vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 15/23)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeldantrag in eigener Sache über das beA
Leitsatz (redaktionell)
Ein durch einen Rechtsanwalt in eigener Sache von seinem besondere elektronische Anwaltspostfachs an das besondere elektronische Behördenpostfach der Familienkasse übersandter Kindergeldantrag ist mangels Einhaltung der nach § 67 EStG gebotenen Form unwirksam.
Normenkette
EStG § 67 S. 1; AO § 87a
Streitjahr(e)
2021
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Kindergeldantrag formwirksam gestellt worden ist.
Der Kläger, der Rechtsanwalt ist, teilte der Familienkasse am 27. Dezember 2021 mit, dass seine Ehefrau am 20. September 2021 verstorben sei. Er beantragte, das Kindergeld für seine beiden Kinder, B und A, ab sofort an ihn zu zahlen. Er gab seine Kontonummer an und fügte dem Schreiben als Anlagen die Sterbeurkunde, die Heiratsurkunde, die Geburtsurkunden der Kinder sowie Ausbildungsnachweise der Kinder bei. Das Schreiben enthielt in der Betreffzeile die Kindergeldnummer der Ehefrau des Klägers, die bis zu ihrem Tod das Kindergeld für die gemeinsamen Kinder bezogen hatte. Das Schreiben vom 27. Dezember 2021 übermittelte der Kläger an die Beklagte elektronisch über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) an das besondere elektronische Behördenpostfach (bePO). Es wurde von ihm qualifiziert elektronisch signiert.
Am 31. Dezember 2021 übersandte der Kläger ebenfalls mit qualifizierter elektronischer Signatur über beA bzw. bePO den Antrag auf Kindergeld und für jedes Kind eine Anlage Kind. Die auf diesem Wege eingereichten Vordrucke enthielten vom Kläger ergänzte inhaltliche Angaben, waren aber nicht handschriftlich unterschrieben. Sie kamen bei der Beklagten als unausgefüllte Dokumente an.
Im Verlauf der sich anschließenden Korrespondenz zwischen den Beteiligten wurde deutlich, dass die Beklagte das Ausfüllen der Vordrucke und die eigenhändige Unterschrift verlangte. Der Kläger verwies darauf, dass die qualifizierte elektronische Signatur die Unterschrift ersetze.
Mit Bescheid vom 7. April 2022 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Kindergeld für die Kinder A und B ab dem Monat Juli 2021 ab. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 30. April 2022, das qualifiziert elektronisch signiert wurde, Einspruch ein.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2022 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde insbesondere darauf verwiesen, dass § 67 EStG eine Antragstellung per beA bzw. bePO nicht zulasse.
Dagegen richtet sich die am 18. Januar 2023 bei Gericht eingegangene Klage.
Der Kläger habe seine Unterschrift durch die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt. Die Beklagte missachte § 126a Abs. 1 BGB. Der Verweis des Beklagten auf § 67 EStG gehe fehl. In der mündlichen Verhandlung trug der Kläger vor, er habe den Kindergeldantrag nicht „elektronisch“, sondern „schriftlich“ gestellt und seine Unterschrift durch die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf Kindergeld für die Kinder A und B unter Aufhebung der Ablehnung des Antrags auf Kindergeld vom 7. April 2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2022 inhaltlich unter Berücksichtigung der von dem Kläger eingereichten, mit qualifizierter elektronischer Signatur unterschriebenen Antragsunterlagen zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte meint, § 67 EStG lasse es nicht zu, einen Kindergeldantrag über beA bzw. bePO zu stellen, weil die Korrespondenz mit qualifizierter elektronischer Signatur nicht für Privatpersonen in eigener Sache eröffnet sei, weshalb – wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde – entsprechende Anträge technisch nicht ausgelesen würden. Soweit der Beklagten der Antrag durch die Übermittlung des Gerichts in ausgedruckter Form vorliege, fehle es jedoch an der erforderlichen Unterschrift.
Dem Gericht hat neben der Prozessakte die Kindergeldakte vorgelegen.
Der Inhalt der Akten ist zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
I. Der Antrag des Klägers auf Kindergeld ist zu Recht von der Beklagten abgelehnt worden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Festsetzung von Kindergeld. Denn der Kläger hat die nach § 67 EStG geforderten Formalien bei der Antragstellung nicht beachtet.
Nach § 67 Satz 1 EStG ist das Kindergeld bei der zuständigen Familienkasse schriftlich zu beantragen, wobei eine elektronische Antragstellung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich vorgeschriebene Schnittstelle zulässig ist, soweit der Zugang eröffnet wurde.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
1. Der Kläger hat den Kindergeldantrag am 31. Dezember 2021 nic...