Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitgebereigenschaft einer inländischen Tochtergesellschaft bei Arbeitnehmerüberlassung durch ausländische Muttergesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

In Fällen, in denen eine ausländische Muttergesellschaft ihrer inländischen Tochtergesellschaft Arbeitnehmer überlässt, wobei Arbeitsverträge nur zwischen der Muttergesellschaft und den Arbeitnehmern bestehen, ist die inländische Tochtergesellschaft nicht Arbeitgeberin im Sinne des Lohnsteuerrechts, wenn die Lohnzahlungen nicht auf ihren Namen und ihre Rechnung erfolgen.

 

Normenkette

EStG § 49 Abs. 1 Nr. 4, § 38 Abs. 1 S. 1, § 42d Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 17.05.2004; Aktenzeichen VI B 65/01)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids über Lohnsteuer.

1. Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der Firma … GmbH, einer inländischen Kapitalgesellschaft, deren alleinige Gesellschafterin in den Jahren 1988 ff. eine Schweizer AG war. Mit notariellem Vertrag vom 13.09.1988 wurde Herr …, mit Wohnsitz in … in der Schweiz, der bereits für die Schweizer AG als Geschäftsführer tätig war, zum alleinigen Geschäftsführer bestellt.

2. lm Rahmen einer von November 1992 bis Februar 1993 durchgeführten Lohnsteuer-Prüfung traf der Prüfer u.a. folgende Feststellungen:

Die Schweizer AG hatte mit Rechnung vom 23. Januar 1989 der Rechtsvorgängerin der Klägerin für erbrachte Dienstleistungen in der Zeit vom September 1988 bis Dezember 1988 eine Lohnsumme i. H. v. SFr. 34.624,40 in Rechnung gestellt. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte den entsprechenden Betrag von 38.780 DM (Buchung: Gehalt für Herrn …) an die AG überwiesen. Lohnsteuer hatte sie nicht einbehalten.

Der Prüfer vertrat insoweit unter Hinweis auf den Beschluß des BFH vom 15.11.1971 GrS 1/71 (BStBl. II 1972, 68) die Auffassung, daß der Geschäftsführer … trotz seines Wohnsitzes in der Schweiz seine Tätigkeit für die Rechtsvorgängerin der Klägerin an deren. Sitz, d.h. im Inland ausgeübt habe, weshalb es sich bei der von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gezahlten Vergütung um beschränkt steuerpflichtige inländische Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG handele. Er ermittelte insoweit eine nachzuzahlende Lohnsteuer von 14.055 DM, für die die Rechtsvorgängerin der Klägerin hafte (vgl. Tz. 1 des Prüfungsberichts vom 13.09.1993).

3. Mit Bescheid vom 05.01.1994 wurde die Klägerin für diesen Betrag unter Hinweis auf den Prüfungsbericht sowie § 42d EStG in Haftung genommen. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den sie im wesentlichen wie folgt begründete: Herr … habe die Geschäftsführung der Gesellschaft nur im Auftrag ihrer Gesellschafter, d.h. der Schweizer AG wahrgenommen. Von dieser habe er auch seine Vergütung für seine gesamte Geschäftsführertätigkeit erhalten. Sie selbst bzw. ihre Rechtsvorgängerin habe Herrn … niemals entlohnt, vielmehr habe sie nur den Betrag an ihre Schweizer Muttergesellschaft gezahlt, den diese ihr für die anteiligen Geschäftsführungskosten in Rechnung gestellt habe. Eine Lohnsteuer könne unter diesen Umständen nicht anfallen.

Der Rechtsbehelf blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung ist u.a. folgendes ausgeführt:

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hafte gem. § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG für die Lohnsteuer, die sie gem. § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG einzubehalten und abzuführen habe. Dazu gehöre auch die Lohnsteuer auf das Geschäftsführer-Gehalt, das auf die für die Klägerin geleistete Tätigkeit entfalle. Insoweit sei die Rechtsvorgängerin der Klägerin Arbeitgeberin des Geschäftsführers gewesen, mit dem ein Dienstverhältnis i.S.d. § 1 Abs. 2 Lohnsteuer-Durchführungsverordnung -LStDV- bestanden habe. Dafür spreche, daß der Geschäftsführer schon aufgrund seiner Stellung als Organ der Rechtsvorgängerin der Klägerin in deren geschäftlichen Organismus eingebunden gewesen sei. Zudem sei er auch nach dem Gesellschaftsvertrag an die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gebunden gewesen. Somit sei eine gesonderte Anstellung des Geschäftsführers bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin wohl nur aus abrechnungstechnischen Gründen unterblieben. Da auch in dem DBA-Schweiz eine Besteuerung der anteiligen Geschäftsführerbezüge des Herrn … im Inland zugelassen sei, hätte die für seine Tätigkeit gezahlte Vergütung dem Lohnsteuerabzug unterworfen werden müssen. Da die Nachforderung beim Arbeitnehmer nicht möglich sei, sei die Inanspruchnahme der Rechtsvorgängerin der Klägerin als Arbeitgeberin gern. § 42d Abs. 1 Satz 1 EStG ermessensfehlerfrei.

4. Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben, die sie im wesentlichen wie folgt begründet hat:

Herr … habe nur in einem Arbeitsverhältnis zu der Schweizer AG gestanden. Die Bestellung zum Geschäftsführer ihrer Rechtsvorgängerin durch die AG habe daran nichts geändert, weil es nicht zum Abschluß eines Dienstvertrags zwischen Herrn ... und der GmbH gekommen sei. Der Umstand, daß Herr ... als Geschäftsführer Organ der GmbH geworden sei, ändere daran nichts.. Als Geschäftsführer habe er ...

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