Rz. 223
Nach Abs. 2 S. 4 tritt die Steuerbefreiung nicht ein, wenn und soweit in früheren Jahren eine Teilwertabschreibung gewinnmindernd geltend gemacht und nicht durch spätere Zuschreibungen ausgeglichen worden ist. Der Grund für diese Einschränkung liegt darin, dass der Gewinn und damit die Steuerbelastung in früheren Jahren durch die Teilwertabschreibung gemindert worden sind. Tritt jetzt einer der Tatbestände des Abs. 2 (Veräußerung, Liquidation, Kapitalherabsetzung) ein und entsteht dadurch ein Gewinn, wird der Sache und der Höhe nach lediglich die frühere Teilwertabschreibung rückgängig gemacht. Es soll verhindert werden, dass die Teilwertabschreibung sich steuermindernd auswirkt, die darauf beruhende Erhöhung des Veräußerungs-, Liquidations- bzw. Kapitalherabsetzungsgewinns aber steuerlich nicht erfasst werden kann.
Rz. 224
Die Vorschrift erfasst nur Teilwertabschreibungen, die vor Inkrafttreten des § 8b KStG vorgenommen wurden. Im Geltungsbereich des § 8b Abs. 3 KStG sind Teilwertabschreibungen bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen, dürfen also die steuerliche Bemessungsgrundlage nicht mindern. Daher kann es insoweit nicht mehr zu einer steuerwirksamen Teilwertabschreibung kommen, wie sie Abs. 2 S. 4 voraussetzt. Betroffen sind also nur Teilwertabschreibungen in früheren Jahren, die sich noch gewinnmindernd ausgewirkt haben. Allerdings ist es ohne Bedeutung, wie weit die Teilwertabschreibung zurückliegt.
Rz. 225
In persönlicher Hinsicht gilt die Regelung für den Stpfl., der die Teilwertabschreibung mit steuerlicher Wirkung geltend gemacht hat. Fraglich ist aber die Anwendung, wenn die teilwertberichtigte Beteiligung im Wege der Einbringung, Spaltung oder Verschmelzung zum Buchwert auf einen anderen Rechtsträger übergeht. Da in diesen Fällen der übernehmende Rechtsträger in die Stellung des übertragenden Rechtsträgers eintritt, gilt dies auch für die "Steuerverstrickung" der teilwertberichtigten Anteile. Der übernehmende Rechtsträger hat also den Gewinn zu versteuern, soweit er auf die Teilwertabschreibung beim übertragenden Rechtsträger zurückzuführen ist. Im Rahmen von Einbringungen, Spaltungen und Verschmelzungen ist bei der Bewertung daher zu prüfen, ob eine Teilwertberichtigung vorgenommen worden ist. Dagegen lässt sich m. E. nicht argumentieren, dass die "Steuerverstrickung" der von der übertragenden Kapitalgesellschaft gehaltenen Anteile auf die einbringungs-, spaltungs- oder verschmelzungsgeborenen Anteile übergeht. Es besteht keine Rechtsgrundlage für einen solchen Übergang.
Rz. 226
Im Fall einer früheren Teilwertabschreibung tritt Steuerpflicht des Veräußerungs-, Liquidations- und Kapitalherabsetzungsgewinns insoweit ein, als dieser Gewinn auf der früheren Teilwertabschreibung beruht, also insoweit, wie der Buchwert der Beteiligung durch die Teilwertabschreibung gemindert wurde. Die Höhe der Teilwertabschreibung und des jetzt steuerpflichtigen Gewinns entsprechen also einander; der Veräußerungs-, Liquidations- und Kapitalherabsetzungsgewinn kann höchstens bis zur Höhe der früheren Teilwertabschreibung steuerpflichtig werden.
Rz. 227
Diese Regelung ist in der praktischen Anwendung zweifelsfrei, wenn eine Liquidation oder Kapitalherabsetzung erfolgt bzw. die gesamte Beteiligung veräußert wird. Ist die gesamte Beteiligung betroffen, muss auch die gesamte Teilwertabschreibung berücksichtigt werden. Wird dagegen nur ein Teil der Beteiligung veräußert, ist zu prüfen, ob die Teilwertabschreibung die gesamte Beteiligung oder nur einen Teil betroffen hat. Ist die gesamte Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben worden, ist bei der Veräußerung eines Teils der Beteiligung ein entsprechender Anteil der Teilwertabschreibung den veräußerten Anteilen zuzuordnen. Hat die Teilwertabschreibung dagegen nur einen Teil der Beteiligung erfasst und sind die Anteile unterscheidbar (z. B. physische Aktien im Streifbanddepot), ist zu prüfen, welche Anteile veräußert worden sind. Die Steuerpflicht wegen der Teilwertabschreibung tritt nur ein, wenn gerade die Anteile veräußert werden, die teilwertberichtigt worden sind.
Der Stpfl. hat im Jahr 01 Anteile zum Preis von 100 EUR pro Anteil erworben. Im Jahr 03 erwirbt er weitere Anteile, deren Preis jetzt wegen zwischenzeitlicher Verluste nur noch 70 EUR pro Anteil beträgt. Er nimmt daher von den zuerst erworbenen Anteilen eine Teilwertabschreibung auf 70 EUR pro Anteil vor. Verkauft er später einen Teil der Anteile zum Preis von 80 EUR pro Anteil, ist für die Frage der Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns zu prüfen, ob die zuerst (Teilwertabschreibung, Veräußerungsgewinn steuerpflichtig) oder die später erworbenen Anteile (keine Teilwertabschreibung, Veräußerungsgewinn nicht steuerpflichtig) veräußert worden sind.
Rz. 228
Nicht ausdrücklich geregelt ist die Verfahrensweise, wenn mehrere Teilwertabschreibungen vorgenommen wurden, von denen eine steuerwirksam, die anderen steuerunwirksam waren. In diesem Fall hat nach der neu...