Rz. 1
Besteht der Erwerb in einer Rente oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen (z. B. Nießbrauch), so gewährt § 23 Abs. 1 ErbStG dem Erwerber ein Wahlrecht hinsichtlich der Steuerentrichtung: Der Erwerber kann die nach dem Kapitalwert dieser Erwerbe zu berechnende Steuer entweder sofort entrichten, er kann aber auch eine jährliche Versteuerung wählen. Letztere mildert die finanziellen Auswirkungen der sofortigen Steuerentrichtung. Diese kann für den Erwerber dann zu einer Härte führen, wenn sich unter Berücksichtigung des Kapitalwerts eine hohe Steuer ergibt, für deren sofortige Begleichung die liquiden Mittel fehlen. Mit der jährlich im Voraus zu zahlenden Steuer nach dem Jahreswert kann der Erwerber die Steuer in gleichen Schritten den vereinnahmten wiederkehrenden Jahresleistungen entnehmen. In der Sache eröffnet § 23 ErbStG dem Steuerschuldner eine neue Zahlungsmodalität. Zugleich modifiziert § 23 ErbStG aber die Steuerberechnung, wenn der Erwerb abweichend von §§ 13 ff. BewG nicht mit seinem über die volle Laufzeit kapitalisierten Wert, sondern nur mit seinem Jahreswert angesetzt wird, auf den jedoch der Steuersatz für den gesamten Erwerb zur Anwendung kommt. Für den Steuerschuldner dürfte vor allem der wirtschaftliche Effekt gleich einer Stundung im Vordergrund stehen.
Rz. 2
§ 23 Abs. 2 ErbStG räumt dem Erwerber das Recht ein, die Jahressteuer jederzeit zum nächsten Fälligkeitstermin mit ihrem Kapitalwert abzulösen.
Rz. 3
§ 23 ErbStG findet sowohl auf Erwerbe von Todes wegen als auch auf Schenkungen unter Lebenden Anwendung. Die Vorschrift setzt einen steuerpflichtigen Erwerb i. S. d. § 10 ErbStG voraus. Eine dem § 23 ErbStG ähnliche Regelung enthält § 24 ErbStG bezüglich der Ersatzerbschaftsteuer für Familienstiftungen und -vereine. Während § 24 ErbStG letztlich nur die Verteilung eines Steuerbetrags bezweckt, zieht § 23 ErbStG die Folgerung daraus, dass es sich beim Erwerb einer Rente oder anderer wiederkehrender Nutzungen und Leistungen wirtschaftlich um einen sukzessiven Erwerb handelt.
Rz. 4
§ 25 ErbStG a. F. betraf demgegenüber die steuerliche Behandlung des Nutzungsbelasteten. §§ 23 und 25 ErbStG a. F. kamen nebeneinander zur Anwendung. § 25 ErbStG ist zwar mit Wirkung vom 1.1.2009 aufgehoben worden, doch gelten § 25 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 ErbStG für Erbfälle, die vor dem 1.1.2009 eingetreten, und für Schenkungen, die vor dem 1.1.2009 ausgeführt worden sind, gem. § 37 Abs. 2 S. 2 ErbStG fort.
Rz. 5
Allgemeingültige Aussagen darüber, ob die Jahresversteuerung im Vergleich zur Sofortbesteuerung günstiger ist, lassen sich nicht treffen. Die Versteuerung des Jahresbetrags erlaubt dem Steuerschuldner, die Steuer aus den laufenden Zahlungseingängen bestreiten zu können und ggf. in den Anfangsjahren bis zur Aufzehrung der Freibeträge von Steuerzahlungen gänzlich verschont zu werden. Auch bleibt dem Steuerschuldner die Option, den Kapitalwert der Jahressteuer zu einem späteren Zeitpunkt gem. § 23 Abs. 2 ErbStG ablösen zu können, während die Entscheidung zugunsten der Sofortversteuerung definitiv ist. Zudem ist die Jahressteuer ihrem nominalen Betrag nach unveränderlich und wird nicht indexiert oder anderweitig inflationsbereinigt. Lange Zeit bestand ein Vorteil der Jahressteuer auch in der Abzugsfähigkeit als dauernde Last i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Der BFH lässt den Sonderabgabenabzug nicht mehr zu, ebenso kommt ein Abzug i. S. d. § 35b EStG nicht in Betracht. Bei entsprechenden liquiden Mitteln wird der Steuerschuldner aber auch zu bedenken haben, dass es aufgrund des fest vorgegebenen Zinssatzes des BewG von 5,5 % gegenwärtig kaum möglich sein dürfte, mit den aufgeschobenen Steuerbeträgen bei einer risikoarmen Anlage am Kapitalmarkt eine vergleichbare Rendite zu erzielen.
Rz. 6–19
einstweilen frei