Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, Elisabeth Wöhrle
Rz. 141
Abs. 4 S. 1, der den übertragenden Rechtsträger betrifft, lässt den Abzug von Verlusten (negativen Einkünften), des Zinsvortrags und des EBITDA-Vortrags (s. Rz. 143) der übertragenden Körperschaft (nur) in der Weise zu, wie er ohne die Rückwirkungsfiktion bei dem übertragenden Rechtsträger möglich gewesen wäre. Diese Besteuerungsgrundlagen des übertragenden Rechtsträgers gehen nicht auf den übernehmenden Rechtsträger über, obwohl dieser in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers eintritt. Vielmehr gehen diese Besteuerungsgrundlagen infolge der Umwandlung nach § 4 Abs. 2 S. 2 UmwStG, der Verschmelzung nach § 12 Abs. 3 i. V. m. § 4 Abs. 2 UmwStG und der Aufspaltung aufgrund der Verweisung in § 15 Abs. 1 S. 1 UmwStG unter. Bei der Abspaltung gehen die auf das übertragene Vermögen anteilig entfallenden Besteuerungsgrundlagen ebenfalls unter, die auf das verbleibende Vermögen entfallenden Besteuerungsgrundlagen bleiben bestehen. Der durch Gesetz v. 22.12.2009 eingeführte § 2 Abs. 4 S. 1 UmwStG dient dazu, diese Regelungen abzusichern, indem verhindert wird, dass diese Besteuerungsgrundlagen infolge der Rückwirkung vor ihrem Untergang noch genutzt werden können. Es ist ein Vergleich zwischen der Verlustnutzung bei dem übertragenden Rechtsträger mit und ohne Rückwirkungsfiktion anzustellen, dagegen nicht ein Vergleich zwischen der Verlustnutzung mit und ohne Umwandlung.
Rz. 142
Der persönliche Regelungsbereich der S. 1 und 2 betrifft den übertragenden Rechtsträger. Verluste, die bei ihm etwa wegen § 8c KStG unabziehbar wären, können nicht durch eine Umwandlung mit Rückwirkung (etwa auf einen Zeitpunkt vor dem schädlichen Beteiligungserwerb nach § 8c KStG) dadurch abziehbar gemacht werden, dass ein Übertragungsgewinn ausgewiesen und mit vorhandenen Verlustvorträgen ausgeglichen wird. Es kommt nicht darauf an, ob der schädliche Beteiligungserwerb im Rückwirkungszeitraum vor oder nach der Fassung des Umwandlungsbeschlusses erfolgt ist. Soweit der übertragende Rechtsträger im Inland ansässig ist, gilt die Vorschrift auch für grenzüberschreitende Umwandlungen.
Rz. 143
Für die Frage, ob die Verlustnutzung ohne die Rückwirkungsfiktion möglich gewesen wäre, ist auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Handlung abzustellen, durch die die Gewinne entstehen, mit denen die Verluste verrechnet werden sollen. Wenn in diesem Zeitpunkt die Verluste, der Zinsvortrag bzw. der EBITDA-Vortrag noch nicht unabziehbar geworden sind, bleibt die Verlustverrechnungsmöglichkeit auch bei rückwirkender Umwandlung erhalten.
Rz. 144 – 149 einstweilen frei
Rz. 150
Da die Verluste, der Zinsvortrag sowie der EBITDA-Vortrag nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen, sondern bei Umwandlung, Verschmelzung und Spaltung (bei der Abspaltung anteilig) verfallen, betrifft die Regelung in erster Linie den Fall, dass die Rückwirkung mit einem anderen Tatbestand der Verlust- und Zinsvortragsvernichtung zusammentrifft. Tatbestand für Verluste ist die Regelung des § 8c KStG, für Zinsen die des § 8a Abs. 1 S. 3 KStG i. V. m. § 8c KStG. Der Gesetzgeber erfasst den Fall, dass durch die Rückwirkung ein Verlust bzw. ein Zinsvortrag genutzt wird, der infolge eines schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c KStG bereits vollständig oder anteilig untergegangen ist. Es müssen im Rückwirkungszeitraum ein Beteiligungserwerb und eine Gewinnrealisierung zusammentreffen, durch die die Verlust- bzw. Zinsvortragsnutzung in größerem Umfang ermöglicht wird als ohne Rückwirkung. Das ist der Fall, wenn im Rückwirkungszeitraum ein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegt und durch die Umwandlung ein Übertragungsgewinn erzielt wird.
Die A-AG erwirbt zum 1.7.01 alle Anteile an der X-GmbH, die Verlustvorträge (einen Zinsvortrag) aufweist. Am 15.7.01 wird die Verschmelzung der X-GmbH auf die A-AG zum 31.12.00 beschlossen. In der Übertragungsbilanz werden die stillen Reserven durch Ansatz des gemeinen Werts oder durch Zwischenwertansatz soweit aufgedeckt, dass dadurch die Nutzung der zum 31.12.00 vorhandenen Verlustvorträge (durch Erhöhung des EBITDA die Nutzung des Zinsvortrags) optimiert wird.
Durch den Anteilserwerb zum 1.7.01 sind alle Verlustvorträge und der Zinsvortrag, der zum 31.12.00 bestanden hatte, untergegangen. Im Zeitpunkt der Realisierung der stillen Reserven durch die Umwandlung am 15.7.01 wäre der übertragenden Körperschaft ohne Rückwirkung keine Verlustnutzung mehr möglich gewesen, weil die Verluste in diesem Zeitpunkt durch den Anteilserwerb bereits untergegangen waren. Dementsprechend schließt § 2 Abs. 4 UmwStG die Verlustnutzung auf den 31.12.00 aus.
Rz. 151
Da die Verlustnutzung durch ein Zusammentreffen von Verlustabzugsbeschränkung (i. d. R. dem schädlichen Anteilserwerb) und Rückwirkung ermöglicht werden muss, fallen alle Gestaltungen nicht unter die Vorschrift, bei denen im Rahmen einer Umwandlung Verluste genutzt werden, ohne dass im Zeitpunkt der tatsächlichen Handlung, die zur Gewinnrealisierung führt, eine...