Rz. 365
Mit der Steuerfreistellung der Gewinne einer Körperschaft aus der Veräußerung von Anteilen bzw. der Nichtberücksichtigung von Veräußerungsverlusten ist die Frage aufgetreten, ob Verluste bzw. Teilwertabschreibungen von Gesellschafterforderungen steuerlich zu berücksichtigen oder wie Verluste aus der Veräußerung der Anteile zu behandeln sind. Die Problematik resultiert aus der Möglichkeit zur Steuergestaltung. So könnte ein Anteilseigner die Körperschaft, entweder generell oder im Vorfeld einer Veräußerung, mit Gesellschafterdarlehen statt mit Eigenkapital finanzieren, um dadurch eine zu erwartende, steuerlich nicht abzugsfähige Wertminderung der Anteile in einen steuerlich zu berücksichtigenden Verlust von Darlehensforderungen umzuwandeln.
Rz. 366
Bis Vz 2007 war es h. M., dass die Einschränkung der Berücksichtigung von Vermögensminderungen nach Abs. 3 S. 3 nur Vermögensminderungen betrifft, die in Zusammenhang mit der Beteiligung entstehen. Darlehensforderungen haben aber grundsätzlich keinen Zusammenhang mit der Beteiligung; daher waren Darlehensforderungen von dem Ausschluss der steuerlichen Berücksichtigung von Vermögensminderungen nicht betroffen.
Rz. 367
Durch Gesetz v. 20.12.2007 wurden die S. 4–9 an Abs. 3 angefügt. Dadurch wird Gewinnminderungen im Zusammenhang mit bestimmten Darlehensforderungen die steuerliche Abzugsfähigkeit versagt.
Rz. 368
Die Regelung ist ab Vz 2008 anwendbar. Das bedeutet bei Wirtschaftsjahren, die dem Kj. entsprechen, dass Gewinnminderungen, die ab dem Vz 2008 steuerwirksam werden, nicht abzugsfähig sind. Es kommt also auf den Eintritt der Gewinnminderung an, nicht darauf, wann das Darlehen gewährt wurde. Die Regelung ist daher auch auf Darlehen anwendbar, die vor dem Vz 2008 vereinbart wurden. Insoweit handelt es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige unechte Rückwirkung.
Rz. 369
Bei einem vom Kj. abweichenden Wirtschaftsjahr ist die Vorschrift ebenfalls erstmals anwendbar, wenn die Gewinnminderung im Vz 2008 zu berücksichtigen ist. Das ist jede Gewinnminderung, die im Wirtschaftsjahr 2007/2008 eintritt. Die Regelung kann daher auch Gewinnminderungen erfassen, die zwar im Wirtschaftsjahr 2007/2008, aber vor dem 1.1.2008 eingetreten sind. Auch diese Gewinnminderungen sind im Vz 2008 steuerlich zu erfassen. Problematisch ist hierbei, dass das Gesetz Vorgänge (Gewinnminderungen) erfasst, die weit vor dem Zeitpunkt des Parlamentsbeschlusses über das Gesetz eingetreten sind. Das Gesetz ist am 20.12.2007 verabschiedet worden; es ist also auf Vorgänge des abweichenden Wirtschaftsjahres 2007/2008 anwendbar, die vor der Verabschiedung des Gesetzes eingetreten sind. Da jedoch auch in diesem Fall die Steuer erst mit dem 31.12.2008 entsteht, liegt eine unechte Rückwirkung vor, die verfassungsrechtlich zulässig ist.
Rz. 370
Soweit die Gesetzesbegründung suggeriert, dass es sich nur um eine "Präzisierung" des gesellschaftsrechtlichen Zusammenhangs handle, ein Gesellschafterdarlehen also auch vor der Neuregelung bereits einer Beteiligung gleichzustellen gewesen sei, ist das unrichtig. Nach keiner der juristischen Auslegungsmethoden kann ein Darlehen als mit einer Beteiligung gleich oder vergleichbar gesehen werden; die Ausführung in der Gesetzesbegründung ist rechtlich unmöglich. Die Neuregelung ist daher konstitutiv und gilt erst ab Vz 2008. Nur aus wirtschaftlicher Sicht, nicht aber aus rechtlicher Sicht ist eine Gleichstellung von Beteiligung und Gesellschafterdarlehen überzeugend. Beides sind Formen eines Investments des Gesellschafters in seine Gesellschaft. Aufgrund der Finanzierungsfreiheit steht es ihm frei, die Form des Investments zu bestimmen. Die steuerliche Behandlung des Investments hat entsprechend zu erfolgen; es kann keine pauschale Gleichstellung erfolgen. Allerdings ist es dem Gesellschafter gerade aufgrund der Finanzierungsfreiheit möglich, die eingeschränkte steuerliche Berücksichtigung von Beteiligungsverlusten durch die Hingabe von Darlehen statt Eigenkapital zu umgehen. § 8b Abs. 3 S. 4 KStG kann daher als Vorschrift zur Verhinderung von Gestaltungen, die nach Auffassung der Finanzverwaltung und des Gesetzgebers einen Missbrauch indizieren, angesehen werden. Allerdings ist eine derartige Sichtweise m. E. nur dann vertretbar, wenn die Vorschrift im Wesentlichen Missbrauchsfälle trifft. Dazu ist aber der derzeitige Anwendungsbereich zu weit, da er alle Gesellschafterdarlehen, nicht nur "eigenkapitalersetzende" Darlehen, erfasst. Dass bei einer Beteiligung von mindestens 25 % stets eine Missbrauchsgefahr besteht, lässt sich m. E. nicht ernsthaft vertreten.