Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Mietzahlungen eines Ehegatten für eine Zweitwohnung im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung bei dem die doppelte Haushaltsführung begründenden anderen Ehegatten als eigene Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
1. Ob eine außerhalb des Beschäftigungsortes belegene Wohnung des Arbeitnehmers als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen anzusehen ist und deshalb seinen (Haupt-) Hausstand darstellt, ist nach ständiger Rechtsprechung anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. (vgl. BFH VI R 16/14 vom 8. 10. 2014).
2. Dies gilt auch dann, wenn beiderseits berufstätige Ehegatten/Lebenspartner/Lebensgefährten während der Woche am Beschäftigungsort zusammenleben (vgl. BFH VI B 80/14 vom 9. 2. 2015).
3. Die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft führt dazu, diese Kosten zwar beruflich veranlasster doppelter Haushaltsführung, aber dennoch allgemeiner Lebensführung der Familie, bei dem Ehegatten zu berücksichtigen, der aufgrund seiner Einkunftserzielung den doppelten Haushalt begründet, selbst wenn der andere Ehegatte die Mietkosten von seinem Konto überweist ohne einen Ausgleich zu verlangen.
Normenkette
EStG § 9
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind miteinander verheiratet und wurden im Streitjahr 2018 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide Kläger erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (Techniker und Bürotätigkeit), der Kläger erzielt zusätzlich gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Werkstatt in Stadt 1.
Die berufstätigen Eheleute unterhielten an ihrem jeweiligen Beschäftigungsort eine Wohnung und machten die Aufwendungen hierfür im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend. Der Kläger arbeitete in Stadt 2 und mietete in Stadt 3 ein möbliertes Zimmer an. Die Klägerin arbeitet seit 2011 in Stadt 4 und bewohnte zunächst mit der gemeinsamen Tochter C (geboren am xx.xx.2011) dort eine angemietete Dreizimmerwohnung mit 65 qm. Zum Ende des Streitjahres kauften die Kläger eine Eigentumswohnung in Stadt 4 (Vierzimmerwohnung mit ca. 111 qm), im Dezember 2018 erfolgte der Umzug der Klägerin und der schulpflichtigen Tochter in die Eigentumswohnung.
Die Eheleute verfügen über einen eigenen Hausstand in einem Zweifamilienhaus in Stadt 1 (Dachgeschosswohnung mit ca. 120 qm), den die Familie regelmäßig an den Wochenenden und in den Ferien aufsuchte. In dem Anwesen leben auch die Eltern des Klägers, der überwiegende Bekannten- und Freundeskreis beider Kläger hielt sich in Stadt 1 auf. Des Weiteren nutzte die Familie den Hausstand in Stadt 1 um deren Hobbies (Kochen und Wandern) nachzugehen.
Mit der eingereichten Einkommensteuererklärung machte die Klägerin u.a. Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von insgesamt 9.448,20 € wie folgt geltend:
- Wöchentliche Heimfahrten 52 x 67 km
- Unterkunftskosten 7.800 €
- Afa 603 €
Im Einkommensteuerbescheid 2018 vom 28.11.2019 wurden Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung nur in Höhe von 4.725 € (entspricht aufgerundet 50% der geltend gemachten Kosten) als Werbungskosten anerkannt und die Einkommensteuer auf 30.042 € festgesetzt.
Hiergegen wurde mit Schreiben des steuerlichen Vertreters vom 16.12.2019 Einspruch eingelegt, der sich gegen die nicht vollständige Berücksichtigung der Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung richtete.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich der Lebensmittelpunkt seit 2010 weiterhin in Stadt 1 (Straße 1) befände. Die berufstätigen Eheleute unterhielten jeweils am Beschäftigungsort eine Wohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung. An fast jedem Wochenende käme die Familie am Familienwohnsitz zusammen, von dort aus würden auch die sozialen Kontakte gepflegt.
Der im November 2018 erfolgte Kauf der Wohnung in Stadt 4 sei hingegen als Kapitalanlage (Kaufpreis 415.000 €; 3.738 € / qm) zu sehen. Die Klägerin habe mit der Tochter C in einer angemieteten Wohnung in Stadt 4 gewohnt, Mitte Dezember 2018 sei die 111 qm große Eigentumswohnung mit einer kleinen Dachterrasse bezogen worden. Die im Jahr 2014 renovierte Wohnung in Stadt 1 sei mit 120 qm größer und verfüge zudem über einen großen Balkon und einen großen Garten. Der Jahresstromverbrauch von 1.688 kwh zeige, dass in der Familienwohnung ein nicht nur untergeordnetes Zusammenleben stattfände (Durchschnittswert einer 3 - köpfigen Familie 3.100 kwh pro Jahr). Die Kläger würden alle anfallenden Gebäudeversicherungen und Telefonkosten tragen, hierzu habe der Kläger an seine dort lebenden Eltern einen mtl. Pauschalbetrag von 200 € entrichtet. Für die anfallenden Renovierungen hätten die Kläger jeweils einen höheren Kredit aufgenommen, dies verdeutliche den Stellenwert des Familienwohnsitzes. Das Anwesen sei 2019 an den Kläger übergeben worden.
Das Wohnhaus sei mit Holz beheizt worden, aufgrund des hohen Alters der Eltern bzw. aufgrund des Gesundheits...