Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anrechnung von Ausbildungsbeihilfen beim Ausbildungsfreibetrag
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Berechnung des Ausbildungsfreibetrages sind Ausbildungsbeihilfen aus dem „Erasmus/Sokrates-Programm der Europäischen Union zur Förderung der Studentenmobilität innerhalb der EU“ anrechenbare Bezüge.
Normenkette
EStG § 33a Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 33 a Abs. 2 S. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Ausbildungsbeihilfen aus dem „Erasmus/Sokrates-Programm der Europäischen Union zur Förderung der Studentenmobilität innerhalb der EU“ bei der Gewährung eines Ausbildungsfreibetrages anzurechnen sind.
Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Für ihre am 27. 1. 1973 geborene Tochter T. beantragten sie in ihrer Einkommensteuererklärung 1995 einen Ausbildungsfreibetrag bei auswärtiger Unterbringung in K. (1. 1. - 30. 8. 1995) und in Irland (S. - 1. 9. - 31. 12. 1995). Die Einnahmen der Tochter wurden angegeben mit Einkünften lt. vorgelegter Lohnsteuerkarte, welche von den Klägern mit 5.507 DM angegeben wurden und 2.000,00 DM Auslandszuschlag Erasmus-Programm.
Die Fachhochschule K. bestätigte mit Schreiben vom 15. 9. 1995 die Teilnahme von Frau T. an einem Austauschprogramm mit der irischen Partnerhochschule S. im Rahmen des ERASMUS/SOKRATES-Programms der EU.
Im Einkommensteuerbescheid 1995 vom 9. April 1997 gewährte das Finanzamt den Klägern einen Ausbildungsfreibetrag für ihre Tochter in Höhe von 1.969,00 DM.
Der wegen des Ausbildungsfreibetrages eingelegte Einspruch war teilweise erfolgreich. Der Ausbildungsfreibetrag wurde in der Einspruchsentscheidung vom 14. 7. 1998 in Höhe von 2.713 DM berücksichtigt und wie folgt berechnet:
Ausbildungsfreibetrag maximal |
4.200 DM |
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Bruttolohn lt. LSt-Karte |
5.847,-- DM |
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abzgl. AN-Freibetrag |
./. 2.000,-- DM |
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abzgl. Freibetrag § 33a |
./. 3.600,-- DM |
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Zwischensumme |
247,-- DM |
./. 247,-- DM |
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Verminderter Ausbildungsfreibetrag |
3.953,-- DM |
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davon 01-08/95 (8/12) |
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2.635 DM |
2.635 DM |
davon 09-12/95 (4/12) |
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1.318 DM |
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abzgl. Stipendium (Erasmus) |
1.600 DM |
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abzgl. Unkosten pauschal |
./. 360 DM |
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1.240 DM |
./. 1.240 DM |
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78 DM |
78 DM |
Summe Ausbildungsfreibetrag |
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2.713 DM |
Im Einspruchsverfahren wurde der Zuwendungsbescheid der FH K. über die Auslandsbeihilfe vorgelegt. Die Auslandsstudienbeihilfe nach dem ERASMUS /SOKRATES-Programm der EU dient danach als Zuschuß zu den auslandsbedingten Mehraufwendungen. Bei der Zuschussgewährung wurde davon ausgegangen, dass die Tochter keine Bafög-Leistungen in dem Zuwendungszeitraum erhält. Nach dem Zuwendungsbescheid ist der Zuschußempfänger verpflichtet, die Beihilfe ausschließlich zur Deckung von Kosten zu verwenden, die im Rahmen des Auslandsstudienaufenthalts entstehen.
Ferner reichten die Kläger eine Auskunft des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) mit Datum vom 29. 9. 1997 ein, worin auf den Zweck der Beihilfe hingewiesen wurde, den auslandsbedingten Mehrbedarf abzudekken, was sich mit einer Anrechnung im Rahmen des steuerlichen Ausbildungsfreibetrages nicht vertragen würde.
Gegen die Verwaltungsentscheidungen wurde am 10. August 1998 Klage erhoben mit dem Ziel, die Auslandsbeihilfe bei der Berechnung des Ausbildungsfreibetrages unberücksichtigt zu lassen.
Auf eine Anfrage an die FH K. antwortete deren akademisches Auslandsamt mit Schreiben vom 28. 5. 1999, dass die Mittel des ERASMUS/SOKRATES- Programms von den akademischen Auslandsämtern der jeweiligen Hochschulen selbst verwaltet würden. Die EU-Mittel würden über den DAAD an die einzelnen Hochschulen verteilt mit entsprechender Verpflichtung zur Rechenschaftslegung. Die Förderhöhe betrage maximal 400 DM pro Monat, sei aber abhängig von den verfügbaren Mitteln und der Anzahl der teilnehmenden Studenten. Soweit ein Student Anspruch auf Leistungen nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG) habe, müßte prinzipiell zunächst Auslands-BAföG beantragt werden. In diesen Fällen würde in Absprache zwischen DAAD und Landesbafögämtern nur noch eine Pauschale von 100 DM pro Monat aus dem Erasmus-Programm gezahlt.
Im Gegensatz zu den anzurechnenden Leistungen aufgrund des Bundesausbildungsförderungsgesetzes handele es sich bei den Zuschüssen nach dem ERASMUS/SOKRATES Programm der EU nicht um Mittel zur Bestreitung des üblichen Unterhalts, sondern um zweckgebundene Bezüge zur Deckung der auslandsbedingten Mehrkosten wie Hin- und Rückreise, Umzugskosten, Studiengebühren. Bei Auslands-BAföG würden diese Kosten getrennt erstattet und seien damit nicht steuerschädlich. In den Genuß von normalen BAföG-Leistungen könnten auch im Ausland Studierende kommen, die im Inland aufgrund des Familieneinkommens nicht BAföG berechtigt seien.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 9. April 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. 7. 1998 dahin zu ändern, dass ein Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 3.953 DM berücksichtigt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA trägt vor, es handele sich um eine Ausbildung...