Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 135
Die übergehenden Wirtschaftsgüter müssen dem Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers zuzuordnen sein. Der Begriff "Betriebsvermögen" ist bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbstständiger Arbeit identisch. Ob Betriebsvermögen vorliegt, richtet sich nach den Grundsätzen der §§ 13, 15 bzw. 18 EStG. Der Überführung in das Betriebsvermögen steht nicht entgegen, dass der übernehmende Rechtsträger seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Unerheblich ist, ob das Betriebsvermögen im In- oder Ausland belegen ist. Insoweit als die übergehenden Wirtschaftsgüter nicht Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers werden, sind diese mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Geltung hat dies auch für einzelne Wirtschaftsgüter, die bei der übernehmenden, gewerblich tätigen natürlichen Person in das Privatvermögen übergehen.
Rz. 136
Dem Bewertungswahlrecht auf der Ebene des übertragenden Rechtsträgers steht es nicht entgegen, dass nach der Verschmelzung der übertragenden Körperschaft auf die übernehmende Personengesellschaft bzw. natürliche Person die gewerbesteuerliche Erfassung der stillen Reserven nicht gewährleistet ist. Dies betrifft z. B. den Formwechsel einer Steuerberatungs-GmbH mit kraft Gesetzes gewerblichen Einkünften in eine Steuerberatungs-Personengesellschaft mit Einkünften nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Ein allgemeiner gewerbesteuerlicher Entstrickungstatbestand besteht nicht. Zu beachten ist aber § 18 Abs. 3 UmwStG.
Rz. 137
Eine vermögensverwaltende Personengesellschaft als übernehmender Rechtsträger kann bei gewerblicher Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Betriebsvermögen haben und damit Zielpersonengesellschaft i. S. d. § 3 Abs. 1 S. 1 UmwStG sein. Durch die gewerbliche Prägung wird das gesamte der Vermögensverwaltung dienende Vermögen der Personengesellschaft Betriebsvermögen. Gleiches gilt in den Fällen von § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EStG. Übt die Personengesellschaft u. a. auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, wird deren gesamtes Vermögen grundsätzlich zu Betriebsvermögen. Keine Abfärbung auf die übrigen Einkünfte findet allerdings statt, wenn die gewerblichen Einkünfte als äußerst geringfügig anzusehen sind. Dies ist zu bejahen, wenn die Nettoumsatzerlöse aus der originär gewerblichen Tätigkeit 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und einen Betrag von 24.500 EUR im Vz nicht übersteigen. Unter § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EStG fällt auch der Fall der Beteiligung einer vermögensverwaltenden Oberpersonengesellschaft mit Überschusseinkünften an einer gewerblich tätigen Unterpersonengesellschaft mit der Folge, dass die gesamten Einkünfte der Oberpersonengesellschaft als gewerbliche Einkünfte gelten. Eine Geringfügigkeitsgrenze besteht insoweit nicht.
Rz. 137a
Zu beachten ist, dass eine gewerblich tätige Personengesellschaft im Gesamthandsbereich auch über notwendiges Privatvermögen verfügen kann. Überlässt z. B. eine originär gewerblich tätige Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter unentgeltlich ein zum Gesellschaftsvermögen der Kapitalgesellschaft gehörendes mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück zur Selbstnutzung und wird diese Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft verschmolzen, entsteht insoweit auf der Ebene der übernehmenden Personengesellschaft im Gesamthandsbereich notwendiges Privatvermögen mit der Folge, dass insoweit in der steuerlichen Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers der gemeine Wert anzusetzen ist. Hinsichtlich der übrigen übergehenden Wirtschaftsgüter gilt das Bewertungswahlrecht nach § 3 Abs. 2 S. 1 UmwStG. Erfolgt die Verschmelzung auf den Alleingesellschafter der Kapitalgesellschaft, wird aus dem überlassenden Grundstück ebenfalls notwendiges Privatvermögen. Auch insoweit ist dann auf der Ebene des übertragenden Rechtsträgers zwingend der gemeine Wert anzusetzen. Bei einer teilentgeltlichen Überlassung bleibt das Grundstück im Fall der Verschmelzung der Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft auch auf der Ebene der übernehmenden Personengesellschaft Betriebsvermögen. Hinsichtlich des unentgeltlichen Teils der Nutzungsüberlassung liegt dann bei der Personengesellschaft eine Nutzungsentnahme vor.
Rz. 138
Ein Anwendungsfall von § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG liegt auch vor, wenn sich die Betriebsvermögenseigenschaft bei der übernehmenden natürlichen Person bzw. Personengesellschaft aus ihrer Eigenschaft als Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ergibt. Verpachtet eine Kapitalgesellschaft – ohne dass die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung vorliegen – einen Betrieb im Ganzen und wird die Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person verschmolzen, lebt das Verpächterwahlrecht, die Betriebsaufgabe zu erklären, vor dem Hintergrund der Regelung in § 8 Abs. 2 KStG erst nach der Verschmelzung der Kapitalgesellschaft auf das Personenunternehmen auf. Das übergehende Betriebsvermögen bleibt beim übernehmenden Rechtsträger solange...