Rz. 16
Die Freistellung im Steuerabzugsverfahren ist von einem Antrag der Muttergesellschaft bzw. deren EU-Betriebsstätte als Gläubigerin der Kapitalerträge abhängig. Dieser Antrag wird nach § 50d Abs. 2 S. 1 EStG nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim BZSt gestellt.
Der Antrag (Vordruck DBA/Allg. Freist./Div.) ist auf die Freistellung vom Steuerabzug von Kapitalerträgen nach § 50d EStG i. V. m. § 43b EStG bzw. dem jeweils anzuwendenden DBA gerichtet. Der Erstattungsantrag muss mit der Ansässigkeitsbescheinigung der für die Muttergesellschaft zuständigen ausl. Steuerbehörde versehen sein. Dem Antrag sind Belege beizufügen, aus denen sich Art, Höhe und Tag jedes Zuflusses der Kapitalerträge sowie die einbehaltene KapESt ergeben, z. B. Steuerbescheinigung o. Ä. Die Einzelheiten des Verfahrens der Freistellung im Steuerabzugsverfahren sind in § 50d EStG geregelt.
Rz. 17
Auch für Muttergesellschaften, die in Vertragsstaaten außerhalb der EU ansässig sind und nach dem DBA Anspruch auf Ermäßigung der KapESt haben, gilt diese Regelung zur Freistellung im Steuerabzugsverfahren (§ 50d EStG Rz. 50).
Rz. 18
Sobald der Tochtergesellschaft die Freistellungsbescheinigung des BZSt vorliegt, darf sie davon absehen, den Steuerabzug vom Kapitalertrag vorzunehmen. Dadurch erübrigt sich der sonst jeweils erforderliche Antrag auf Erstattung der einbehaltenen und abgeführten KapESt.
Rz. 19
Soweit für vor dem Stellen des Antrags auf Erteilung der Freistellungsbescheinigung vorgenommene Gewinnausschüttungen der Steuerabzug zum Regelsteuersatz von 25 % erfolgte, wird das BZSt die erhobene KapESt und den SolZ zur KapESt auf Antrag der Muttergesellschaft gem. § 50d Abs. 1 S. 2 EStG erstatten (zum Erstattungsverfahren, auch zur Antragsfrist, vgl. § 50d EStG Rz. 34ff.).
Das Erstattungsverfahren ist auch dann zulässig, wenn das Freistellungsverfahren möglich gewesen wäre.
Rz. 20
Hat die Tochtergesellschaft die KapESt zum vollen Steuersatz von 25 % einbehalten, obwohl die Freistellungsbescheinigung bereits erteilt wurde, ist eine Erstattung der erhobenen KapESt durch das BZSt nicht möglich. Die Erstattung der insoweit ohne rechtlichen Grund erhobenen KapESt (§ 37 Abs. 2 AO) und des SolZ zur KapESt kann nur durch Änderung der KapESt-Anmeldung nach § 44b Abs. 5 EStG bei dem FA beantragt werden, an das die KapESt abgeführt wurde (§ 44b EStG Rz. 26ff., 45).
Rz. 21
Die Freistellungsbescheinigung gilt höchstens für einen Zeitraum von 3 Jahren (§ 50d EStG Rz. 54). Ihre Geltungsdauer beginnt nach § 50d Abs. 2 S. 4 EStG frühestens an dem Tag, an dem der Antrag beim BZSt eingeht.
Die Freistellung ist mit der nach § 50d Abs. 2 S. 2 EStG zulässigen Auflage verbunden, dass dem BZSt innerhalb von 5 Monaten nach Ablauf eines jeden Jahrs, für das die Freistellung gilt, die im jeweiligen Jahr erfolgten Ausschüttungen (Bruttobetrag und Daten der Ausschüttung) gemeldet werden bzw. eine sog. "Null-Meldung" erfolgt, wenn keine Ausschüttungen vorgenommen wurden.
Rz. 22
Unabhängig davon hat die Tochtergesellschaft nach jeder erfolgten Ausschüttung eine KapESt-Anmeldung abzugeben – und zwar auch dann, wenn aufgrund der Freistellungsbescheinigung kein Steuerabzug vorzunehmen war (§ 45a EStG Rz. 7ff.).
Rz. 23
Dass die Freistellung im Steuerabzugsverfahren nur auf Antrag gewährt wird, ist darin begründet, dass die Vergünstigung des § 43b EStG nur solchen Muttergesellschaften und EU-Betriebsstätten zugute kommen soll, die dazu auch berechtigt sind, und dass missbräuchliche Beantragungen verhindert werden sollen. Deshalb wird die Freistellungsbescheinigung nur erteilt, wenn die für die Freistellung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind und die für die Muttergesellschaft bzw. deren EU-Betriebsstätte zuständige ausl. Steuerbehörde auf dem Antragsformular bestätigt, dass die Antragstellerin in dem betreffenden EU-Mitgliedstaat i. S. d. Steuerrechts ansässig ist und dort den Steuern vom Einkommen oder Gewinn unterliegt, ohne davon befreit zu sein (vgl. auch § 50d Abs. 3 EStG, der das missbräuchliche Erschleichen der Berechtigung zur Quellensteuerentlastung nach § 43b EStG bzw. dem betreffenden DBA verhindern soll; wegen Einzelheiten vgl. § 50d EStG Rz. 62ff.).