Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Satzung einer gemeinnützigen Körperschaft
Leitsatz (redaktionell)
Nach der Neuregelung des § 60 Abs. 1 S. 2 AO muss die Mustersatzung nicht „Wort für Wort” übernommen werden; es genügt, wenn die Satzung unabhängig vom Aufbau und vom genauen Wortlaut der Mustersatzung die bezeichneten Festlegungen, nämlich die Verpflichtung zur ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung förderungswürdiger Zwecke sowie die Verwendung des Begriffs „selbstlos” enthält.
Normenkette
AO § 60 Abs. 1, §§ 52, 60a Abs. 1
Streitjahr(e)
2015
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um das Vorliegen der satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit des Klägers. Der Kläger betreibt nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege. Er wurde am xx.xx.xx88errichtet. Am xx.xx.xx14 wurde eine Satzungsänderung in § 7 (Vorstand) beschlossen und die Satzung dem Finanzamt vorgelegt.
In der Satzung heißt es u.a. unter:
§ 2 Aufgaben und Ziele:
Die Gesellschaft verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige
Zwecke. Sie ist selbstlos tätig und verfolgt nicht eigenwirtschaftliche Ziele.
Ziele der Gesellschaft sind:
Förderung der verhaltenstherapeutischen und medizinischen Versorgung der Bevölkerung mit Biofeedback
Förderung von Forschungsarbeiten und Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten mit Biofeedback, mit dem Ziel der Objektivierung und Evaluierung der Verhandlungsergebnisse.
Entwicklung und Qualitätssicherung, fachlich qualifizierter
Aus-, Fort- und Weiterbildung für Biofeedback.
Aufstellungen eines Kursangebotes zur Aus- und Fortbildung, mit dem Ziel einer Abschlussprüfung und Erwerb eines Zertifikats.
Pflege des wissenschaftlichen Austauschs mit anderen relevanten wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Einrichtungen.
Eintreten für die Berufsinteressen von Biofeedback-Therapeuten und -Trainern
Vernetzung und Verbreitung des wissenschaftlich gesicherten Wissens über Biofeedback und dessen praktische Anwendung
Zur Verwendung des Vermögens bei Auflösung der Gesellschaft heißt es in § 5 Gemeinnützigkeit:
…
5.6 Bei Auflösung der Gesellschaft oder Wegfall des bisherigen Zwecks, fällt das Vermögen an das A mit Sitz in Stadt X oder eine vergleichbare gemeinnützige Organisation…
Des Weiteren heißt es in § 11 Auflösung der Gesellschaft:
…
11.2 Nach Tilgung eventueller Außenstände ist das Vermögen ausschließlich gemeinnützigen Zwecken zuzuführen…
Daraufhin erließ das Finanzamt am 26.10.2015 einen Bescheid über die Ablehnung einer gesonderten Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60 a Abs. 1 AO. Zur Begründung führte es aus, dass die Satzung nicht in vollem Umfang der Mustersatzung, Anlage 1 zu § 60 AO entspreche. Dagegen wandte sich der Kläger mit dem Einspruch, den das
Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 19.04.2016 zurückwies. Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.
Der Kläger ist der Ansicht, die vorgelegte Satzung enthalte sämtliche Voraussetzungen zur Einhaltung der satzungsmäßigen Anforderungen nach § 60 a Abs. 1 AO. Einer wörtlichen Übernahme der Mustersatzung bedürfe es bereits nach dem Gesetzeswortlaut entgegen der Ansicht des Finanzamtes nicht. Es werde lediglich die Übernahme der „Festlegung” und nicht der „Formulierung” gefordert. Diese eindeutige Gesetzesformulierung werde durch den Anwendungserlass zur Abgabenordnung bestätigt, wonach weder derselbe Aufbau noch dieselbe Reihenfolge der Bestimmungen der Mustersatzung verlangt
werde. Es müsse sich lediglich um eine Satzung handeln, die zweifelsfrei auslegbar sei und eine Überprüfbarkeit der gesetzlichen Erfordernisse ermögliche. Die Überprüfung einer Satzung auf Gemeinnützigkeitskonformität durch Abhaken der Übereinstimmungen mit der Mustersatzung sei reiner Formalismus und widerspreche dem Sinn und Zweck des § 60 AO.
Der Kläger beantragt,
den Feststellungsbescheid vom 26.10.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.04.2016 aufzuheben und das Finanzamt zu verpflichten, die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60 a Abs. 1 AO gesondert festzustellen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Ansicht, die Satzung erfülle bereits deshalb nicht die formellen
Voraussetzungen für eine gemeinnützige Satzung nach § 60 AO, weil die Mustersatzung nicht wörtlich übernommen worden sei. Nur in den nach dem AEAO zu § 60 Nr. 2 Satz 2 AO genannten Fällen seien Ausnahmen von der wortgetreuen Übernahme zulässig. Darüber hinaus enthalte die Satzung auch nicht die erforderlichen Festlegungen und weiche somit auch inhaltlich von der Mustersatzung ab. Des Weiteren verstoße die Satzung gegen das Klarheitsgebot des § 60 Abs. 1 Satz 1 AO. Unklar sei, welcher Zweck mit der Förderung der verhaltenstherapeutischen und medizinischen Versorgung der Bevölkerung mit Biofeedback nach § 2.1 der Satzung verfolgt werden solle. Dabei sei nicht mit Sicherheit erkennbar, ob das öffentliche Gesundheitswe...