Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG bei Lohnzahlungen aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs über vergangene und noch laufende Lohnnachzahlungszeiträume
Leitsatz (redaktionell)
Wird aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs Arbeitslohn für einen Zeitraum von nicht mehr als 12 Monaten nachgezahlt, liegen keine außerordentlichen Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG vor.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 4
Streitjahr(e)
2013
Tatbestand
Dem Kläger zu 1 war von seinem Arbeitgeber am x.2012 fristlos gekündigt worden. Nach der Kündigung erhielt der Kläger im Jahr 2012 Arbeitslosengeld und Krankengeld.
Der Kläger zu 1 strengte nachfolgend einen Prozess beim Arbeitsgericht an, der mit einem Vergleich vom x.2013 vor dem Landesarbeitsgericht X abgeschlossen wurde. Hiernach musste der Arbeitgeber dem Kläger die Bruttomonatsvergütung i.H.v. 5420 EUR nachträglich abrechnen. Außerdem hatte der Kläger Anspruch auf eine Abfindung i.H.v. 30.000 EUR. Das Arbeitsverhältnis wurde aufgrund des gerichtlichen Vergleichs zum x.2013 für beendet erklärt.
Der ehemalige Arbeitgeber erstellte daraufhin Ende Januar 2013 monatliche Lohnabrechnungen für die Zeiträume März 2012 bis Januar 2013 und zahlte den hierbei errechneten Nettolohn per Banküberweisung am 31.1.2013 aus. Die Monate Februar bis März 2013 inklusive der vereinbarten Abfindung i.H.v. 30.000 EUR wurden am 17.4.2013 abgerechnet und im Laufe des Februar und März 2013 ausgezahlt. Die noch zu leistenden Lohnzahlungen für 2012 wurden mit den zu Unrecht geleisteten Krankengeldzahlungen und Arbeitslosengeldzahlungen verrechnet.
In der Einkommensteuererklärung des Streitjahres 2013 beantragte der Kläger die Anwendung des § 34 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes für die gesamten in 2013 durch seinen ehemaligen Arbeitgeber gezahlten Arbeitslöhne. Der Beklagte gewährte im Einkommensteuerbescheid für 2013 vom x.2015 die Tarifbegünstigung jedoch nur für den Anteil i.H.v. 30.000 EUR, der aus der Abfindung resultiert, nicht jedoch für die übrigen nachträglich gezahlten Arbeitslöhne. Hiergegen haben die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben.
Die Kläger sind der Ansicht, dass für das gesamte in 2013 durch den ehemaligen Arbeitgeber gezahlte Gehalt die Tarifbegünstigung anzuwenden sei, da § 34 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes auch neben der Begünstigung des § 32 b des Einkommensteuergesetzes (negativer Progressionsvorbehalt) anzuwenden sei. Außerdem führen die Kläger an, dass aufgrund des Gesetzestextes des § 34 des Einkommensteuergesetzes für die Anwendung der Tarifermäßigung lediglich eine mehrjährige Tätigkeit von mehr als 12 Monaten vorliegen muss, die sich über mindestens 2 Veranlagungszeiträume erstreckt. Die Kläger gehen dabei davon aus, dass als Tätigkeitszeitraum im vorliegenden Fall der gesamte Zeitraum von März 2012 bis März 2013 zu berücksichtigen sei, da der von dem gerichtlichen Vergleich betroffene Zeitraum zugrundezulegen sei.
Der hier einschlägige § 34 Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes solle eine Milderung der Progressionsbelastung schaffen, die aufgrund von außerordentlichen Einkünften eintreten würde. Nach dem Gesetzeszweck von § 34 des Einkommensteuergesetzes solle die progressionsbedingte Mehrbelastung von Einkünften verringert werden, deren Zufluss sich normalerweise auf mehrere Jahre verteilt hätte.
Als ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte kämen insbesondere Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten im Sinn von § 34 Abs. 2 Nr. 4 1. Halbsatz des Einkommensteuergesetzes in Betracht. Mehrjährig sei nach der Legaldefinition in § 34 Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens 2 Veranlagungszeiträume erstrecke und ein Zeitraum von mehr als 12 Monaten umfasse. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall gegeben.
Der Arbeitgeber habe sich im Rahmen des gerichtlichen Vergleiches auf Zahlung des Arbeitslohnes an den Kläger zu 1 für den Tätigkeitszeitraum vom 28.3.2012 bis zum 31.3.2013 verpflichtet.
Im Streitfall hätte es auch wirtschaftlich vernünftige Gründe für die im Jahr 2013 erfolgte zusammen geballte Entlohnung gegeben. Diese Gründe seien in dem vom Kläger zu 1 arbeitsrechtlich geführten Rechtsstreit aufgrund einer unbegründeten fristlosen Kündigung zu sehen. Dieser Rechtsstreit sei mit dem gerichtlichen Vergleich vom x.2013 beendet worden. Hierdurch sei eine willkürliche, wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Zusammenballung allein aus steuerlichen Gründen auszuschließen. Im konkreten Fall habe der arbeitsrechtliche Rechtsstreit zur Zusammenballung der Einkünfte für eine mehrjährige Tätigkeit im Veranlagungszeitraum 2013 geführt.
Außerdem behalten sich die Kläger vor, ihre Wahl der Veranlagungsform erneut zu überdenken. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Kläger vom x.2016 Bezug genommen.
Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid für 2013 vom x.2015 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung...