1 Zeitliche Entstehung des Anspruchs
Rz. 1
Die Zulage des § 83 EStG ist eine Jahreszulage. Für den Erhalt der vollen Zulage kommt es nicht darauf an, ob der Altersvorsorgevertrag bereits zu Beginn des Jahres bestand oder erst unterjährig geschlossen wurde. Der Anspruch auf die Zulage entsteht für jedes Beitragsjahr mit Ablauf des Kj., in dem die Altersvorsorgebeiträge geleistet worden sind — also noch im Beitragsjahr, wenn auch in dessen letztem Augenblick. Beitragsjahr ist das Kj.
Dies entspricht der Regelung der §§ 25 Abs. 1, 36 Abs. 1 EStG für die Entstehung der ESt: Entstehung mit Ablauf des Kj., in dem der "Zulage-Tatbestand" – die Beitragszahlung – verwirklicht ist. Eine abweichende gesetzliche Regelung wäre wegen der Einbeziehung des Zulagenanspruchs in den Sonderausgabenabzug nach § 10a Abs. 1 EStG auch weder sinnvoll noch praktikabel gewesen.
2 Materielle Voraussetzung der Entstehung
Rz. 2
Der Anspruch auf die Zulage entsteht in Abhängigkeit von den im Beitragsjahr geleisteten Altersvorsorgebeiträgen. Das steht in Übereinstimmung mit § 83 EStG. Neben der Zulageberechtigung ist die Beitragsleistung als Tatbestandsverwirklichung i. S. d. (gem. § 96 Abs. 1 EStG anwendbaren) § 38 AO Entstehensgrund für den Anspruch auf die Zulage.
Geleistet sind Beiträge, wenn sie i. S. v. § 11 Abs. 2 EStG beim Zulageberechtigten abgeflossen sind, rechtzeitiger Zufluss beim Anbieter ist nicht erforderlich. Es ist nicht entscheidend, für welchen Zeitraum der Beitrag geleistet wird, sondern wann er geleistet ist. Die Ausnahme des § 11 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 EStG für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben gilt auch hier, wenn im Altersvorsorge-Vertrag regelmäßige Leistungen vereinbart sind. Regelmäßig können auch jährliche Leistungen sein. Unterschiedliche Höhe der Zahlungen schadet nicht.
Mit der Anwendbarkeit des § 11 EStG wird die sachlich erforderliche Übereinstimmung der Beitragserfassung für die Zulage mit den nach § 10a EStG für den korrespondierenden Sonderausgabenabzug zu berücksichtigenden Leistungen erreicht.
3 Rechtsfolgen der Entstehung
Rz. 3
Nach den gem. § 96 Abs. 1 EStG i. V. m. § 155 Abs. 4 AO anwendbaren Vorschriften des dritten Abschn. der AO beginnt mit der Entstehung des Zulageanspruchs dessen Festsetzungsfrist (§ 170 Abs. 1 AO). Sie beträgt 4 Jahre (§ 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO). Die Vorschriften des § 171 AO über die Ablaufhemmung – insbesondere Abs. 3, 3a – sind anwendbar. Da die Zulage i. d. R. durch faktisches Verwaltungshandeln ausgezahlt wird, ohne durch Verwaltungsakt festgesetzt zu werden (§ 90 Abs. 2 S. 2 und Abs. 4 EStG), konnten sie bis zum 1.1.2019 ohne weiteres geändert oder zurückgefordert werden, solange die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war (s. § 90 EStG Rz. 13b). Dies konnte dazu führen, dass eine Zulage für ein Beitragsjahr zurückgefordert wurde, das fast 7 Jahre zurücklag. Die Beschwerden der Betroffenen hat der Gesetzgeber aufgegriffen.
Rz. 4
Ab dem 1.1.2019 wurde eine konkrete Rückforderungsfrist in § 90 Abs. 3 S. 1 EStG eingeführt, deren Einhaltung zunächst unabhängig von der Festsetzungsfrist zu ermitteln ist: Erkennt die zentrale Stelle bis zum Ablauf des zweiten auf die Ermittlung der Zulage folgenden Jahres nachträglich aufgrund neuer, berichtigter oder stornierter Daten, dass der Zulageanspruch ganz oder teilweise nicht besteht oder weggefallen ist, so hat sie zu Unrecht gutgeschriebene oder ausgezahlte Zulagen bis zum Ablauf eines Jahres nach der Erkenntnis zurückzufordern und dies dem Zulageberechtigten durch Bescheid gemäß § 90 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG und dem Anbieter durch Datensatz mitzuteilen.