Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 11
Abs. 1 S. 1, 2 behandelt den Fall, dass eine Anrechnungskörperschaft Ausschüttungen an eine andere Körperschaft vornimmt und dabei EK 01 (Teilbetrag des § 30 Abs. 2 Nr. 1) verwendet.
Ausschüttender muss eine Anrechnungskörperschaft sein, d. h. eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft oder eine sonstige unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft i.S.d. § 43 (einschließlich einer ausländischen Körperschaft, die unbeschränkt steuerpflichtig und Anrechnungskörperschaft ist; vgl. § 43 Rz. 2; zum Begriff der Anrechnungskörperschaft im Einzelnen vgl. § 43 Rz. 1).
Ausschüttungsempfänger muss eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 oder 6 sein. Es sind dies:
- unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1), insbesondere AG, KGaA, GmbH; diese Kapitalgesellschaften sind immer auch Anrechnungskörperschaften;
- unbeschränkt steuerpflichtige Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2); auch diese Körperschaften sind Anrechnungskörperschaften;
- unbeschränkt steuerpflichtige Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3); diese Körperschaften sind keine Anrechnungskörperschaften, die Ausschüttungen aus dem EK 01 verlassen also den Bereich des Anrechnungsverfahrens;
- Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 6); dadurch wird die "Holdingbegünstigung" bei Ausschüttung ausländischer Einkünfte auf die öffentliche Hand ausgedehnt.
Daneben braucht der Ausschüttungsempfänger keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Insbesondere bestehen keine Anforderungen hinsichtlich der Höhe der Beteiligung (vgl. Abschn. 41 Abs. 1 S. 5 KStR); auch eine Mindestdauer des Bestehens der Beteiligung wird nicht verlangt.
Rz. 11a
Für Anteilseigner, die keine unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 oder 6 sind, insbesondere also natürliche Personen, aber auch Körperschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4, 5 (sonstige juristische Personen des privaten Rechts, also rechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen; auch wirtschaftliche Vereine, die nach § 43 Ausschüttungskörperschaften sind), gilt die Rechtsfolge des Abs. 1 S. 1 nicht.
Ist der Ausschüttungsempfänger eine Personengesellschaft, kann zweifelhaft sein, ob die Steuerfreiheit der Ausschüttung der ausländischen Einkünfte insoweit gewährt werden kann, als Gesellschafter der Personengesellschaft eine nach § 8b Abs. 1 begünstigte Körperschaft ist. Handelt es sich um eine Personenhandelsgesellschaft und befindet sich die Beteiligung in ihrem Gesamthandsvermögen, sind m. E. die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nicht gegeben. Empfänger der Bezüge i.S.d. § 8b Abs. 1 ist in diesem Fall die Personenhandelsgesellschaft als partielles Rechtssubjekt, nicht die dahinter stehende Körperschaft. Für § 8b Abs. 1 ist maßgebend, wer Ausschüttungsempfänger ist, nicht, wem die Bezüge letztlich steuerlich zugerechnet werden. Die Regelung des § 15 Nr. 3, die sonst überflüssig wäre, bestätigt dies Ergebnis. Dagegen sind die Voraussetzungen der Steuerfreiheit gegeben, wenn die Beteiligung Sonderbetriebsvermögen einer der nach § 8b Abs. 1 begünstigten Körperschaften ist. Die Einbindung dieser Beteiligung in das Sonderbetriebsvermögen der Personenhandelsgesellschaft ändert nichts daran, dass Ausschüttungsempfänger die Körperschaft, nicht die Personengesellschaft ist.
Handelt es sich nicht um eine Personenhandelsgesellschaft, sondern um eine sonstige Gesamthandsgemeinschaft, erfolgt nach § 39 Abs. 1 S. 2 AO eine anteilige Zurechnung der Wirtschaftsgüter. Das gilt auch für die Beteiligung, die zum Gesamthandsvermögen gehört. Soweit Beteiligter an der Gesamthandsgemeinschaft eine nach § 8b begünstigte Körperschaft ist, steht ihr die Steuerfreiheit der Ausschüttung der ausländischen Einkünfte zu, soweit die Beteiligung an der ausschüttenden Körperschaft anteilig auf sie entfällt.
Ist der Ausschüttungsempfänger eine Organgesellschaft, wird das Einkommen der Organgesellschaft, und damit auch die Ausschüttung, an den Organträger durchgeleitet. Beim Organträger ist § 8b Abs. 1 anwendbar (d. h. bei ihm ist die Ausschüttung aus dem EK 01 der Anrechnungskörperschaft, die durch die Organgesellschaft durchgeleitet worden ist), wenn der Organträger zu dem nach § 8b Abs. 1 begünstigten Personenkreis gehört. Ist der Organträger eine Personengesellschaft, gilt die Steuerfreiheit der Ausschüttung der ausländischen Einkünfte insoweit, als ein Gesellschafter des Organträgers zu dem nach § 8b Abs. 1 begünstigten Personenkreis gehört (vgl. § 15 Rz. 5).
Das Ergebnis unterscheidet sich also danach, ob die Ausschüttung der Anrechnungskörperschaft direkt an die Personengesellschaft (Gesamthandsvermögen) oder ob sie an eine Organgesellschaft der Personengesellschaft erfolgt. Nur im zweiten Fall wird die Begünstigung des § 8b Abs. 1 auf der Ebene der Gesellschafter gewährt. Formal beruht das darauf, dass § 15 Nr. 3 eine entsp...