Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg. Widerklage, Zusammenhangszuständigkeit. Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen hinsichtlich abgetrennter Widerklage bei abgewiesener Statusklage;. §§ 33 ZPO, 2 III ArbGG. des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen

 

Leitsatz (amtlich)

Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen hinsichtlich abgetrennter Widerklage bei abgewiesener (sic-non) Statusklage.

 

Normenkette

ZPO § 33; ArbGG § 2 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 01.09.1999; Aktenzeichen 6 Ca 181/99)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 1. Sept. 1999 – 6 Ca 181/99 – betreffend die Widerklage abgeändert. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird insoweit für zulässig erklärt.

Der Beschwerdewert wird auf DM 28.432,59 festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger ist seit 1997 bei der Beklagten als Kundenberater beschäftigt und überwiegend mit der Akquisition von Aufträgen betraut. Über ihre Zusammenarbeit schlossen die Parteien den Vertrag vom 21. März 1997. Die Beklagte kündigte das Vertragsverhältnis dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 3. Febr. zum 8. Mai 1999.

Der Kläger ist der Auffassung gewesen, er sei Arbeitnehmer und könne Kündigungsschutz in Anspruch nehmen. Er hat beim Arbeitsgericht Offenbach am Main Klage auf Feststellung des Bestehens und Fortbestehens eines Arbeitsverhältnisses und Zahlung von Vergütung erhoben. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat gemeint, der Kläger sei freier Handelsvertreter gewesen. Sie hat Widerklage in Höhe von DM 85.297,76 erhoben und diese mit einer Forderung auf Rückzahlung von Vorabprovisionen begründet.

Die Klage hat das Arbeitsgericht Offenbach am Main durch Urteil vom 1. Sept. 1999 – 6 Ca 51/99 – im vollen Umfang abgewiesen. Es hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für gegeben angesehen, die Statusklage jedoch nicht für begründet gehalten, da der Kläger seine Arbeitnehmereigenschaft nicht nachgewiesen habe. Der Kläger sei Handelsvertreter im Sinne von § 84 Abs. 1 HGB gewesen. Die auf Verzugslohnforderung gestützte Zahlungsklage sei dementsprechend ebenfalls abzuweisen.

Die Widerklage hat das Arbeitsgericht in der streitigen Verhandlung vom 1. Sept. 1999 abgetrennt. Durch Beschluß vom gleichen Tage hat es den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für die Widerklage verneint und den Rechtsstreit an das Landgericht Darmstadt verwiesen. Es handele sich nicht um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis, da der Kläger zur Beklagten nicht in arbeitsrechtlichen Beziehungen gestanden habe. Die fehlende sachliche Zuständigkeit werde auch nicht über § 33 ZPO geheilt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Beschlußgründe (Bl. 143 bis 148 d. A.) verwiesen.

Gegen diesen ihm am 21. Okt. 1999 zugestellten Beschluß hat der Kläger per Telefax vom 4. Nov. 1999 sofortige Beschwerde eingelegt und diese unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens damit begründet, das Arbeitsgericht habe den Rechtsweg zu sich unter dem Gesichtspunkt der Zusammenhangszuständigkeit bejahen müssen.

Die Beklagte bittet unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens um Zurückweisung der Beschwerde, die sie für unbegründet hält.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschriftsätze Bezug genommen.

II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft. Gegen die Entscheidungen der Arbeitsgerichte über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges findet das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statt, § 48 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG. Sie ist auch zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt wurde, 78 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 569, 577 Abs. 2 ZPO.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ergibt sich hinsichtlich der Widerklage unter dem Gesichtspunkt der Zusammenhangszuständigkeit nach § 2 Abs. 3 ArbGG. Diese Vorschrift begründet die Erweiterung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten, die nicht unter § 2 Abs. 1 und 2 ArbGG fallen, aber mit diesen in einem rechtlichen oder unmittelbar wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, wenn nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist. Die Zusammenhangszuständigkeit ist eine fakultative Zuständigkeit für rechtswegfremde Streitgegenstände bürgerlich-rechtlicher Natur (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 3. Aufl., § 2 Rz. 118; GK-ArbGG/Wenzel, § 2 Rz. 203). Die Zusammenhangsklage kann auch als Widerklage in den bereits anhängigen Arbeitsgerichtsprozeß eingeführt werden (ebenso GK-ArbGG/Wenzel. § 2 Rz. 206). Voraussetzung ist, dass eine arbeitsrechtliche Streitigkeit nach Abs. 1 oder 2 anhängig ist, die sog. Hauptklage.

Eine Hauptklage war anhängig, als die Widerklage eingereicht worden ist. Sie ist in der auf den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses gerichteten Feststellungsklage zu sehen. Dabei spielt es keine Rolle,...

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