Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
..., ist der Median maßgeblich, ...
Rz. 1031
Begriff. Der statistische Begriff des Medians ist nicht gleichbedeutend mit dem Mittelwert oder dem Durchschnitt, sondern er ist als Lageparameter "durch die Eigenschaft definiert, dass mindestens 50 % aller Merkmalswerte kleiner oder gleich [...] und mindestens 50 % aller Merkmalswerte auch größer oder gleich" diesem Wert sind. Wie jeder andere Lageparameter soll er möglichst gut beschreiben, "wo das gesamte Datenmaterial auf der Merkmalsachse lokalisiert ist".
Rz. 1032
Beschränkte Aussagefähigkeit im Rahmen der Verrechnungspreisermittlung. Gegen den Ansatz des Medians bestehen statistische Vorbehalte grundsätzlicher Art im Hinblick auf die eingeschränkte Aussagefähigkeit des Medians im Rahmen der Verrechnungspreisermittlung. Jeder, der schon einmal Verrechnungspreise durch Anwendung des tatsächlichen Fremdvergleichs ermittelt hat, ist sich bewusst, dass die Erhebung der Vergleichsgrößen nicht mit anderen statistischen Fragestellungen vergleichbar ist. So gelingt es meist nicht, eine größere Anzahl an Vergleichsgrößen zu ermitteln. Zudem lassen sich die Vergleichsgrößen keiner statistischen Verteilungsart (z.B. Normalverteilung, t-Verteilung, F-Verteilung) zuordnen, was allerdings für die Aussagekraft statistischer Größen bedeutsam ist. Ferner ist kaum sicherzustellen, dass die Vergleichsgrößen vollständig erhoben werden. Wenn bei einem so unbefriedigenden statistischen Ausgangsmaterial dennoch statistische Größen zur Anwendung kommen, geben die so ermittelten Werte nichts anderes als eine Scheingenauigkeit wieder. Dass der deutsche Gesetzgeber gleichwohl vorschreibt, einen so ermittelten Wert als Verrechnungspreis anzusetzen, ist erstaunlich.
Rz. 1033
Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH. Die gesetzliche Regelung steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH, die dem Steuerpflichtigen konzediert, die maßgebliche Preisbandbreite zu seinen Gunsten vollständig auszuschöpfen und dementsprechend den Verrechnungspreis an dem für ihn günstigsten Rand zu wählen. Hierbei hat sich der BFH ausdrücklich auf den Fremdvergleichsgrundsatz abgestützt. Die Begründung des Medianwertes mit rein fiskalischer Argumentation i.R. der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes überzeugt jedenfalls nicht.
Letztlich wollten Gesetzgeber und Finanzverwaltung mit der Einkünftekorrektur auf den Median der Preis- oder Wertbandbreite jedwedem Anreiz vorbeugen, dass der Steuerpflichtige im Rahmen der Verrechnungspreisermittlung gezielt einen Preis oder Wert außerhalb der Preis- oder Wertbandbreite zugrunde legt und gleichwohl – und das nur im Aufgriffsfall – einer Einkünftekorrektur auf den günstigsten Rand der Preis- oder Wertbandbreite ausgesetzt ist. Dies allerdings würde voraussetzen, dass – erst recht bei gleicher Zuverlässigkeit und verhältnismäßig gleichem Vergleichbarkeitsgrad der Fremdvergleichswerte – in der Betriebsprüfung kein Streit über die zutreffende Ermittlung der Fremdvergleichsbandbreite aufkommt. In der Verrechnungspreispraxis sollte die fehlende Streitbefangenheit eher die Ausnahme als die Regel darstellen.
Rz. 1034
Wiederspruch zu § 1 Abs. 1 Satz 1. Ferner steht die gesetzliche Vorgabe des § 1 Abs. 3a Satz 4 im Widerspruch zu § 1 Abs. 1 Satz 1, der als Programmsatz dieser Einkünftekorrekturvorschrift eine Einkünftekorrektur der Höhe nach nur auf den Fremdvergleichspreis zulässt. Offenkundig soll der dem vertraglich vereinbarten Verrechnungspreis gegenüberzustellende "zutreffende" Fremdvergleichspreis davon abhängen, ob der Steuerpflichtige seiner Verrechnungspreisbestimmung die gesetzlichen Vorgaben bereits zugrunde legt und diese beachtet oder nicht, wobei im letzteren Fall eine Verrechnungspreisbestimmung außerhalb der Preis- oder Wertbandbreite sanktioniert ist. Dies kann nicht richtig sein und hat insbesondere keine Rechtfertigung im Fremdvergleichsgrundsatz. I.Ü. wird ausweislich der Gesetzesbegründung die Mediankorrektur maßgeblich auf das Argument der Missbrauchsvermeidung gestützt. Wie der BFH i.R. eines obiter dictum zu seinem Urteil vom 18.5.2021 zutreffend festgestellt hat, ist ein solches Argument für die Durchführung eines Fremdvergleichs ungeeignet und darf die individuelle, geschäftsvorfallbezogene Fremdvergleichsprüfung nicht überlagern.