Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Rz. 59
§ 51a Abs. 2 S. 2 EStG, eingefügt durch G. v. 21.12.2000 mit Wirkung ab 1.1.2001, bestimmt, dass die ESt als Bemessungsgrundlage für die Zuschlagsteuer um die Effekte des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens zu bereinigen ist. Der wesentliche Grund hierfür liegt in der KiSt. Die Reduzierung der ESt durch das Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren beruht auf dem Gedanken, dass die Vorbelastung bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft pauschalierend durch Senkung der ESt-Belastung auf die ausgeschüttete Dividende zu berücksichtigen ist. Die Vorbelastung bei der ausschüttenden Körperschaft (KSt) unterliegt aber nicht der KiSt, sodass eine entsprechende Reduzierung der Bemessungsgrundlage für die KiSt nicht angezeigt ist. Abs. 2 S. 2 bereinigt die Bemessungsgrundlage für die Zuschlagsteuer (KiSt) daher um die Wirkung des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens.
Rz. 60
An sich gilt § 51a EStG, und damit Abs. 2 S. 2, auch für andere Zuschlagsteuern als die KiSt, etwa den SolZ. Das SolzG enthält jedoch in § 3 SolzG eine eigenständige Regelung für die Bemessungsgrundlage, die § 51a Abs. 2 EStG verdrängt. In § 3 SolzG wird die Bemessungsgrundlage jedoch nicht um die Wirkungen des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens bereinigt, der SolZ insoweit also von einer reduzierten Bemessungsgrundlage errechnet. Das ist systematisch richtig, da die Vorbelastung auf der Ebene der Körperschaft, die KSt, selbstständig dem SolZ unterliegt. Die Vermeidung der Doppelbelastung erfordert also, dass das Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren auch für den SolZ Anwendung findet.
Rz. 61
Nach Abs. 2 S. 2 ist die ESt als Bemessungsgrundlage der KiSt von einem zu versteuernden Einkommen zu berechnen, das um die nach § 3 Nr. 40 EStG aufgrund des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens steuerfreien Beträge erhöht und um die nach § 3c Abs. 2 EStG nicht abziehbaren Ausgaben gemindert worden ist. In das zu versteuernde Einkommen geht also die volle Gewinnausschüttung ein, entsprechend sind die damit zusammenhängenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten in voller Höhe abziehbar.
Rz. 62
Dieses zu versteuernde Einkommen dient nur der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die KiSt. Es ist also in einer Schattenveranlagung eine ESt als Bemessungsgrundlage für die Zuschlagsteuer zu ermitteln, die von der tatsächlich festgesetzten ESt abweicht. Diese fiktive ESt dient als Bemessungsgrundlage der Zuschlagsteuer und kommt auch dann zur Anwendung, wenn im Vz nicht verbrauchte Verlustvorträge vorhanden sind und die ESt somit 0 EUR beträgt. Der BFH sieht hier keine Möglichkeit zur Verrechnung der Verlustvorträge mit den hinzuzurechnenden fiktiven Einkünften. Denn § 51a Abs. 2 S. 2 EStG schreibt zwingend die Hinzurechnung der steuerfreien Einkünfte nach § 3 Nr. 40 EStG zwecks Berechnung der "fiktiven" ESt vor. Der Umstand, dass dem Stpfl. für das Streitjahr noch nicht durch Verrechnung verbrauchte Verlustvorträge zur Verfügung stehen, führt dabei nicht zu einer Reduzierung der KiSt. Verlustvorträge gem. § 10d EStG verringern die Bemessungsgrundlage der Zuschlagsteuern nur insoweit, als sie mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte verrechnet werden und damit das nach § 2 Abs. 5 EStG zu versteuernde Einkommen als Ausgangsgröße der Berechnung der Zuschlagsteuern gem. § 51a Abs. 2 EStG mindern. Eine weitergehende Verwendung von Verlustvorträgen für Zwecke der Zuschlagsteuern sieht das Gesetz nicht vor. Auch besteht insoweit keine planwidrige Regelungslücke, da die Konsequenz einer wortgetreuen Gesetzesanwendung weder systemwidrig noch wirtschaftlich unvertretbar ist. Insbesondere besteht kein Rechtsgrundsatz, nach dem die KiSt als Zuschlagsteuer die festgesetzte ESt in einzelnen Vz der Höhe nach nicht übersteigen darf. Letztlich verstößt die Hinzurechnung der steuerfreien Halb- bzw. Teileinkünfte auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Vielmehr ist die Hinzurechnung eine folgerichtige Reaktion auf die Einführung des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens. Da die empfangenen Dividenden auf der Ebene der ausschüttenden Kapitalgesellschaften nicht mit KiSt "vorbelastet" sind, besteht kein sachlicher Grund dafür, diese Einkünfte auf der Ebene des Empfängers zur Hälfte bzw. zu 40 % von der KiSt freizustellen. Entsprechend hat das BVerwG entschieden, dass es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, wenn der Landesgesetzgeber es für die KiSt-Bemessung bei einer Bezugnahme auf § 51a EStG belässt und die Möglichkeit, bei der Hinzurechnung des nach dem Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren einkommensteuerfreien Teils der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften und Kapitalvermögen einen Verlustvortrag zu berücksichtigen, nicht vorsieht.
Rz. 63
Einwendungen gegen die Berechnung der "fiktiven" ESt nach § 51a Abs. 2 EStG als Grundlage für die Festsetzung der KiSt sind (in Nordrhein-Westfalen) im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Festsetzung der KiSt gegenüber der zuständigen Kirchenbehörde und nicht im Verfahren gegen die Festsetzung der ESt gegenüber dem FA gelt...