Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Auslegung des Betriebsbegriffs des § 7g Abs. 3 S. 5 EStG (a.F.)
Leitsatz (redaktionell)
- Die Annahme mehrerer selbstständiger Betriebe im Sinne von § 7g Abs. 3 S. 5 EStG im Rahmen einer selbstständigen Beratungstätigkeit erfordert neben der organisatorischen Selbstständigkeit zumindest noch eine klare und nach außen wahrnehmbare inhaltliche Abgrenzung der einzelnen Beratungstätigkeiten sowie jeweils eine kraft ihrer qualifizierten Ausbildung befähigten natürlichen Person an jedem Standort.
- Die überörtliche Präsenz und Beaufsichtigung der einzelnen Betriebstandorte durch den Steuerpflichtigen führt zu einer fehlenden für Zwecke des 7g Abs. 3 S. 5 EStG zusätzlich zu fordernden organisatorischen Selbstständigkeit der einzelnen Praxisstandorte.
- Der Höchstbetrag im Rahmen des § 7g Abs. 3 S. 5 EStG wird nicht für jeden Teilbetriebe eines Gesamtbetriebs des Steuerpflichtigen gewährt.
- Verfügen einzelne Bürostandorte eines selbstständig Tätigen über einen eigenen Mandantenstamm, eigene Kontoverbindungen, eigene Mietverträge, eigene Angestellte, eigene Versorgungsverträge und eigene weitere standortbedingte Leistungsbeziehungen mit Dritten, deutet dies noch nicht auf das Vorliegen eines eigenständigen Betriebes im Sinne des § 7g Abs. 3 S. 5 EStG hin.
Normenkette
EStG § 7g Abs. 3 S. 5
Streitjahr(e)
2003
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Inanspruchnahme des zulässigen Höchstbetrags nach § 7g Abs. 3 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der nach § 52 Abs. 23 EStG bis zum 17.08.2007 geltenden Fassung und um den Ansatz eines Verlustes aus der Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft. Der Kläger war im Streitjahr unter anderem als selbständiger Steuerberater tätig, wobei er Büros in Stadt A, Stadt B und Stadt C (mit einer Zweigstelle in Stadt D) unterhielt. In seiner am 19.08.2005 beim Beklagten (dem Finanzamt, im Folgenden: ,FA') verspätet zur Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau abgegebenen Einkommensteuererklärung für 2003 gab er an, Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von insgesamt 102.636,- Euro erzielt zu haben, wobei sich dieses Ergebnis auf die drei Praxen Stadt A (./. 250.496,- Euro), Stadt B (127.140,- Euro) und Stadt C / Stadt D (225.992,- Euro) verteile. Auf seine diesbezüglichen Erläuterungen zur ausgefüllten Anlage GSE wird verwiesen.
Aus den vom Kläger für die drei Einzelpraxen jeweils getrennt erstellten und vom FA in den drei für 2001 bis 2003 angelegten Bilanzbänden abgelegten Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG zum 31.12.2001, 31.12.2002 und 31.12.2003 ergaben sich folgende Abzüge und Zuschläge i.S.d. § 7g Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) (jeweils erfasst unter der Position „neutrale Aufwendungen” bzw. „neutrale Erträge”, letztere hier zusammengefasst aus den Positionen „Gewinnzuschläge nach § 7g Abs. 5 EStG” und „Auflösung Sonderposten”):
|
31.12.2001 (DM) |
31.12.2002 (Euro) |
31.12.2003 (Euro) |
|
Abzug |
Zuschlag |
Abzug |
Zuschlag |
Abzug |
Zuschlag |
Stadt A |
131.000,00 |
130.021,31 |
19.358,29 |
75.016,75 |
140.000,00 |
8.847,87 |
Stadt B |
143.000,00 |
93.782,55 |
44.000,00 |
2.068,54 |
110.000,00 |
78.372,41 |
Stadt C |
227.000,00 |
59.718,83 |
0,00 |
2.275,28 |
154.000,00 |
126.604,08 |
SUMME |
|
|
|
|
404.000,00 |
213.824,36 |
Aus dem in den Bilanzheften ebenfalls abgelegten „Bericht” (für die Praxis Stadt C) und den beiden „Gutachten” (für die Praxen Stadt B und Stadt A) über die Inanspruchnahme der Ansparabschreibung nach § 7g EStG zum 31.12.2003 ergaben sich darüber hinaus folgende, dort unter Verrechnung der Zu- und Abgänge laut Gewinnermittlungen nachvollzogene Gesamtbeträge der zum jeweiligen Jahresende in Anspruch genommenen Rücklagen nach § 7g Abs. 3 EStG (wobei das für die Praxen Stadt A und Stadt B zum 31.12.2003 unzutreffend angegebene Minuszeichen hier ignoriert und die Beträge für 2001 insgesamt in DM umgerechnet wurden):
|
Stand 31.12.2001 (DM) |
Stand 31.12.2002 (Euro) |
Stand 31.12.2003 (Euro) |
Stadt A |
131.000,00 |
19.358,29 |
150.558,29 |
Stadt B |
143.651,27 |
115.046,12 |
154.000,00 |
Stadt C |
0,00 |
0,00 |
154.000,00 |
SUMME |
274.651,27 |
134.404,41 |
458.558,29 |
Das FA folgte den hierauf beruhenden Angaben in der Einkommensteuererklärung zunächst und setzte die Einkommensteuer für 2003 mit Bescheid vom 10.10.2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 6.848,- Euro fest. Hiergegen legten der Kläger und seine Ehefrau unter Verweis auf eine noch nachzureichende Begründung am 28.10.2005 Einspruch ein. In der Folgezeit erfolgten für den Veranlagungszeitraum 2003 verschiedene Änderungen aufgrund von Mitteilungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Beteiligungseinkünften. Ferner ergingen zahlreiche Einspruchsentscheidungen in Bezug auf die Einsprüche des Klägers und seiner Ehefrau gegen die vom FA verschiedentlich geänderten Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2003.
Mit Datum vom 26.03.2009 erließ das FA eine...