Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattungsanspruch. notwendiger Kausalzusammenhang. Rehabilitationsmaßnahme. kein Ermessensspielraum der Krankenkasse hinsichtlich Leistungserbringung. Berücksichtigung berechtigter Wünsche des Versicherten. unzulässiger Feststellungsantrag hinsichtlich künftiger Kostenübernahme in bestimmter Klinik
Orientierungssatz
1. Der notwendige Kausalzusammenhang iS von § 15 Abs 1 S 4 Alt 2 SGB 9 iVm § 13 Abs 3 S 1 SGB 5 ist gegeben, wenn der Versicherte vor dem Behandlungsbeginn mit der Krankenkasse Kontakt aufgenommen und deren Entscheidung abgewartet hat. Der Versicherte muss indes nicht ein Klageverfahren abwarten.
2. Trotz des Wortlautes (“kann„) ist § 40 Abs. 1 SGB 5 idF vom 23.10.2001 nicht so zu verstehen, dass er den Krankenkassen einen Ermessensspielraum hinsichtlich des “ob„ der Leistungserbringung einräumt.
3. Berechtigte Wünsche bei der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung können jedenfalls dann berücksichtigt werden, wenn die gewünschte Einrichtung als Rehabilitationseinrichtung zugelassen ist.
4. Der Antrag eines Versicherten auf Feststellung, dass seine Krankenkasse ihm auch künftig im jährlichen Abstand eine stationäre Rehabilitation in einer bestimmten Klinik zu bewilligen hat, ist unzulässig.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 2. März 2004 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 1. August 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2001 verurteilt, dem Kläger die Kosten für die vom 22. Oktober 2003 bis zum 25. November 2003 durchgeführte stationäre Reha-Kur in der M.-Klinik in Höhe von 4.887,04 € zu erstatten abzüglich des Betrages, den der Kläger nach den gesetzlichen Vorschriften als Zuzahlung hätte entrichten müssen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung der Kosten in Höhe von 4.887,06 € für eine von ihm in der Zeit vom 22. Oktober 2003 bis 25. November 2003 durchgeführte Kur in der M.-Klinik in B. Zudem begehrt er festzustellen, dass ihm eine Kur in der betreffenden Klinik von der Beklagten künftig jährlich zu bewilligen ist.
Der 1939 geborene Kläger erhält seit 1985 eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Bei dem Kläger, der allein lebt und sich allein versorgt, liegt ein komplexes und chronisches Krankheitsbild vor. Er leidet u. a. an ausgeprägten seelischen Störungen (ausgeprägte Erschöpfung mit Neigung zur Depression), an einer Herzerkrankung (pectanginöse Beschwerden), an einer hypotonen Kreislaufdysregulation mit Kollapsneigung, einer Lungenkrankheit, einer Allergie der Haut und Schleimhäute (Neurodermitis, Psoriaisis, Hautjucken), Wirbelsäulenveränderungen und Gelenkbeschwerden, einer Sehbehinderung, einer Funktionsschwäche der Bauchspeicheldrüse mit funktionellen Magen-Darmbeschwerden und Neigung zu Koliken sowie einem massivem peripheren Lymphstau mit Geschwürbildung im Bereich des linken Unterschenkels. Das Versorgungsamt hatte ihm mit Bescheid vom 23. Februar 2000 einen Grad der Behinderung von 70 zuerkannt; inzwischen ist der Grad der Behinderung auf 80 erhöht worden (Bescheid des Versorgungsamtes vom 5. September 2007).
Vom 2. März 1997 bis zum 30. März 1997 hatte der Kläger zuletzt aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften ein stationäres Heilverfahren in der M.-Klinik durchgeführt. Die M.-Klinik ist eine Fachklinik für Naturheilverfahren und ganzheitliche Medizin und als Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung zur Versorgung zugelassen.
Im Juli 2000 beantragte der Kläger erneut eine stationäre Rehabilitationskur in der M. Klinik wegen zunehmenden Kräfteverfalls und drohender Pflegebedürftigkeit und legte dazu eine Bescheinigung seines behandelnden Internisten Dr. K. vom 8. Juli 2000 vor. Der Arzt stellte fest, der Kläger sei schwierig zu therapieren. Die Therapie in der M.-Klinik mit Ruhigstellung der Verdauungsorgane und sodann allergiefreien Nahrungsaufbau sowie die Förderung der Selbstheilungskräfte und Regenerationsfähigkeit sowohl auf körperlicher als auch auf seelischer Ebene sei allein Erfolg versprechend und verhindere eine Verschlechterung des Krankheitszustandes; eine ambulante Heilbehandlung sei dabei nicht mehr ausreichend.
Die Beklagte lehnte den Antrag nach Einholung einer Stellungnahme ihres Sozialmedizinischen Dienstes mit Bescheid vom 1. August 2000 ab.
Aufgrund des Widerspruchs des Klägers holte die Beklagte eine Stellungnahme ihres Sozialmedizinischen Dienstes von Dr. X., Arzt für Innere Medizin und Sozialmedizin, vom 9. November 2000 sowie ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen in Hessen (MDK) durch den Arzt im MDK Dr. Y. vom 3. April 2001 ein. Dr. Y. stellte fest, der Kläger sei auf eine eigene Art von Medizin fixiert. Um über die Notwendigkeit der von dem Kläger angestrebten stationären Kur in der M.-Klinik zu entscheiden sei z...