Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 314
Nach § 50d Abs. 11 EStG ist das internationale Schachtelprivileg nur insoweit anwendbar, als die Gewinnausschüttung nach nationalem Recht nicht einer anderen Person als dem Zahlungsempfänger zugerechnet wird. Die Steuerfreistellung erfolgt also nicht, soweit die Ausschüttung nicht bei dem Zahlungsempfänger, sondern bei einer anderen Person, dem Komplementär der KGaA bzw. dem atypisch stillen Gesellschafter, steuerlich erfasst wird. Dieser Tatbestand ist durch den Begriff "Zurechnung" unklar, da nicht eindeutig ist, was für eine Zurechnung gemeint ist. So kann durchaus die Ansicht vertreten werden, dass auch nach deutschem Steuerrecht die Gewinnausschüttung auf der ersten Stufe der KGaA bzw. der Kapitalgesellschaft bei der Kapitalgesellschaft & atypisch stillen Gesellschaft zugerechnet wird und erst in der zweiten Stufe, bei der atypisch stillen Gesellschaft durch die gesonderte Gewinnfeststellung, die Zurechnung bei dem Gesellschafter erfolgt. Dann würde auch nach deutschem Steuerrecht die Zurechnung auf der ersten Stufe immer bei dem Zahlungsempfänger erfolgen, Abs. 11 wäre gegenstandslos.
Rz. 315
§ 50d Abs. 11 S. 2 EStG enthält eine Ausnahme von dieser Regel. Würde dem Zurechnungssubjekt das internationale Schachtelprivileg nach dem DBA zustehen, wenn er Zahlungsempfänger gewesen wäre, steht ihm die Freistellung zu. Diese Ausnahme von der Regel des Abs. 1 ist gerechtfertigt, da Abs. 11 verhindern soll, dass Personen in den Genuss der Steuerfreistellung kommen, denen sie bei direktem Bezug der Ausschüttung nicht zustehen würde. Wären diese Personen auch bei direktem Bezug durch das internationale Schachtelprivileg begünstigt, besteht kein rechtfertigender Grund, sie in den Fällen der Beteiligung an einer hybriden Gesellschaft von der Begünstigung auszuschließen. Das betrifft nur Kapitalgesellschaften als Komplementär der KGaA oder als atypische stille Gesellschafter, da das internationale Schachtelprivileg nur Kapitalgesellschaften zusteht. Personengesellschaften, auch soweit an ihnen Körperschaften beteiligt sind, qualifizieren sich regelmäßig nicht für das internationale Schachtelprivileg. Ist der Komplementär bzw. der atypisch stille Gesellschafter aber eine Körperschaft, ist die Einschränkung in S. 2 praktisch bedeutungslos, da die Gewinnausschüttung bei der Körperschaft ohnehin nach § 8b Abs. 1 KStG von der Besteuerung auszunehmen ist.
Rz. 316
Das Gesetz sieht also eine dreistufige Qualifizierung vor. Auf der ersten Stufe erfolgt die Qualifizierung aufgrund der autonom auszulegenden Vorschriften des DBA. Ist danach der Zahlungsempfänger eine Kapitalgesellschaft, ist das internationale Schachtelprivileg unabhängig von besonderen Zuordnungskriterien des nationalen Rechts anwendbar. Dann hat jedoch eine zweite Qualifizierung auf der Grundlage des nationalen Rechts zu erfolgen, die u. U. die abkommensrechtliche Qualifizierung verdrängt. Wird nach nationalen Vorschriften die Ausschüttung einer anderen Person zugerechnet als dem Zahlungsempfänger, erfolgt die Steuerfreistellung nicht. Hieran schließt eine dritte Stufe an, die in § 50d Abs. 11 S. 2 EStG geregelt ist. Danach kommt es doch zur Freistellung, wenn die Person, der die Ausschüttung zugerechnet worden ist, unter dem DBA zum internationalen Schachtelprivileg berechtigt wäre, wenn sie Zahlungsempfänger wäre. Das ist der Fall, wenn der Komplementär einer KGaA oder der atypisch stille Gesellschafter die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft aufweist.
Rz. 317
Wesentlich ist, dass § 50d Abs. 11 EStG nur die Freistellung nach DBA ausschließt. Nationale Vorschriften über die Freistellung von Gewinnausschüttungen, insbesondere § 8b Abs. 1 KStG, bleiben unberührt.
Rz. 318
Damit ergibt sich, wenn man § 50d Abs. 11 EStG zugrunde legt, folgende Besteuerung:
- Soweit die Gewinnausschüttung der KGaA dem aktienrechtlichen Teil der KGaA oder der Kapitalgesellschaft bei der Kapitalgesellschaft & atypisch stillen Gesellschaft zugerechnet wird, bleibt die Steuerfreiheit aufgrund des internationalen Schachtelprivilegs bestehen.
- Soweit die Gewinnausschüttung der KGaA hinsichtlich des Komplementärs oder dem atypisch stillen Gesellschafter zugerechnet wird, bleibt die Steuerfreiheit aufgrund des internationalen Schachtelprivilegs bestehen, wenn dieser eine Kapitalgesellschaft ist.
- Soweit die Gewinnausschüttung der KGaA hinsichtlich des Komplementärs oder dem atypisch stillen Gesellschafter zugerechnet wird, entfällt die Steuerfreiheit aufgrund des internationalen Schachtelprivilegs, wenn dieser eine natürliche Person ist,
- Ist der Komplementär bei der KGaA oder der stille Gesellschafter eine Personengesellschaft, ist die Gewinnausschüttung steuerfrei, soweit an der Personengesellschaft eine Körperschaft beteiligt ist, jedoch nicht nach dem internationalen Schachtelprivileg, sondern nach § 8b Abs. 1, 6 KStG. Soweit es sich um eine natürliche Person handelt, entfällt die Steuerfreiheit.
Rz. 319
Gewerbesteuerlich hat die Vorschrift keine Auswirkungen auf die Besteuerung de...