Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsanspruch verauslagte Pfandgelder und Bilanzierung einer Forderung
Leitsatz (amtlich)
Für Leergut, das sich am Bilanzstichtag noch beim Kunden befindet, ist in der Bilanz des Getränkehändlers eine Forderung „verauslagte Pfandgelder“ gegenüber dem Abfüller/der Brauerei nicht auszuweisen.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz; BGB §§ 1223, 1252
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin einen „Erstattungsanspruch verauslagte Pfandgelder“ bilanzieren muss.
Die Klägerin wurde mit notariellem Vertrag vom 4. Februar 1997 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist der Groß- und Einzelhandel mit alkoholischen und alkoholfreien Getränken und sonstigen Artikeln der Nahrungs- und Genussmittelindustrie, sowie Anpachtungen von Gaststätten und alle artverwandten Geschäfte. Die Klägerin verfügt nach den Angaben ihres Prozessbevollmächtigten über vier Getränkeabholmärkte.
Im Jahr 2001 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 1997 bis 1999 statt. Dabei stellte sich der Prüfer auf den Standpunkt, dass für den Anspruch gegen den Getränkehersteller auf die Rückerstattung des an ihn verauslagten Pfandgeldes eine Forderung auszuweisen sei. Die Höhe dieser Forderung richte sich nach der Rückstellung, die die Klägerin für die an ihre Kunden zurückzuzahlenden Pfandgelder gebildet habe. Dem Händler stehe für die an den Abfüller verauslagten Pfandgelder ein hinreichend konkretisierter Anspruch auf Rückerstattung zu; dieser Anspruch sei zu aktivieren.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den geänderten Bericht über die Außenprüfung vom 2. Januar 2002, insbesondere die Tnr. 1.04, Bl. 70 ff. Bp-Berichtsakten, verwiesen.
Der Beklagte erließ den Prüfungsfeststellungen folgend am 21. März 2002 für die Jahre 1998 und 1999 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Steuerbescheide. Für das Jahr 2000 ergingen am 4. April 2002 entsprechende Steuerbescheide.
Gegen sämtliche Bescheide hat die Klägerin Einspruch eingelegt, den sie im Wesentlichen damit begründet, dass eine Forderung auf Erstattung von Pfandgeldern zum jeweiligen Bilanzstichtag nicht zu erfassen sei. Nach den Vereinbarungen zwischen Getränkefachgroßhändler und dem jeweiligen einzelnen Abfüller, auf den abzustellen sei, sei Voraussetzung für die Erstattung des Pfandgeldes die Rückführung des Leergutes in ordnungsgemäßem Zustand an den Brauer oder Brunnen. Dies bedeute, dass vertraglich keinesfalls schon im Zeitpunkt der Zahlung der Rechnung des Brauers oder des Brunnens und damit der Zahlung des Pfandgeldes der Getränkefachgroßhändler gegenüber seinem Lieferanten einen Anspruch auf Rückerstattung des verauslagten Pfandgeldes habe. Es sei nach vertraglichen Grundsätzen vielmehr eine unabdingbare Voraussetzung, dass das Leergut körperlich an den Getränkefachgroßhändler zurückgekommen sei und von diesem an den Lieferanten ordnungsgemäß auf dessen Hof oder Lager zurückgeführt worden sei. Des Weiteren sei erforderlich, dass der Lieferant die Rückgabe des Leergutes als ordnungsgemäße Rücklieferung anerkenne.
Mit der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2003 hat das beklagte Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen: Bilanzsteuerlich erwerbe ein Getränkehändler, der von einem Abfüller Getränke mit der Verpflichtung erhalte, die mitgelieferten Behältnisse (Flaschen und Kisten) zurückzugeben, an diesen Behältnissen kein Eigentum. Dieses verbleibe beim Abfüller. Aus diesen Gründen könne das Pfandleergut auch nicht als Teil des Warenvorrates behandelt werden. Dem Getränkehändler stehe für die an den Abfüller verauslagten Pfandgelder eine Forderung auf Rückerstattung zu. Diese sei im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 9. Februar 1978, BStBl II 1978, Seite 370, zu aktivieren. Im Zeitpunkt der Verauslagung, d.h. der Zahlung sei der Anspruch des Händlers gegen den Abfüller entstanden. Es sei von Seiten des Händlers auf jeden einzelnen Vertragspartner abzustellen und der Zeitpunkt der Zahlung der Pfandgelder festzuhalten. Sei das Pfandgeld verauslagt, sei die Forderung auf Rückerstattung ausreichend konkret. Ein Verstoß gegen das Vorsichtsprinzip in der Form des Realisationsprinzips nach § 254 Abs. 1 Nr. 4 HGB liege nicht vor. Durch die Konkretisierung „Zahlung“ sei der Vermögensanspruch wirtschaftlich nutzbar und stelle einen realisierbaren Vermögenswert dar.
Mit dagegen erhobener Klage verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren weiter. Sie trägt im Wesentlichen vor, dass zwischen den Geschäftsbeziehungen zu den Abfüllern einerseits und ihren Kunden andererseits zu unterscheiden sei. Des Weiteren seien zwei verschiedene Warenströme zu unterscheiden, einmal der Warenstrom des Vollgutes mit dem Ablauf Abfüller zum Getränkefachhändler zum Endkunden und zum anderen den Warenstrom des Leergutes mit dem Ablauf Endkunde zum Getränkefachhändler und dann zum Abfüller.
Der Warenstrom des Vollgutes und dessen steuerliche Behandlung...