Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 424
Zusammenhang mit "einer" (von mehreren) Wirtschaftstätigkeit(en) der Körperschaft ist ausreichend. Das Gesetz verlangt nur, dass die Einkunftsquelle einen wesentlichen Zusammenhang mit "einer" Wirtschaftstätigkeit der Körperschaft aufweist. Es verlangt hingegen nicht, dass dieser Zusammenhang mit "der" Wirtschaftstätigkeit der Körperschaft bestehen muss. Die Verwendung des unbestimmten Artikels "einer" statt "der" ist vom Gesetzgeber bewusst gewählt und der Regelungstechnik des § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG geschuldet: Die Rechtsfolge der Versagung ist nur "soweit " zu ziehen, als die Tatbestandsmerkmale (hier der Zusammenhang; nicht aber die Wirtschaftstätigkeit) erfüllt sind (vgl. ausf. Rz. 495 ff.). Hätte das Gesetz einen Zusammenhang mit "der" Wirtschaftstätigkeit (i.S.v. "der gesamten Wirtschaftstätigkeit") gefordert, so würde bei gemischten Tätigkeiten, bei denen die Einkunftsquelle nur einen Zusammenhang mit der einen (A), nicht aber mit der anderen (Teil-)Wirtschaftstätigkeit (B) aufweist, gleichwohl noch in Höhe des Anteils der anderen (Teil-)Wirtschaftstätigkeit (B) die sachliche Entlastungsberechtigung fehlen. Weil das Gesetz "nur" einen Zusammenhang mit "einer" Wirtschaftstätigkeit (i.S.v. einer von mehreren Wirtschaftstätigkeiten) verlangt, ist die sachliche Entlastungsberechtigung vollständig gegeben und der Entlastungsanspruch vollständig nicht zu versagen, wenn die Einkunftsquelle nur mit einer von mehreren (Teil-)Wirtschaftstätigkeiten einen wesentlichen Zusammenhang aufweist. Das ist auch gemessen am Missbrauchszweck sachgerecht, denn in diesen Fällen ist eine missbräuchliche Verlagerung der Einkunftsquelle auf die Körperschaft ausgeschlossen, auch wenn daneben noch eine Wirtschaftstätigkeit ausgeübt wird, mit der die Einkunftsquelle keinen Zusammenhang aufweist. Das Gesetz ist damit konzeptionell von der früheren Aufteilungsklausel hin zu einer Funktionsklausel abgerückt (vgl. Rz. 393).
Rz. 425
Abgrenzung der Wirtschaftstätigkeit. Die Wirtschaftstätigkeit ist ebenso wie der Geschäftszweck im Rahmen des Substanztests konkret produktbezogen abzugrenzen (vgl. Rz. 327). Doch kommt es auch im Übrigen nur darauf an, ob die Einkunftsquelle überhaupt (d.h. dem Grunde nach) einen Zusammenhang mit einer so abgegrenzten Wirtschaftstätigkeit aufweist. Gemessen am Missbrauchszweck des § 50d Abs. 3 EStG reicht dies aus, um einen Missbrauchsvorwurf auszuschließen. Dass die Einkunftsquelle letztlich nur einem Geschäftszweck einer Wirtschaftstätigkeit unmittelbar dient, bedeutet nicht, dass nur anteilig ("soweit") die sachliche Entlastungsberechtigung erfüllt ist (vgl. Beispiel in Rz. 426). Davon zu unterscheiden ist die Fallkonstellation, in der nur ein Teil der Einkunftsquelle (nicht der Wirtschaftstätigkeit) einen Zusammenhang mit einer Wirtschaftstätigkeit der Körperschaft aufweist (vgl. Rz. 427).
Rz. 426
Beispiel (gemischte Tätigkeit der Körperschaft)
Die französische F-SA ist beteiligt an der deutschen D-GmbH. Anteilseigner der F-SA ist die im Nicht-DBA-Staat X ansässige Hold-Ltd. Die F-SA produziert Produkte A (Umsatzanteil 70 %) und B (Umsatzanteil 30 %), die D-GmbH übernimmt aber nur den Vertrieb der Produkte B. Hat die F-SA einen Anspruch auf Entlastung von der Kapitalertragsteuer auf die Gewinnausschüttung der D-GmbH?
Lösung
Die Frage ist zu bejahen. Zwar fehlt die persönliche Entlastungsberechtigung, jedoch besteht eine vollumfängliche sachliche Entlastungsberechtigung der F-SA: Die Beteiligung an der D-GmbH (Einkunftsquelle) weist einen wesentlichen Zusammenhang mit "einer" Wirtschaftstätigkeit der F-SA auf, nämlich mit der Wirtschaftstätigkeit "Produktion Produkt B". Damit liegen die Voraussetzungen des § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht vor, sodass der Anspruch nicht nach § 50d Abs. 3 EStG zu versagen ist. Dass die Beteiligung an der D-GmbH nicht auch einen Zusammenhang mit der Produktion des Produkts A aufweist, steht dem nicht entgegen. Dies wäre auch gemessen am Missbrauchszweck nicht sachgerecht, da offensichtlich ist, dass die F-SA die Beteiligung an der D-GmbH nicht missbräuchlich hält, und zwar auch nicht anteilig.
Rz. 427
Gemischte Tätigkeit der Beteiligungsgesellschaft. Ist die Körperschaft an einer (deutschen) Gesellschaft beteiligt, die neben einer Tätigkeit (A), die der Tätigkeit der Körperschaft dient, auch eine davon unabhängige eigene Wirtschaftstätigkeit (B) ausübt, so ist dies u.E. unschädlich (vgl. Beispiel in Rz. 428). Es kommt allein (i) auf die Sicht der Körperschaft und (ii) die von ihr ausgeübte Wirtschaftstätigkeit an, weil es (iii) nur um deren missbräuchliche Zwischenschaltung in (iv) den Bezug der Einkünfte aus der Beteiligung (Dividenden) geht:
- Dient die Beteiligungsgesellschaft dem Grunde nach einer Wirtschaftstätigkeit der Körperschaft und hat sie daher einen wirtschaftlich nachvollziehbaren Grund für das Halten der Beteiligung, so ist der Zusammenhang gegeben und damit ein Missbrauchsvorwurf ausgeräumt. Die Körperschaft ...