung aus § 29 Abs. 3 S. 1 GmbH-Gesetz beschließen können, im Handelsregister.
Zum Ausgleich des Nachteils i.H.v. Euro 9.513.822,45 aus dieser Ausschüttung an die G-GmbH erhalten die restlichen Gesellschafter bei Liquidation der Gesellschaft vorab einen Betrag / eine Quote – beschränkt auf den Liquidationserlös – wie folgt:
- • G-GmbH & Co. KG, 93,17 %, maximal Euro 8.864.414,77;
- • I-GmbH, 3,41 %, maximal Euro 324.703,84;
- • Frau Dr. N. H., 1,71 %, maximal Euro 162.351,92;
- • Frau D. C., 1,71 %, maximal Euro 162.351,92.
[…] Die G-GmbH wird ihren Anspruch gegenüber der N-GmbH aus diesem Gesellschafterbeschluss an die G-GmbH & Co Kommanditgesellschaft abtreten.
Entsprechend der Vorgehensweise der Vergangenheit sollen zum Ausschüttungsstichtag 24.12.2014 die Verbindlichkeiten der N-GmbH aus den vorgenannten Ausschüttungen mit bestehenden Ausleihungen der N-GmbH gegenüber der G-GmbH & Co Kommanditgesellschaft aufgerechnet werden.”
Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 verwiesen.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 17.3.2014 änderte die N-GmbH § 16 ihres Gesellschaftsvertrags (Jahresabschluss, Ergebnisverwendung) in der Weise, dass die Gesellschafter alljährlich auch über die Verteilung des Gewinns abweichend von der gesetzlichen Regelung des § 29 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG – beschließen konnten. Die Änderung wurde am 21.3.2014 im Handelsregister eingetragen.
Die G-GmbH wies in ihrem auf den 31.12.2013 aufgestellten Jahresabschluss Erträge aus Beteiligungen i.H.v. 9.741.115,13 € und außerordentliche Aufwendungen in Höhe von 8.244.879,76 € aus. Die Aufwendungen resultierten aus einer Forderungsabschreibung gegenüber der U-KG. Der Jahresabschluss der G-KG führte zu einem Jahresüberschuss von 582.461,59 €.
Die U-KG hatte bereits zum 31.12.2012 in ihrem Jahresabschluss einen nicht durch Vermögenseinlage gedeckten Verlustanteil...