Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 302
Nach § 7 Abs. 1 S. 3 EStG gilt als betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Geschäfts- bzw. Firmenwerts eines Gewerbebetriebs oder eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ein Zeitraum von 15 Jahren.
Rz. 302a
§ 7 Abs. 1 S. 3 EStG betrifft nur entgeltlich erworbene Geschäfts- bzw. Firmenwerte. Für originäre Geschäfts- bzw. Firmenwerte besteht nach § 5 Abs. 2 EStG ein Aktivierungsverbot. Zu verstehen ist unter dem Geschäfts- bzw. Firmenwert der einem gewerblichen Unternehmen oder einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb über den Verkehrswert der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter hinaus innewohnende Wert. Bei einer freiberuflichen Praxis wird dieser Wert als Praxiswert bezeichnet. Insoweit ist § 7 Abs. 1 S. 3 EStG nicht anwendbar. Als Geschäfts oder Firmenwert i. S. d. § 7 Abs. 1 S. 3 EStG anzusehen sind z. B. die Belieferungsmöglichkeiten eines Pressegrossisten.
Rz. 302b
Anzuwenden ist § 7 Abs. 1 S. 3 EStG auch auf abnutzbare , dem Geschäfts- bzw. Firmenwert ähnliche Wirtschaftsgüter. Hierunter sind solche Wirtschaftsgüter zu verstehen, die so eng mit den Gewinnchancen eines Unternehmens verknüpft sind, dass sich ihr Wert im gleichen Zeitraum wie ein Geschäfts- bzw. Firmenwert verflüchtigt. Derartige selbstständige Wirtschaftsgüter können z. B. der Kundenstamm oder der Auftragsbestand sein.
Rz. 303
Als betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Geschäfts- bzw. Firmenwerts eines Gewerbebetriebs oder eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft wird ein Zeitraum von 15 Jahren festgeschrieben. Die Fiktion der fünfzehnjährigen Nutzungsdauer ist unwiderleglich. Es darf weder eine kürzere noch eine längere Nutzungsdauer der AfA zugrunde gelegt werden. Dies gilt z. B. auch bei personenbezogenen Gewerbebetrieben. Eine Ausnahme kommt in Betracht bei einer sonst offensichtlich unzutreffenden Besteuerung.
Rz. 304
Auch hinsichtlich des Geschäfts- bzw. Firmenwerts besteht eine Pflicht zur AfA. Die AfA auf den erworbenen Geschäfts- bzw. Firmenwert ist unabhängig davon, ob sich zugleich mit dem Verbrauch des erworbenen Geschäfts- bzw. Firmenwerts ein neuer originärer Geschäfts- bzw. Firmenwert entwickelt. In Betracht kommt nur die lineare AfA-Methode nach § 7 Abs. 1 S. 1 EStG. Eine degressive AfA bei immateriellen Wirtschaftsgütern ist ausgeschlossen.
Rz. 305
§ 7 Abs. 1 S. 3 EStG lässt den Ansatz des niedrigeren Teilwerts unberührt. Durch die Teilwertabschreibung darf allerdings die gesetzliche Fiktion einer Nutzungsdauer von 15 Jahren nicht unterlaufen werden. Von daher berechtigen nur solche Umstände hinsichtlich der geschäfts- bzw. firmenwertbildenden Faktoren zu einer Teilwertabschreibung, die ohne Rücksicht auf die tatsächliche Nutzungsdauer eine Wertminderung gegenüber dem Anschaffungszeitpunkt begründen.
Rz. 306
§ 7 Abs. 1 S. 3 EStG findet auf den Praxiswert keine Anwendung. Er ist aufgrund dessen Personenbezogenheit mit dem Geschäfts- bzw. Firmenwert nicht vergleichbar. Der Praxiswert ist nach § 7 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben. Bei einem Einzelpraxiswert ist dabei von einem AfA-Zeitraum von 3 bis 5 Jahren und bei einem Sozietätspraxiswert von einem AfA-Zeitraum von 6 bis 10 Jahren auszugehen. Anzuwenden ist § 7 Abs. 1 S. 3 EStG auch in den Fällen, in denen aufgrund der Änderung der Einkunftsart aus einem Praxiswert ein Geschäfts- bzw. Firmenwert wird. Erzielt z. B. die ein Labor betreibende ärztliche Gemeinschaftspraxis aufgrund des hohen Mechanisierungsgrads der Arbeit ab einem bestimmten Vz gewerbliche Einkünfte, folgt aus dem Übergang eines freiberuflichen in ein gewerbliches Betriebsvermögen, dass sich ein etwa vorhandener Praxiswert in einen zwingend über eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 15 Jahren abzuschreibenden Geschäfts- bzw. Firmenwert wandelt.
Rz. 306a
Die Vertragsarztzulassung ist regelmäßig Teil des Praxiswerts, der als Wirtschaftsgut nach § 7 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG abzuschreiben ist. Allerdings kann die Vertragsarztzulassung zum Gegenstand eines gesonderten Veräußerungsvorgangs gemacht werden mit der Folge, dass insoweit dann ein selbstständiges Wirtschaftsgut entsteht. Dieses immaterielle Wirtschaftsgut ist nicht abnutzbar und damit auch nicht abschreibbar.