Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 91
Um Organträger sein zu können musste eine Körperschaft bis Vz 2011 nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG unbeschränkt stpfl. sein und die Geschäftsleitung im Inland haben. Diese Voraussetzung ist durch Gesetz v. 20.12.2001 ab Vz 2001 eingeführt worden; bis Vz 2000 musste es sich bei dem Organträger um ein inl. Unternehmen mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland handeln.
Rz. 92-93 einstweilen frei
Rz. 94
Ab Vz 2012 ist der notwendige Inlandsbezug des Organträgers nicht mehr durch Bezugnahme auf die unbeschränkte Steuerpflicht bzw. den Ort von Sitz und/oder Geschäftsleitung definiert. Stattdessen ist der Inlandsbezug in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4–7 KStG geregelt. Diese Regelung gilt für alle Organträger, unabhängig davon, ob sie unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig sind, und wo sich ihre Geschäftsleitung und ihr Sitz befinden. Dadurch wird § 18 KStG überflüssig, der konsequenterweise ersatzlos aufgehoben wurde. Die Neuregelung erlaubt auch, anders als die bis Vz 2011 geltende Regelung, die Organschaft zu einer Körperschaft, die nur ihren Sitz im Inland, ihre Geschäftsleitung aber im Ausland hat, wenn sie die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4–7 KStG erfüllt.
Rz. 95
Hat eine Körperschaft nur die Geschäftsleitung oder nur den Sitz im Inland, handelt es also um eine "doppelansässige Körperschaft". Eine solche Körperschaft konnte bis Vz 2000 nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht Organträger sein, obwohl unbeschränkte Steuerpflicht bestand. Das war nicht sachgerecht, da § 18 KStG ein Unternehmen, das im Inland weder Sitz noch Geschäftsleitung hatte, unter bestimmten Voraussetzungen als Organträger zuließ. Der BFH hatte in einem Fall, in dem eine US-Gesellschaft die Geschäftsleitung im Inland hatte, bestätigt, dass eine erweiternde Auslegung der Vorschrift angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht möglich sei, hatte jedoch aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 4 DBA-USA geschlossen, dass eine Körperschaft mit Sitz in den USA nicht nachteiliger behandelt werden dürfe als eine Gesellschaft, die im Inland Geschäftsleitung und Sitz habe. Eine Organschaft müsse daher zulässig sein. Die Entscheidung ist ab 2001 nicht mehr von Bedeutung, da ab diesem Zeitpunkt doppelansässige Gesellschaften als Organträger zugelassen sind.
Rz. 96-98 einstweilen frei
Rz. 99
Von Vz 2001 bis Vz 2011 genügte es, dass sich die Geschäftsleitung des Organträgers im Inland befand. Damit wurde die Fähigkeit, Organträger zu sein, auf doppelansässige Körperschaften ausgedehnt. Diese Körperschaften haben den Sitz in dem einen, die Geschäftsleitung in dem anderen Staat. Sie sind daher in beiden Staaten ansässig und unbeschränkt stpfl. Von den doppelansässigen Gesellschaften waren aber nur diejenigen als Organträger geeignet, die ihre Geschäftsleitung im Inland, ihren Sitz aber in einem ausl. Staat hatten. Diese Körperschaften konnten auch nicht nach § 18 KStG Organträger sein, da sie wegen ihres inl. Sitzes kein "ausl." Organträger waren. Der BFH hielt eine Differenzierung zwischen Geschäftsleitung im Inland (Organträgereigenschaft gegeben) und Sitz im Inland (Organträgereigenschaft nicht gegeben) für sachgerecht. Der Grund hierfür lag darin, dass nach den im internationalen Steuerrecht geltenden Grundsätzen das Besteuerungsrecht desjenigen Staats den Vorrang hat, in dem sich die Geschäftsleitung befindet.
Hatte der Organträger nur den Sitz im Inland, war daher das deutsche Besteuerungsrecht an dem Organeinkommen nicht gesichert. Allerdings verstieß die Regelung gegen die Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV, da sie bei doppelansässigen Gesellschaften de facto eine Verlegung der Geschäftsleitung in das Inland erzwang. Die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit war auch zur Vermeidung von Steuerausfällen nicht erforderlich, da eine EU-gerechte Lösung zur Verfügung stand, wie § 18 KStG a. F. zeigte. Entsprechend § 18 KStG a. F. konnte die steuerliche Erfassung im Inland über das Erfordernis einer inl. Betriebsstätte trotz der Doppelansässigkeit sichergestellt werden.
Rz 100-102 einstweilen frei
Rz. 103
Mit Wirkung ab Vz 2012 hat sich die Rechtslage für Körperschaften, die nur den Sitz, nicht aber die Geschäftsleitung im Inland haben, geändert. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG unterscheidet nicht mehr zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht und auch nicht mehr nach dem Ort der Geschäftsleitung und des Sitzes. Das bedeutet, dass Organträgereignung für alle KSt-Subjekte nach der gleichen Rechtslage zu beurteilen ist; Differenzierungen enthält das Gesetz nicht mehr. § 18 KStG wurde demgemäß ersatzlos aufgehoben. Damit kann auch eine Körperschaft, die nur ihren Sitz im Inland, ihre Geschäftsleitung aber im Ausland hat, also eine doppelansässige Körperschaft, Organträger sein. Der erforderliche Inlandsbezug ist jetzt durch § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4–7 KStG geregelt. Diese Regelung gilt unabhängig davon, ob sich Geschäftsleitung, Sitz oder beides in einem EU-Staat, einem EWR-Staat oder in einem Drittsta...