Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfüllung des Umsatzsteuererstattungsanspruchs eines Organträgers durch Zahlungen an den Insolvenzverwalter der Organgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
- Die Zahlung der Organgesellschaft auf die werthaltige Umsatzsteuerschuld der Organträgerin ist als Tilgung einer fremden Verbindlichkeit anzusehen.
- Obwohl nach der Rechtsprechung des BGH der Haftungsanspruch nach § 73 AO trotz Subsidiarität zugleich mit dem Steueranspruch gegen den Organträger entsteht, ist nicht davon auszugehen, dass die Zahlung der Organgesellschaft und späteren Insolvenzschuldnerin auf eine eigene Verbindlichkeit erfolgt und das FA demnach als Insolvenzgläubiger anzusehen ist, dessen gesicherter oder befriedigter Vermögensanspruch insolvenzrechtlich angefochten werden könnte.
- Die Auszahlung einer Umsatzsteuererstattung durch das Finanzamt aufgrund einer Insolvenzanfechtung und eines irrtümlich angenommenen Anfechtungsgrundes an den Insolvenzverwalter der Organgesellschaft führt nicht zur Erfüllung des Umsatzsteuererstattungsanspruchs der Organträgerin.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2 S. 1; InsO § 131 Nr. 1, § 133 Nr. 1, § 134 Nr. 1, § 143 Nr. 1 S. 1, § 145 Abs. 2 Nr. 1; UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten um eine von der Klägerin begehrte Umsatzsteuererstattung von 40.424,82 €. Aufgrund einer Insolvenzanfechtung war dieser Betrag durch den Beklagten (das Finanzamt, FA) zuvor schon an den Insolvenzverwalter der A GmbH (nachfolgend: GmbH) ausgezahlt worden.
Die GmbH betrieb ein Unternehmen, dessen ins Handelsregister eingetragener Gegenstand Herstellung, Verarbeitung und Vertrieb von Eisen- und Metallwaren war. Noch bei Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 2002 gingen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die GmbH in die Klägerin finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert war.
Komplementärin der Klägerin ist die A Verwaltungs-GmbH. Alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der A Verwaltungs-GmbH ebenso wie der GmbH waren im Jahr 2002 die Herren B, C und D. Ihren Geschäftssitz hatten sowohl die Klägerin als auch die GmbH in X in der XXstr. Das Grundstück gehört der Klägerin.
Seit ihrer Gründung im Jahr 1999 wiesen die Bilanzen der Klägerin einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag auf, der durch Einlagen der Gesellschafter im Jahr 2000 auf 138.204,42 DM zurückgeführt wurde, bis 2001 aber auf 289.182,63 DM anstieg und 2002 noch 130.280,14 € (entspricht 254.805,81 DM) betrug. Während der Jahresüberschuss 1999 noch 22.327,05 DM betrug, erwirtschaftete die Klägerin in den Folgejahren Verluste in Höhe von 37.933,37 DM und 43.611,22 DM sowie im Jahr 2002 in Höhe von 38.500,47 € (entspricht: 75.300,37 DM).
Bereits am 18.12.2001 bat die Klägerin im laufenden Vollstreckungsverfahren um Zahlungsaufschub. Ihrem Vorschlag, jeweils per Scheck die Umsatzsteuervorauszahlungen für September 2001 in Höhe von 12.578,60 € am 10.01.2012 und für Oktober 2001 in Höhe von 16.431,40 € teilweise am 18.01.2002 sowie im Übrigen am 01.02.2002 zu zahlen, stimmte das FA am 20.12.2001 zu. Für das Streitjahr fällige Steuern beglich die Klägerin zum Teil mit Verspätung. So wurden auf die Sondervorauszahlung 2002 in Höhe von 14.026 €, fällig am 10.02.2002, 6.000 € am 07.05., 3.285,55 € am 17.05. und 4.750,45 € am 22.05.2002 gezahlt. Die aufgrund eines Änderungsbescheides zum 04.03.2002 fällige Umsatzsteuer 1999 wurde am 22.05.2002 gezahlt.
Die Umsatzsteuer 2000 war zunächst einen Monat nach Eingang der Jahreserklärung am 11.02.2002 in Höhe von 3.033,10 € und nach geänderter Festsetzung zudem in Höhe von 181,51 € am 14.05.2002 fällig. Die Umsatzsteuervorauszahlungen für Januar und Februar 2002 in Höhe von 5.706,19 € bzw. 8.675,97 € waren ursprünglich fällig am 10.03. bzw. 10.04.2002. Mit Bescheid vom 13.05.2002 wurden die Umsatzsteuer 2000 sowie die Vorauszahlung für Januar bis zum 15.06., die Vorauszahlung für Februar bis zum 15.07.2002 gestundet. Beglichen wurden die Umsatzsteuer 2000 mit Zahlungen am 22.05. in Höhe von 181,51 € bzw. am 03.06.2002 in Höhe von 3.033,10 €, die Vorauszahlung für Januar am 03.06.2002 und die für Februar zu 474,80 € am 03.06.2002 und im Übrigen erst im November 2002.
Die Umsatzsteuervorauszahlung für März 2002 in Höhe von 13.520,91 € war fällig am 10.05.2002 und wurde am 29.05.2002 zu 9.135 € und am 03.06.2002 zu 4.385,91 € beglichen. Verspätungszuschläge zur Sondervorauszahlung in Höhe von 280 € und fällig am 22.03.2002 sowie zur Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 2002 in Höhe von 240 € und fällig am 27.05.2002 wurden am 22.05.2002 beglichen (vgl. Quittungen der Vollziehungsbeamtin, Bl. 71 ff. der Klageakten).
Die vorgenannten Zahlungen wurden direkt an die Vollziehungsbeamtin geleistet. Diese suchte zwischen dem 07.05.2002 und 03.06.2002 fünf Mal die gemeinsamen Geschäftsräume von GmbH und Klägerin au...