Rz. 10
Wird eine Gütergemeinschaft beim Tod eines Ehegatten oder eines Lebenspartners gem. §§ 1483 ff. BGB fortgesetzt, behandelt § 4 Abs. 1 ErbStG dessen Anteil am Gesamtgut für erbschaftsteuerliche Zwecke so, als wäre er ausschließlich den anteilsberechtigten Abkömmlingen angefallen. Die Vorschrift überspielt den zivilrechtlichen Erwerb der Abkömmlinge im Wege der güterrechtlichen Sonderrechtsnachfolge i. S. d. § 1483 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB, der keinen Erwerb durch Erbanfall i. S. d. § 3 Abs. 1 ErbStG darstellt, und stellt den Anteilserwerb als Ergänzungstatbestand den Erwerben von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 ErbStG gleich. Damit verwirklicht ein anteilsberechtigter Abkömmling, unter dessen Beteiligung die Gütergemeinschaft fortgesetzt wird, im Hinblick auf den von ihm – evtl. bei weiteren Abkömmlingen lediglich anteilig – erworbenen Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut einen erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb. Der Umstand, dass den anteilsberechtigten Abkömmlingen kein Recht zur Verwaltung des Gesamtguts zusteht und dieses nach § 1487 Abs. 1 BGB allein in der Hand des überlebenden Ehegatten liegt, spielt als bloße Einschränkung der Verfügungsbefugnis i. S. d. § 9 Abs. 2 und 3 BewG keine Rolle.
Rz. 11
Da der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut ausschließlich auf den oder die anteilsberechtigten Abkömmlinge übergeht, hat die Fortsetzung der Gütergemeinschaft für den überlebenden Ehegatten keinerlei erbschaftsteuerliche Auswirkungen; er bleibt am Gesamtgut unverändert zur Hälfte beteiligt. Einen eigenständigen Erwerb von Todes wegen i. S. d. § 3 Abs. 1 ErbStG verwirklicht der überlebende Ehegatte lediglich hinsichtlich eines evtl. Sonderguts bzw. Vorbehaltsguts, sofern entsprechende Gegenstände nach den erbrechtlichen Regelungen der §§ 1922 ff. BGB auf ihn übergehen.
Rz. 12
Der Wert des steuerpflichtigen Erwerbs in Gestalt des Anteils am Gesamtgut ist gem. § 11 ErbStG auf den Zeitpunkt des Todes des Ehegatten zu ermitteln. Da der überlebende Ehegatte am Gesamtgut weiterhin zur Hälfte beteiligt ist, können die anteilsberechtigten Abkömmlinge Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit dem Gesamtgut stehen, lediglich (anteilig) zur Hälfte als Nachlassverbindlichkeiten i. S. d. § 10 Abs. 5 ErbStG geltend machen, was nach umstrittener Ansicht des RFH auch für die Bestattungskosten gelten soll. Die Erbschaftsteuer entsteht entsprechend der Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit dem Tod des erstversterbenden Ehegatten. Nach § 20 Abs. 2 ErbStG sind die Abkömmlinge im Verhältnis der auf sie entfallenden Anteile am Gesamtgut und der überlebende Ehegatte bzw. Lebenspartner für den gesamten Steuerbetrag Steuerschuldner, obwohl Letzterer in eigener Person im Rahmen der Fortsetzung der Gütergemeinschaft nach § 4 ErbStG keinen steuerpflichtigen Erwerb verwirklicht. Das FA kann gem. § 31 Abs. 3 ErbStG die Erbschaftsteuererklärung allein von dem überlebenden Ehegatten bzw. Lebenspartner verlangen.
Rz. 13
§ 4 Abs. 1 BGB gilt angesichts des eindeutigen Verweises auf §§ 1483 ff. BGB lediglich für fortgesetzte Gütergemeinschaften nach dem BGB und nicht für entsprechende ausländische Gemeinschaften; diesbezügliche Erwerbe im Rahmen ausländischer Gütergemeinschaften können ausschließlich anhand der einzelnen Tatbestände der steuerpflichtigen Erwerbe von Todes wegen i. S. d. § 3 ErbStG beurteilt werden.
Rz. 14–19
einstweilen frei