Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1985
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 1985 vom 7. Mai 1993 und die Einspruchsentscheidung vom 27. März 1991 werden dahingehend geändert, daß die Einkommensteuer auf 49.646 DM festgesetzt wird.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 8/9, die beklagte Behörde zu 1/9 zu tragen.
Beschluß
Der Streitwert wird auf 29.482 DM festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob im Streitjahr 1985 eine Betriebsveräußerung bzw. Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 1 und 3 EStG vorliegt oder ob der erklärte Aufgabegewinn einkommensteuerlich als laufender Gewinn aus Gewerbebetrieb zu erfassen ist.
Die Kläger sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Im Betrieb der Klägerin, einer Bezirkshändlerin der Firma Tupperware Deutschland, D. GmbH, ist der Kläger als Verkaufsleiter beschäftigt. Ihre Bezirkshandlung betrieb die Klägerin von 1981 bis zum 21. Oktober des Streitjahres 1985 in B. Mit Zustimmung der Firma Tupperware Deutschland übertrug sie diese auf einen nachfolgenden Bezirkshändler. Gegen eine Entschädigung von 74.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer überließ sie ihm die Verträge der bisher für sie tätigen Gruppenberaterinnen und Beraterinnen. Unter Mitnahme ihres bisherigen Anlagevermögens und des Warenbestandes übernahm sie –ebenfalls mit Zustimmung der Firma Tupperware Deutschland– zum gleichen Zeitpunkt die Bezirkshandlung C. Gegen eine Entschädigung von 135.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer wurden auch ihr die Verträge der bisher für ihren Vorgänger tätigen Gruppenberaterinnen und Beraterinnen übertragen. Die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Firma Tupperware Deutschland beruhen auf dem „Bezirkshändler-Vertrag” vom 3. März 1981. Nach Art. 1 beauftragt die Gesellschaft „den Bezirkshändler mit dem Verkauf ihrer … Produkte. … Der Verkauf erfolgt im eigenen Namen des Bezirkshändlers und auf Rechnung der Gesellschaft (Kommissionsagentur).
Der Bezirkshändler darf nur an private Kunden über Beraterinnen verkaufen, die ihm unterstehen und die von ihm im eigenen Namen und auf eigene Rechnung bestellt wurden.”
Er darf „nur nach Maßgabe des Tupperware-Heimvorführungs-Vertriebssystems verkaufen, das für den Verkauf der Produkte ausgearbeitet ist.”
Nach Art. 3 verpflichtet sich die Firma Tupperware, „dem Bezirkshändler ihr … weltweit erworbenes spezifisches Vertriebs-Know-How zur Verfügung zu stellen” und ihn „anzuleiten und zu unterstützen (Tupperware Franchising).”
Im Gegenzug verpflichtete sich der Bezirkshändler, die Direktiven der Gesellschaft, wie sie im einzelnen in Art. 4 niedergelegt sind zu befolgen.
Schließlich sind die Beziehungen zwischen der Gesellschaft und dem Bezirkshändler in Art. 5 dahingehend geregelt, daß beide sich im Verhältnis „Kommittent-Kommissionsagent” gegenüberstehen. „Der Bezirkshändler hat in keinem Fall das Recht, namens der Gesellschaft zu handeln oder die Gesellschaft in irgendeiner Weise zu verpflichten.” Zudem bedarf der „Verkauf, die Abtretung oder die sonstige Übertragung von Rechten und Pflichten des Bezirkshändlers” der schriftlichen Zustimmung der Gesellschaft. Er erwirbt kein Eigentum an den ihm gelieferten Produkten, gestaltet aber „im übrigen seinen Geschäftsbetrieb als selbständiger Kaufmann unter Beachtung der Bestimmungen” des Vertrages. Dabei verpflichtet sich der Bezirkshändler nach Art. 6, „die Produkte nur zu den Preisen und Bedingungen zu verkaufen, wie sie in den jeweils gültigen Preislisten und Verkaufsbedingungen der Gesellschaft vorgeschrieben sind.” Für „jede zur Ausführung gelangte Bestellung” erhält er eine Gesamtvergütung, welche die persönliche Provision des Bezirkshändlers, „die Erstattung der obligatorischen Gruppenberaterinnen- und Beraterinnenvergütung” enthält und über die hinaus keine „Ansprüche auf eine sonstige Entschädigung oder Ersatz von Aufwendungen” zustehen. Letzteres gilt nach Art. 9 auch für den Fall der Beendigung des Vertrages.
Für den Veranlagungszeitraum 1985 erstellte die Klägerin zwei gesonderte Gewerbesteuererklärungen; eine für den „Betrieb” in B. die andere für den Betrieb in C.. Sie war nämlich der Auffassung, die Aufgabe der Bezirkshandlung B. stelle eine Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG dar, während die Übernahme der Bezirkshandlung C. die Eröffnung eines neuen Betriebes verkörpere. Auch in ihrer Einkommensteuererklärung gingen die Kläger von einer Betriebsaufgabe aus. Als Konsequenz lösten sie die gesamten stillen Reserven der vorhandenen Wirtschaftsgüter, auch derjenigen, die in den Betrieb in … überführt wurden, auf, wobei sie den Aufgabegewinn mit 88.630 DM erklärten. Darin ist die für die Bezirkshandlung B. erhaltene Entschädigung von 74.000 DM enthalten.
Der Erklärung folgend unterwarf das Finanzamt den Aufgabegewinn nach Abzug des Freibetrags gemäß § 16 Abs. 4 EStG dem sich aus § 34 EStG ergebenden ermäßigten Steuersatz.
Im Anschluß an eine Betriebsprüfun...