Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Abzugsfähigkeit von bei der Krankenkasse nicht geltend gemachten Kosten
Leitsatz (amtlich)
Krankheitskosten sind dann nicht steuerlich abzugsfähig, wenn und soweit der Steuerpflichtige auf ihre Geltendmachung bei der Krankenkasse verzichtet, um sich den Beitragsrückerstattungsanspruch zu sichern.
Normenkette
EStG § 33
Gründe
I.
Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Krankheitskosten, die zur Wahrung des Beitragsrückerstattungsanspruches bei der Krankenversicherung nicht geltend gemacht wurden.
Die Antragsteller werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Mit Einkommensteuererklärung für 2009 machten sie in einer nach "Arztrechnungen" und "Medikamente" unterteilten "Zusammenstellung Rechnungen" (Bl. 3 ESt-Akten 2009) aufgeführte Krankheitskosten in Höhe von 4.919,00 € als außergewöhnliche Belastung zu geltend. Die Frage nach erhaltenen oder zu erwartenden Versicherungsleistungen beantworteten sie mit "0".
In dem Einkommensteuerbescheid 2009 vom 2. Mai 2011 blieben diese Aufwendungen unberücksichtigt, da außergewöhnliche Belastungen nur vorlägen, soweit die angefallenen Kosten nicht durch Ersatzleistungen Dritter, z.B. einer Krankenkasse, gedeckt seien bzw., soweit es sich um außergewöhnliche Belastungen des Vorjahres handele, diese nicht im Streitjahr abgezogen werden könnten.
Mit hiergegen fristgerecht eingelegtem Einspruch, mit dem sie zugleich Aussetzung der Vollziehung beantragten, wendeten die Antragsteller ein, von dem geltend gemachten Betrag entfielen lediglich 46,11 € auf den Veranlagungszeitraum 2008. Im Übrigen sei nicht erkennbar, warum ein Vorgang, der erst im Streitjahr abgeschlossen gewesen sei, in den Kosten für das Vorjahr zu erfassen sein solle.
Das Finanzamt bat die Antragsteller daraufhin um die Vorlage von Nachweisen dazu, dass keine Erstattungen seitens der Versicherung getätigt worden seien. Daran bestünden Zweifel, weil aus den für das Vorjahr vorliegenden Unterlagen hervorgehe, dass dort die Kosten in der Regel zu 100 % bzw. zu 80 % ersetzt worden seien.
Das Finanzamt wies hierzu darauf hin, dass die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen und damit eine steuerliche Berücksichtigung entfalle, wenn bestehende Ersatzansprüche nicht geltend gemacht würden.
Außerdem lehnte es unter dem 11. Mai 2011 den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab, da nach dem momentanen Stand der Sachlage nicht ausgeschlossen werden könne, dass Ersatzleistungen Dritter erfolgt seien, und daher keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung bestünden.
Die Antragsteller hielten dem entgegen, bis einschließlich des Veranlagungszeitraumes 2008 seien die Krankenversicherungsbeiträge im Rahmen der Höchstbeträge voll absetzbar gewesen, während Beitragsrückerstattungen oder Kostenerstattungen abzusetzen gewesen seien. Nur der überschießende Teil sei im Rahmen des § 33 EStG absetzbar gewesen. Diese Systematik habe der Gesetzgeber ab dem Veranlagungszeitraum 2009 aufgegeben. Die Krankenversicherungsbeitragsanteile seien nunmehr in unbegrenzter Höhe absetzbar. Der Gesetzgeber habe aber sodann die Beitragsrückerstattungen aus dem §§ 33 EStG herausgenommen und den Sonderausgaben zugeordnet. Die wirtschaftliche Konsequenz hieraus sei, dass die steuererhöhende Wirkung der Beitragsrückerstattungen bereits ab dem 1,00 € eintrete, während die Krankheitskosten erst nach Abzug der zumutbaren Belastung steuersenkend wirkten. Sachlogisch folge hieraus, dass Krankheitskosten dann nicht zu berücksichtigen seien, wenn der Steuerpflichtige überhaupt nicht krankenversichert sei oder zwar krankenversichert sei, die Rechnungen aber nicht einreiche, obwohl er keine Beitragsrückerstattungen in entsprechender Höhe zu erwarten habe. Im Streitfall ergebe die Gegenüberstellung der Erstattungsleistungen im Falle der Einreichung mit denen im Falle der Nichteinreichung der Rechnung bei gleichzeitiger steuerschädlicher Beitragsrückerstattung, dass es sowohl für den Fiskus als auch für die Antragsteller vorteilhafter sei, die Arztrechnungen nicht einzureichen.
Die Antragsteller erweiterten außerdem ihren Einspruch dahin, dass sie nunmehr Kosten für eine Pkw-Haftpflichtversicherung in Höhe von 586,34 € als Sonderausgaben angesetzt wissen wollten.
Darüber hinaus meinten sie, das Versagen der Aussetzung der Vollziehung sei ermessensfehlerhaft und damit nichtig. (Wegen der hierzu gemachten Ausführungen und der weiteren Einlassungen sowie den zur Einspruchsbegründung eingereichten Unterlagen wird auf den auf den 05. Mai 2011 datierenden Schriftsatz der Antragsteller und dessen Anlagen verwiesen, Bl. 12 ff. Rb-Akten.)
Mit Schreiben vom 20. Juni 2011 erläuterte das Finanzamt den Antragstellern die Rechtslage dahin, dass Krankheitskosten eines Steuerpflichtigen nur dann zwangsläufig erwüchsen, wenn er sich ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen könne. Würden Aufwendungen später von dritter Seite ersetzt, fehle es nach den Grundsätzen der sog. Vorteilsanrechnung an einer endgültigen Belastung, ...