Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe, Prof. Dr. Axel Mutscher
Rz. 152
Werden mehrere Wirtschaftsgüter aufgrund eines einheitlichen Vertrags zu einem Gesamtkaufpreis erworben – z. B. ein Betrieb oder ein Grundstück samt aufstehendem Gebäude oder eine Eigentumswohnung –, so zwingt der Grundsatz der Einzelbewertung (s. Rz. 41ff.) dazu, den Gesamtkaufpreis nach den Wertverhältnissen im Anschaffungszeitpunkt auf die einzelnen Wirtschaftsgüter aufzuteilen. Ob ein oder mehrere Wirtschaftsgüter erworben werden, beurteilt der BFH nach bürgerlichem Recht.
Rz. 153
Die Höhe der anteiligen Anschaffungskosten für die einzelnen Wirtschaftsgüter kann sich aus den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen ergeben, wenn die Vertragsparteien eine Aufteilung des Gesamtkaufpreises vorgenommen haben und an der Ausgeglichenheit der jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen kein Zweifel besteht. Es besteht die Beweisregel, dass im Allgemeinen eine ernstlich gewollte Preisabsprache anzunehmen ist. Es empfiehlt sich daher, einem Kaufvertrag eine Liste der einzelnen Wirtschaftsgüter mit einem anteiligen Kaufpreis für jedes Wirtschaftsgut beizufügen. Einer einvernehmlichen Aufteilung durch die Vertragsparteien ist jedoch dann nicht zu folgen, wenn sie nicht ernstlich gewollt ist und den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht entspricht, weil Gründe der Steuerersparnis in erster Linie für die vereinbarte Aufteilung maßgebend waren.
Rz. 153a
Bei einem gemischt genutzten Grundstück kann der Erwerber den Finanzierungsaufwand einem bestimmten, der Einkunftserzielung dienenden Gebäudeteil zuordnen, um die Darlehenszinsen zur Finanzierung der Anschaffungskosten für diesen Gebäudeteil bei den Einkünften aus Vermietung abziehen zu können, indem er mit den als Darlehen empfangenen Mitteln tatsächlich die Aufwendungen begleicht, die der Anschaffung oder Herstellung dieses Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind. Die Zuordnung von Darlehensmitteln zu einzelnen Immobilienobjekten erfordert beim Erwerb eines Mehrfamilienhauses regelmäßig die Vereinbarung von Einzelkaufpreisen für die steuerrechtlich grundsätzlich getrennt zu betrachtenden Wohnungen. Erforderlich ist weiter, dass die Darlehensmittel nachvollziehbar tatsächlich dazu verwendet werden, um die Teilkaufpreise für die zur Vermietung bestimmten Wohneinheiten zu bezahlen. Das setzt grundsätzlich eine Trennung von Eigen- und Fremdmitteln voraus. Werden dagegen die als Darlehen empfangenen Mittel zusammen mit weiteren Eigenmitteln des Stpfl. auf einem Bankkonto vorgehalten, tritt eine Vermischung von Darlehensmitteln mit Eigenmitteln des Stpfl. ein, die eine gezielte Zuordnung des Darlehens zu dem zur späteren Fremdvermietung bestimmten Gebäudeteil regelmäßig ausschließt.
Rz. 154
Für die Angemessenheit der Aufteilung eines Gesamtkaufpreises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter durch die Vertragsparteien spricht eine Vermutung. Ist diese durch das FA entkräftet, so kann der Stpfl. dennoch geltend machen, die Vertragsparteien hätten einen wirtschaftlich begründeten Anlass gehabt, eine Aufteilung abweichend vom Verhältnis der Teil- oder der Verkehrswerte vorzunehmen.
Rz. 155
Fehlt es an einer Aufteilung des Gesamtkaufpreises durch die Vertragsparteien oder gilt die Ausgeglichenheitsvermutung nicht oder liegen keine wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen Gründe vor, die die von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung rechtfertigen, so ist der Gesamtkaufpreis im Wege der Schätzung aufzuteilen. Schätzungsgrundlage ist bei Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens der Teilwert und bei solchen des Privatvermögens der Verkehrswert/gemeine Wert. Maßgeblich sind im betrieblichen Bereich die Teilwerte für den Betrieb des Erwerbers im Zeitpunkt der Anschaffung. Unzulässig ist in jedem Fall eine Aufteilung nach der Restwertmethode, bei der zunächst der Verkehrswert eines Wirtschaftsguts ermittelt und sodann der verbleibende Rest des Gesamtkaufpreises dem anderen Wirtschaftsgut zugeordnet wird.
Zunächst sind Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund- und Boden- sowie den Gebäudeanteil aufzuteilen. Für die Schätzung des Werts des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils kann die ImmoWertV herangezogen werden. Welches Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist, ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Ein Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren für bestimmte Gebäudearten besteht nicht.
Soweit das BMF eine Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung zur Verfügung stellt, ist diese für die FG nicht bindend. Nachdem der BFH die bisherige Version des BMF als fehlerhaft verworfen hatte, wurde im Mai 2021 eine neue, aktualisierte Fassung der Arbeitshilfe veröffentlicht.
Der BFH vertritt die Auffassung, dass der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA aufzuteilen ist, wenn für die Anschaffung eines Immobilienobjekts ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden.
Rz. 156
Als Bei...