Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Abgrenzung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Erhaltungsaufwendungen
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen sind dann nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sofort abziehbar, wenn Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorliegen. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der Absetzungen für Abnutzung zu berücksichtigen.
Aufwendungen für den Abriss und den Wiederaufbau eines Gebäudes oder eines wesentlichen Gebäudeteils sind den Herstellungskosten zuzuordnen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1; HGB § 255 Abs. 1, 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (V und V).
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger bezog im Streitjahr 1999 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben war er als Diplomingenieur selbständig tätig. Des Weiteren erzielte er Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Klägerin war als kaufmännische Angestellte nichtselbständig tätig. Aus der Vermietung u.a. des Anwesens T-Straße in F (Landkreis F) erzielte sie Einkünfte aus V und V.
Dieses Gebäude haben die Urgroßeltern des Klägers im Jahre 1908 errichtet. 1977 haben es seine Eltern unentgeltlich auf ihn übertragen. 1996 übertrug der Kläger das Gebäude im Rahmen einer Schenkung auf die Klägerin. Das Gebäude enthielt ursprünglich zwei Wohnungen und Wirtschaftsräume (Stall und Scheune). Im Jahre 1974 wurde das Gebäude umgebaut. Dabei wurden die in dem nördlichen Teil des Anwesens belegenen ehemaligen Wirtschaftsräume im Erdgeschoss (EG) in eine Garage mit Werkstatt, Abstellraum und Treppenaufgang und im Obergeschoss (OG) in eine dritte Wohnung umgebaut. Im Jahr 1999 führte die Klägerin eine größere Baumaßnahme durch. Vom Kreisbauamt des Landkreises F war ihr am 19.03.1999 eine Baugenehmigung für ein Bauvorhaben "Wohnhausumbau" (Bl. 318 Außenprüfungsakten - AA -) erteilt worden. Erläuternd heißt es in einem Schreiben des Landkreises F an den Beklagten vom 12.11.2003 (Bl. 317 AA), es handele sich um einen Teilabbruch sowie Neu- und Umbau eines bestehenden Gebäudes. Die Baumaßnahme sei nach der Hessischen Bauordnung genehmigungspflichtig. Bereits zuvor hatte der Architekt S. im Auftrag der Klägerin eine Bestandsaufnahme bzw. Begutachtung des Wohnhauses vorgenommen. In einer Stellungnahme des S. vom 21.12.1998 heißt es hierzu (Bl. 232 AA):
"... Nach den von Ihnen mir überlassenen Unterlagen ist das Anwesen im Jahre 1908 erbaut worden. Das Objekt war für den damaligen Zeitpunkt wegen der vorhandenen Ausstattung und Bauweise gehobener Standard. In den folgenden Jahren sind kontinuierlich Reparatur- und Verschönerungsarbeiten durchgeführt worden. Im Jahre 1974 wurde nach der Übergabe des Hauses von Ihren Eltern an Sie eine grundlegende Renovierung, wie Erneuerung der Bäder, Fenster und Türen sowie Fußböden usw. auf gehobenen Standard durchgeführt. Die jetzige Bausubstanz stellt sich wie folgt dar: Alle Grundmauern, Dächer (Dachstuhl u. Ziegel), die meisten Zimmerwände, Sanitärstromleitungen sind ca. 100 Jahre alt und in einem altersentsprechenden und renovierungsbedürftigen Zustand. Die Außenwände, sowie die Grundmauern im Bereich der ehemaligen Scheune und Stallungen sind durch Grundwasser und Feuchtigkeitsbildung in einem sichtbar schlechten Zustand. Die Fenster sind verschlissen, die Ziegel undicht, die Hausfassade aus Eternitplatten ist nicht reparabel. Das unter der Hausfassade liegende Fachwerk weist an vielen Stellen Fäulnisbildung auf und muss ersetzt werden. Die Erfahrung bei derartig alten Häusern zeigt, dass erst bei den Renovierungsarbeiten weitere zusätzliche Schäden sichtbar werden, die ich in dieser Kurzbegutachtung nicht berücksichtigen kann. ... Ihre Frage bezüglich der Gesamtrenovierungskosten ist zum jetzigen Zeitpunkt und wegen den noch zu erwartenden verdeckten Mängel nur schwer zu beantworten ..."
Das ursprüngliche Gebäude erstreckte sich über eine (Front-) Länge von 23,20 m. Hiervon wurde im Rahmen der Baumaßnahme 1999 eine Teilfläche des nördlichen Gebäudeteils abgerissen. Der südliche Teil des Gebäudes mit einer Länge von 14,61 m, in dem sich im EG und OG je eine Wohnung befinden, blieb bestehen. Durch die Baumaßnahme wurde das Gebäude insgesamt um 1,34 m verkürzt und verfügt nunmehr über eine Gesamtlänge von 21,86 m. Der nördliche Gebäudeteil hat nunmehr eine Frontlänge von 7,25 m. In diesem Teil des Hauses befindet sich im EG eine Doppelgarage und im OG eine Wohnung, die gegenüber der zuvor vorhandenen Wohnung um ein Zimmer (jetzt Küche) aus der 2. Wohnung im OG des Gebäudes sowie um eine zuvor nicht vorhandene Dachgaube erweitert ist. Der Zugang zu der Wohnung im OG (rechts) befindet sich nunmehr im Treppenhaus des südlichen Gebäudeteils. Die gesamten Baukosten (Planung, Statik, Vermessung, Genehmigu...