Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückstellungen eines Versicherungsvertreters für die Nachbetreuung von Versicherungsverträgen, für die keine Folgeprovisionen gezahlt werden
Leitsatz (amtlich)
Eine Klausel, mit der der Versicherungsvertreter „im Rahmen seiner Möglichkeiten” laufend Kontakt mit den Versicherungsnehmern zu pflegen und sie zu beraten hat mit dem Ziel, dass der Kunde stets umfassend versichert ist und bleibt, ist zu unbestimmt, um eine Rechtspflicht des Vertreters zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen ohne Folgeprovisionen zu begründen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 5; HGB § 249
Nachgehend
Tatbestand
Streitig sind Rückstellungen eines Versicherungsvertreters wegen Erfüllungsrückstands aufgrund der Verpflichtung zur Pflege von Versicherungsverträgen, für die nur Abschlussprovisionen erzielt wurden.
Die Sache befindet sich im 2. Rechtsgang.
Der Kläger ist selbstständiger Versicherungskaufmann. Er ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG.
Seine Tätigkeit für die A Versicherungs-AG basiert auf dem Vertretungsvertrag vom 26.02.2001/01.03.2001 (Bl. 109 – 118 Akte 6 K 2288/11). Nach diesem Vertrag sind Folgeprovisionen nur für Sachversicherungen vereinbart.
Es wurde die Anwendung der allgemeinen Vertragsbestimmungen für hauptberufliche Vertreter und der allgemeinen Provisionsbestimmungen (Bl. 269 – 275 Akte 6 K 2289/11 im Folgenden Prozessakte -PA-) vereinbart.
Ziffer 100 der allgemeinen Vertragsbestimmungen lautet:
„Um die bestehenden Versicherungen zu erhalten, pflegt der Vertreter im Rahmen seiner Möglichkeiten laufend Kontakt mit den Versicherungsnehmern, berät sie aus eigener Initiative oder auf deren Wunsch. Ziel ist es dabei immer, dass der Kunde umfassend versichert ist und bleibt.”
Mit der Nachbetreuung von Versicherungsverträgen sind drei Mitarbeiter des Klägers betraut.
Lt. Steuererklärung betrug der Verlust des Klägers im Streitjahr 2005 126.281 €. Gewinn mindernd hatte er eine Rückstellung in Höhe von 284.609 € für die Kosten der Betreuung von Lebens- und Unfallversicherungsverträgen gebildet (Berechnung Bl. 29 PA). Dabei setzte der Kläger einen Nachbetreuungsaufwand von 2 Stunden je Wirtschaftsjahr und Vertrag an.
Der Beklagte berücksichtigte die Rückstellung nicht und legte dem Einkommensteuerbescheid 2005 einen Gewinn in Höhe von 158.328 € zugrunde.
Der Kläger legte gegen die Einkommensteuerfestsetzung Einspruch ein und berief sich auf das Urteil des BFH vom 28.07.2004 – XI R 63/03 (BStBl II 2006, 866), wonach der Versicherungsvertreter eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstandes zu bilden habe, wenn er vom Versicherungsunternehmen die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch die weitere Betreuung des Versicherungsvertrages erhalten habe.
Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als der Beklagte eine Gewerbesteuerrückstellung berücksichtigte. Im Übrigen wurde der Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22.03.2007 als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger im ersten Rechtsgang vor, die Bildung der Rückstellung sei nach der Rechtsprechung des BFH berechtigt. Der Nichtanwendungserlass des BMF negiere lediglich die Wesentlichkeit des Nachbetreuungsaufwands ohne konkrete Feststellungen hierzu.
Den Betreuungsaufwand habe die A in einem Rundschreiben mit 2 Stunden angegeben. Diesen Wert habe der Kläger deshalb ansetzen dürfen. Er habe eine Aufstellung gefertigt, in der stichprobenartig der Aufwand pro Vertrag erfasst sei; hieraus habe sich eine Bearbeitungszeit pro Vertrag von 112 Minuten ergeben. Der Aufstellung lägen Aufzeichnungen in der Zeit vom 01.01.2007 bis 31.05.2007 zugrunde, die repräsentativ für das Streitjahr seien. Fahrtkosten seien in der Aufstellung noch nicht enthalten. Die Werte lägen künftig erwartungsgemäß eher noch höher, wenn eine Umstellung der gezillmerten Verträge vorgenommen werden müsse.
Folgende Arbeiten habe er im Rahmen der Nachbetreuung zu erledigen:
- Arbeitgeberwechsel/Versicherungsnehmerwechsel, ggf. Fahrt zum neuen Arbeitgeber
- Namensänderung
- Bezugsrechtsänderung
- Policendarlehen und Rückführung
- Kontoänderungen
- Veränderung der Zahlungsweise
- Reduzierung der Versicherungssumme / des Beitrages
- Todesfall
- Berechnung der Ablaufsumme / des Rückkaufwertes
- Auskünfte über veränderte Überschussbeteiligung und Erklärung warum
- Auswirkungen auf die Vermögensplanung
- Auswirkung auf die Finanzierung
- Nachversicherung
- Aufbereitung für Bürgschaften
- Rentenberechnungen
- Änderungen im Zuge der dynamischen Anpassung
- Abwicklung bei Berufsunfähigkeit, ggf. mit Fahrt zum Arzt, zur A, zum Kunden
- Kündigung/Abwehr
- Trennungen
- Auswirkungen auf die Pensionszusage etc.
- Sonstiges (z.B. Fahrzeiten, Aufbereitung für Rentenberechnungen, Auswirkung geänderte staatliche Berufsunfähigkeits-, bzw. Invalidenrente, Auswirkung auf die Berufsunfähigkeit/Versorgung, verschiedene sonstige Fragen)
Er legte ein Schreiben der A vom 05.10.2005 (...