Rz. 304

Durch das Wachstumschancengesetz ist § 1a Abs. 3 S. 4 Alt. 2 KStG mWv 28.3.2024 aufgehoben worden. Für eine Übergangszeit wird diese nicht mehr gültige Vorschrift weiterhin kommentiert.

Eine Gewinnausschüttung wurde nach § 1a Abs. 3 S. 4 Alt. 2 KStG a. F. bereits zu dem Zeitpunkt fingiert, in dem der Gesellschafter die Auszahlung seines Gewinnanteils verlangen konnte. Die Ausschüttung wurde also in dem Zeitpunkt fingiert, in dem der Gesellschafter einen zivilrechtlichen Anspruch auf die Auszahlung seines Gewinnanteils hatte. Auf die tatsächliche Auszahlung des Gewinnanteils kam es nicht an. Unerheblich war auch, ob der Gesellschafter die Auszahlung seines Gewinnanteils tatsächlich verlangte.[1] Konnte der Gesellschafter seinen Gewinnanteil mit der Feststellung des Jahresabschlusses verlangen, galt dieser in diesem Zeitpunkt als ausgeschüttet.[2] Dagegen galten gesellschaftsvertraglich vereinbarte Vorauszahlungen auf den Gewinn unabhängig von der Feststellung des Jahresabschlusses als ausgeschüttet, wenn sie entnommen wurden oder ihre Auszahlung verlangt werden konnte.[3]

Damit waren insbesondere unterjährige Zahlungen der optierenden Gesellschaft angesprochen. Diese bewirkten (konsequenterweise) eine Gewinnausschüttungsfiktion in dem Moment, in dem der Gesellschafter aus der optierenden Gesellschaft Geld (oder andere Wirtschaftsgüter) erhiet oder verlangen konnte.

Sind Gewinnanteile wegen eines Auszahlungsanspruchs des Gesellschafters als fiktive Gewinnausschüttung behandelt worden, führt (auch weiterhin) die spätere Auszahlung dieser Beträge nicht mehr zu einer Ausschüttungsfiktion. Da regelmäßig die Verbuchung auf einem Fremdkapitalkonto einen Auszahlungsanspruch des Gesellschafters dokumentiert, löst die spätere Zahlung gegen Buchung auf einem Fremdkapitalkonto keine Ausschüttungsfiktion mehr aus. Sofern Gewinnanteile zunächst auf einem Eigenkapitalkonto verbucht wurden und werden diese später (ohne vorhergehende Begründung eines Auszahlungsanspruchs, andernfalls löst dieser bereits die Ausschüttungsfiktion aus) entnommen, wurde durch die Entnahme eine fiktive Gewinnausschüttung nach § 1a Abs. 2 S. 4 Alt. 1 KStG a. F. ausgelöst, siehe dazu Rz. 315.

 

Rz. 305

Zu den Gewinnanteilen, deren Auszahlung der Gesellschafter aufgrund gesetzlicher Regelung verlangen kann, gehören insbesondere

- die Gewinnanteile von Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft und Komplementären einer Kommanditgesellschaft (vgl. §§ 122 Abs. 1 Alt. 2, 161 Abs. 2 HGB),

- die Gewinnanteile von Kommanditisten, soweit deren Kapitalkonten nicht durch Verluste unterhalb ihrer Einlage gemindert wurden (vgl. § 169 Abs. 1 S. 2 HGB),

- die Gewinnanteile von Gesellschaftern einer Partnerschaftsgesellschaft (vgl. § 1 Abs. 4 PartGG, §§ 721, 722 BGB).[4]

Die Ausschüttungsfiktion wegen eines gesetzlichen Anspruchs eine Auszahlung verlangen zu können, ging jedoch nicht über den auf den Gesellschafter entfallenden Gewinnanteil hinaus. Allein die gesetzliche Möglichkeit, einen den Gewinnanteil übersteigenden Betrag entnehmen oder dessen Auszahlung von der Gesellschaft verlangen zu können, löste daher insoweit noch keine Ausschüttungsfiktion und keine KESt aus.[5]

Gesellschaftsvertraglich vereinbarte Vorauszahlungen auf den Gewinn galten unabhängig von der Feststellung des Jahresabschlusses als ausgeschüttet, wenn sie entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden konnte.[6]

 

Rz. 306

Die konkrete Verbuchung der Gewinnanteile des Gesellschafters auf einem Eigenkapitalkonto war für die rechtliche Beurteilung der Ausschüttungsfiktion unbeachtlich. Allein der Bestand eines zivilrechtlichen Anspruchs auf Auszahlung des nämlichen Gewinnanteils begründete die Ausschüttungsfiktion. Stand dem Gesellschafter ein Auszahlungsanspruch zu, ließ sich die Ausschüttungsfiktion auch dann nicht vermeiden, wenn die Gewinnanteile, auf die ein Auszahlungsanspruch bestand, in eine gesamthänderisch gebundene Gewinnrücklage eingestellt wurde, deren Auflösung eines vorherigen Gesellschafterbeschlusses bedurfte.[7] Für die Ausschüttungsfiktion war unbeachtlich, ob der Zahlungsanspruch einem beherrschenden Gesellschafter oder einem nur geringfügig an der optierenden Gesellschaft beteiligten Gesellschafter zustand.[8] Wurden Gewinnanteile, deren Auszahlung der Gesellschafter verlangen konnte, auf einem Eigenkapitalkonto verbucht, wurde wegen des Auszahlungsanspruchs eine Ausschüttungsfiktion ausgelöst. Gleichzeitig galt der fiktiv ausgeschüttete Betrag unmittelbar nach der fiktiven Ausschüttung als wieder eingelegt, wodurch sich die Anschaffungskosten der Beteiligung des Gesellschafters und das steuerliche Einlagekonto der Gesellschaft entsprechend erhöhten.[9] Wurden Gewinnanteile auf einem Fremdkapitalkonto verbucht, wurde durch diese Verbuchung dokumentiert, dass dem Gesellschafter in der nämlichen Höhe ein Auszahlungsanspruch zustand. Demzufolge wurde in einem solchen Fall die Ausschüttungsfiktion auch dann ausgelöst, wenn der Gesellschafter vor der Verbuchung (noch) keine...

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